Erstanlaufstelle für Betroffene von Zahlungsschwierigkeiten soll im Konsumentenschutzministerium eingerichtet werden
Wien (PK) – Der Konsumentenschutzausschuss hat sich heute mit den Stimmen von ÖVP, Grünen, SPÖ und NEOS für die Einrichtung einer Erstanlaufstelle zur Beratung bei Zahlungsschwierigkeiten ausgesprochen. Die Koalitionsparteien hatten dazu einen entsprechenden Entschließungsantrag eingebracht. Eine ähnliche SPÖ-Forderung zur Einrichtung einer unabhängigen Ombudsstelle zur Beratung bei finanziellen Problemen fand hingegen keine Mehrheit im Ausschuss.
Mehrheitlich abgelehnt wurden zwei Anträge der FPÖ. Geht es nach den Freiheitlichen sollen zur Ankurbelung der Wirtschaft ein pandemiebedingter 1000 €-Gutschein für jeden und jede ÖsterreicherIn zur Verfügung gestellt sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Energiearmut gesetzt werden.
Die weiteren Entschließungsanträge von SPÖ und FPÖ wurden von den Koalitionsparteien vertagt. Die SozialdemokratInnen fordern die Erstellung eines jährlichen Schuldneratlas, während sich die Freiheitlichen für einen Inflations- bzw. Teuerungsstopp sowie für eine Mittelerhöhung für den Verein für Konsumenteninformation (VKI) aussprechen.
Erstanlaufstelle für Betroffene von Zahlungsschwierigkeiten
Um schnelle und niederschwellige Hilfestellung bei Zahlungsschwierigkeiten anzubieten, soll im Konsumentenschutzministerium eine Erstanlaufstelle für Betroffene eingerichtet werden. Dabei soll der Fokus auf einer umfassenden Beratung betroffener VerbraucherInnen als auch von Stakeholdern im Zusammenhang mit Kreditverbindlichkeiten liegen. Obwohl man coronabedingt aufgetretene Probleme bei Zahlungsverpflichtungen ernst genommen und Hilfsmaßnahmen zur Verfügung gestellt habe, sei es aufgrund der Fortdauer der Pandemie nicht auszuschließen, dass KonsumentInnen weitheiterhin unverschuldet in finanzielle Schwierigkeiten geraten und ihre laufenden Kreditverbindlichkeiten nicht mehr vollständig bedienen können, begründen ÖVP und Grüne ihren Antrag (2089/A(E)).
Eine SPÖ-Initiative, in der ebenfalls die Einrichtung einer unabhängigen Ombudsstelle zur Beratung bei finanziellen Problemen durch das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gefordert wird, wurde hingegen von ÖVP und Grünen mehrheitlich abgelehnt. Geht es nach der SPÖ soll der Fokus auch auf die sozialen Auswirkungen finanzieller Probleme gelegt werden (1861/A(E)).
„Außergewöhnliche Umstände erfordern außergewöhnliche Maßnahmen“, hielt Peter Weidinger (ÖVP) fest. Ziel sei eine unbürokratische Hilfeleistung für in Zahlungsschwierigkeiten geratene Menschen. Auch Ulrike Fischer (Grüne) freute sich über die breite Zustimmung. Es sei wichtig, eine Schnittstelle im Ministerium zu schaffen. Was die im Antrag miteinzubeziehenden Stakeholder betrifft, erörterten Fischer und Weidinger, dass damit etwa die Arbeiterkammer, der VKI, Schuldnerberatungen sowie auch die Banken gemeint sind.
Man trage den Antrag von ÖVP und Grünen mit, obwohl dieser großteils vom Antrag der SozialdemokratInnen „abgeschrieben“ worden sei, betonte Andreas Kollross (SPÖ). Der SPÖ-Antrag sei mit einer Frist zur Vorlage eines entsprechenden Gesetzes bis 15. Dezember 2021 verbindlich, der Antrag der Regierungsparteien sei hingegen eine „reine Absichtserklärung“. Dem schloss sich Christian Drobits (SPÖ) an. Im Sinne einer gemeinsamen Konsumentenschutzpolitik hätte man seitens ÖVP und Grüne auf die Oppositionsparteien zugehen können, um einen parteiübergreifenden Antrag zu formulieren.
Katharina Werner (NEOS) betonte die Wichtigkeit des Beratungsausbaus. Wichtig sei vor allem die Stärkung der Schuldnerberatungsorganisationen vor Ort, weshalb sie nicht nachvollziehen könne, warum die Beratungsstelle im Ministerium angesiedelt wird.
Die Erstanlaufstelle diene als zentrale Informationsplattform, die Anfang 2022 umgesetzt werden soll, informierte Konsumentenschutzminister Wolfgang Mückstein. Es gehe vor allem darum, den von Zahlungsschwierigkeiten betroffenen Menschen zu helfen, eine einvernehmliche Lösung mit den Bankinstituten zu finden.
