Linhart: Ohne Westbalkan ist "Projekt Europa" nicht vollständig | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Linhart: Ohne Westbalkan ist „Projekt Europa“ nicht vollständig

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Wien (PK) – Im ersten Teil des heutigen Außenpolitischen Ausschusses stand eine Aussprache mit dem neuen Außenminister Michael Linhart auf der Tagesordnung. Die zentralen Themen des Austauschs mit den Abgeordneten bildeten die aktuelle Situation in den Krisenherden Afghanistan und Belarus sowie die Perspektiven der Länder des Westbalkans.

Außerdem nahmen die Ausschussmitglieder den Bericht des Außenressorts über die Maßnahmen im Rahmen des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für März 2020 bis inklusive Jänner 2021 einstimmig zur Kenntnis.

Linhart: EU-Integration des Westbalkans ist wesentlicher Teil des Mosaiks

Er hoffe auf einen engen und regelmäßigen Austausch mit den Mitgliedern des Außenpolitischen Ausschusses, betonte der neue Außenminister in seinem Eingangsstatement. Wie bereits als Diplomat werde er sich in seiner neuen Funktion von Werten, wie dem Eintreten für Grund- und Menschenrechte, für eine offene Gesellschaft sowie dem Kampf gegen Antisemitismus leiten lassen. Als einen Schwerpunkt seiner Arbeit nannte Linhart die Nachbarschaftspolitik, konkret die EU-Integration der Länder des Westbalkans. Diese sei „ein wesentlicher Teil des Mosaiks“, ohne den das „Projekt Europa“ nicht vollständig sei.

Was die Situation in Afghanistan betrifft, so gehe es vor allem um die Hilfe vor Ort, dort werde sie am dringendsten benötigt. Österreich habe dazu ein Soforthilfepaket in der Höhe von 20 Mio. € zur Verfügung gestellt, so der Außenminister. Mit den neuen Machthabern in Afghanistan müsse man pragmatisch umgehen, obwohl sich das Misstrauen gegenüber den Taliban zu bestätigen scheine. Dies würden etwa die Regierungsbildung sowie der Ausschluss von Frauen im Universitäts- und Schulwesen zeigen. Die transatlantische Wertegemeinschaft müsse aber weiterhin für Demokratie, Pluralismus und den Respekt von Grund- und Menschenrechten bei den Gesprächen mit den Taliban hochhalten. Generell plädierte Michael Linhart für eine starke transatlantische, westliche Partnerschaft, obwohl die daraus abgeleiteten Werte global gesehen keine Selbstverständlichkeit seien. So müsse man zur Kenntnis nehmen, dass sich die „europäischen Werte“ nicht überall durgesetzt hätten. Der Außenminister nannte in diesem Zusammenhang etwa Russland und die Türkei.

Großteil des Soforthilfepakets für Afghanistan bereits ausbezahlt

Ausschussvorsitzende Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) begrüßte den von Linhart angekündigten Austausch und Dialog mit dem Parlament. Dieser sei für einen breiten Konsens in der österreichischen Außenpolitik wesentlich. Die letzten Jahre seien nicht von einem Konsens geprägt gewesen, wie etwa das „Naheverhältnis“ zum ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump gezeigt habe. Die SPÖ-Klubobfrau plädierte für eine Stärkung von Wien als „Drehscheibe für den internationalen Dialog“ und für eine stärkere österreichische Vermittlerrolle innerhalb der EU in Sachen Afghanistan. Man arbeite mit allen zusammen, unabhängig wer im Weißen Haus sitze, entgegnete der Außenminister. Zudem stehe Österreich für mögliche Iran-Gespräche in Wien bereit. Erste „technische Gespräche“ würden dazu noch diese Woche in Brüssel stattfinden.

Mehrere Abgeordnete, darunter Reinhold Lopatka und Nikolaus Berlakovich (beide ÖVP), Axel Kassegger (FPÖ) und Katharina Kucharowits (SPÖ), kamen im ebenfalls auf die aktuelle Situation in Afghanistan zu sprechen. Obwohl die transatlantische Achse weiterhin wichtig bleibe, sei der militärische Abzug kein „Musterbeispiel“ gewesen, unterstrich Lopatka. Kassegger unterstützte den Fokus auf die Hilfe vor Ort, Österreich dürfe nicht die „Rechnung“ für 20 Jahre Krieg durch afghanische Flüchtlinge zahlen. Man habe bereits 44.000 Menschen aus Afghanistan aufgenommen. Berlakovich interessierte sich dafür, welche weiteren Initiativen der Außenminister in Bezug auf Afghanistan setzen wolle. Kucharowits fragte nach der genauen Mittelverwendung des Soforthilfepakets und wie viele Personen mit einem österreichischen Aufenthaltstitel noch auf eine Evakuierung in Afghanistan warten würden.

Die Situation in Afghanistan berge die Gefahr eines Flächenbrandes in der gesamten Region, weshalb die Bundesregierung ein Hilfspaket von 20 Mio. € geschnürt habe, informierte Linhart. Die Gelder würden etwa an UNHCR oder UN Women für konkrete Projekte gehen. 15 Mio. € seien bereits ausgezahlt worden, bei den restlichen 5 Mio. € für UN Women gehe es aktuell noch um die letzte Identifizierung der Projekte. Zur Frage der Evakuierungen hielt der Außenminister fest, dass bisher rund 340 Personen die Ausreise ermöglicht worden sei. Noch etwa ein Dutzend Menschen würden auf die Ausreise nach Österreich warten.

Was weitere Initiativen Österreichs betrifft, seien Gespräche des Außenministers in Katar sowie mit den Ländern Zentralasiens geplant. Trotz des gescheiterten Militäreinsatzes in Afghanistan bleibe jedoch der Weg der transatlantischen Partnerschaft und die Abstimmung mit den USA von großer Bedeutung für Afghanistan, betonte der Ressortchef.

Weitere