FPÖ für 1000 €-Österreich-Gutschein zur Ankurbelung der Wirtschaft
In einem bis auf die Freiheitlichen von allen Fraktionen abgelehnten Entschließungsantrag (2108/A(E)) setzt sich die FPÖ für einen pandemiebedingten 1000 €-Gutschein für jeden und jede ÖsterreicherIn ein, der bis 31. März 2022 bei heimischen Betrieben eingelöst werden können soll. Geht es nach der FPÖ, soll mit dieser „unbürokratischen Soforthilfe“ in der Höhe von rund 7,4 Mrd. €, Arbeitsplätze gesichert und die Wirtschaft angekurbelt werden. Indirekt komme diese Maßnahme auch dem Sozialsystem zugute, ein beträchtlicher Teil fließe zudem in Form von Steuereinnahmen zurück in den Bundeshaushalt, wird im Antrag ausgeführt. Zwei gleichlautende Anträge wurden auch dem Gesundheits-(2104/A(E)) und dem Sozialausschuss (2107/A(E)) zugewiesen.
Obwohl die FPÖ schon mehrere Anträge dieser Art eingebracht habe, sei das Anliegen aufgrund des aktuellen Lockdowns eine notwendige sozialpolitische Maßnahme, hielt Dagmar Belakowitsch (FPÖ) fest. Der Gutschein solle dazu beitragen, die Fehler im Pandemiemanagement der Bundesregierung auszugleichen. 100% der dafür eingesetzten Mittel würden sofort in den Konsum gehen, wovon etwa 40% unmittelbar als Steuerleistung in den Staatshaushalt zurückfließen würden.
Dem konnte Yannick Shetty (NEOS) nichts abgewinnen. Es seien zwar Entlastungsschritte zu setzen, die jedoch zielgerichtet, etwa durch eine Lohnnebenkosten- oder durch eine Mehrwertsteuersenkung erfolgen sollen. Andreas Kollross (SPÖ) sah das ähnlich. Man teile zwar die Intention des Antrags, er könne aber keine soziale Treffsicherheit erkennen, so der SPÖ-Mandatar. Clemens Stammler (Grüne) sah im FPÖ-Anliegen eine „Steuerrefundierung ohne Zielrichtung in der Höhe von 4 Mrd. €“. Für Josef Hechenberger (ÖVP) hat die Bundesregierung mit der ökologischen Steuerreform bereits ausreichende Entlastungsschritte gesetzt.
FPÖ-Forderungen zur Verhinderung von Energiearmut
Eine von ÖVP, Grünen und NEOS mehrheitlich abgelehnte FPÖ-Initiative (2000/A(E)) setzt sich mit den hohen Energiepreisen auseinander. Anstatt Maßnahmen gegen die Energiearmut in Österreich zu setzen, mache die Bundesregierung geradezu das Gegenteil. So komme etwa mit dem jüngst beschlossenen Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz sowie mit der kürzlich präsentierten CO2-Steuer im Rahmen der Steuerreform, eine weitere „Belastungslawine“ auf die Haushalte zu, beklagt Antragsteller Axel Kassegger. Die Freiheitlichen fordern deshalb von der Bundesregierung, auf die heimischen Energieversorgungsunternehmen, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist, entsprechend einzuwirken, damit diese von Strom- und Gaspreiserhöhungen Abstand nehmen.
Die hohen Energiepreise seien für viele Menschen nicht mehr leistbar, weshalb die öffentliche Hand auf die Unternehmen in ihrer Einflusssphäre einwirken müsse, unterstrich Walter Rauch (FPÖ). Auch das „Gießkannenprinzip“ des Klimabonus sei in diesem Fall nicht wirksam. „Jeder Antrag zur Verhinderung von Energiearmut ist zu befürworten“, hielt Klaus Köchl (SPÖ) fest. Der SPÖ-Abgeordnete forderte die Einrichtung von Ombudsstellen bei allen Energieversorgern, nach dem Vorbild von Wien.
Martin Litschauer (Grüne) konnte die Vorschläge der FPÖ nicht nachvollziehen, da der Ökostromausbau finanziert werden müsse. Dieser werde auch zur Preisstabilisierung beitragen. Zudem gehe es darum, den Primärenergieverbrauch in Österreich drastisch zu senken.
FPÖ-Antrag zur Erhöhung des VKI-Budgets
Der FPÖ geht die im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes beschlossene Finanzierung des VKI für das Jahr 2022 nicht weit genug. Antragsteller Peter Wurm hat deshalb einen Initiativantrag (2113/A) für ein VKI-Finanzierungsgesetz 2022 vorgelegt, der jedoch von ÖVP und Grünen vertagt wurde. Ziel ist es, den VKI personell und finanziell langfristig abzusichern. Dazu sollen die Mittel um 500.000 € auf insgesamt 5,5 Mio. € angehoben werden und für die zusätzlichen Aufgaben in der Bewältigung der verbraucherschutzpolitischen Herausforderungen im Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen zur Verfügung stehen.
Mit dem VKI-Gesetz wolle man die langfristige und dauerhafte Finanzierung des VKI vorantreiben, betonte Christian Ries (FPÖ). Andreas Kollross (SPÖ) signalisierte seitens seiner Fraktion Unterstützung. Es sei „peinlich“, dass es keinen politischen Willen für eine nachhaltige Finanzierung des VKI gebe.
An einer langfristigen Finanzierung seien bereits einige Vorgängerregierungen gescheitert, man arbeite aber an einer Lösung, begründete Ulrike Fischer (Grüne) die Vertagung. Fischer begrüßte die Anträge der Opposition, da diese den hohen Stellenwert des VKI aufzeigen würden.
Laut Bundesminister Mückstein ist die aktuelle Finanzierung mit dem VKI abgestimmt und richtet sich nach dem aktuellen Bedarf. Bei außergewöhnlichen Umständen, zu denen auch eine Pandemie zähle, sei es bereits jetzt möglich, mehr Mittel zur Verfügung zu stellen.
SPÖ: Schuldneratlas zur Erhebung der Überschuldung
Die Erstellung eines jährlichen Schuldneratlas durch den Sozialminister fordert SPÖ-Konsumentenschutzsprecher Christian Drobits in einem Antrag, der von den Regierungsparteien vertagt wurde. ExpertInnen würden infolge der Corona-Krise eine drastische Zunahme von überschuldeten Haushalten, Privatinsolvenzen und Konkursen befürchten. Mit der Erhebung einer Überschuldungsquote nach Vorbild des „SchuldnerAtlas Deutschland“ könnte das gesellschaftliche Problem der Überschuldung in jährlichen Intervallen und nach regionalen Gesichtspunkten ausgewertet werden, heißt es im Entschließungsantrag (1587/A(E)).
Katharina Werner (NEOS) und Dagmar Belakowitsch (FPÖ) begrüßten den SPÖ-Antrag. Für Werner braucht es für eine evidenzbasierte Politik mehr Datenerhebung. Belakowitsch ortet ein „Auseinanderdriften von Arm und Reich“ in Österreich. Die ÖVP stehe jedoch bei einem Schuldneratlas „auf der Bremse“. Peter Weidinger (ÖVP) führte datenschutzrechtliche Fragen an, die es abzuklären gelte. Immerhin gehe es um eine sensible Thematik für die Betroffenen.
Auch Minister Mückstein sprach sich für eine bessere Evidenzlage zur Überschuldung in Österreich aus. Man sei mit dem Dachverband der Schuldnerberatungen übereingekommen, eine Machbarkeitsstudie zu einzuleiten.
Was die Schuldenhöhe in Österreich betrifft, sei man „im Blindflug unterwegs“, so Christian Drobits (SPÖ). Der SPÖ-Mandatar begrüßte jedoch die Zusammenarbeit mit den Schuldnerberatungen sowie das Vorhaben einer Machbarkeitsstudie.
FPÖ für Preismonitoring und Inflationsstopp in COVID-19-Zeiten
In einem ein weiteres Mal auf die Wartebank geschobenen Entschließungsantrag (625/A(E)) sprechen sich die Freiheitlichen für einen Inflations- bzw. Teuerungsstopp aus. Im Zentrum der Forderungen steht ein „COVID-19-Warenkorb“, wobei die entsprechenden Daten monatlich von der Statistik Austria bereitgestellt werden sollen. Bei Preisabweichungen von mehr als 10% soll dem Konsumentenschutzausschuss das Recht eingeräumt werden, den zuständigen Minister mit der Erlassung eines Preisstopps (für 30, 60, 90 oder 120 Tage) beauftragen zu können.
Der Antrag sei „verstaubt“ und gehe „in Richtung Planwirtschaft“, kritisierte Andreas Kühberger (ÖVP). Für Yannick Shetty (NEOS) ist Geldpolitik und Preiswirtschaft Aufgabe der Zentralbanken und nicht des Konsumentenschutzministers. Martin Litschauer (Grüne) sprach von vielen offenen Fragen, wie eine Preisdeckelung konkret ablaufen soll.
Die FPÖ sei für eine freie Marktwirtschaft, betonte Christian Ries (FPÖ) Es gehe darum, in Krisenzeiten zum Schutz der KonsumentInnen einzugreifen. Ein Lockdown sei ebenfalls ein Eingriff in die Freiheitsrechte. Dagmar Belakowitsch verwies darauf, dass es in früheren Zeiten auch Preisbindungen für Grundnahrungsmittel oder Treibstoff gegeben habe. Viele Menschen hätten bereits alle finanziellen Ressourcen aufgebraucht, um ihr tägliches Leben bestreiten zu können. (Fortsetzung Konsumentenschutzausschuss) med
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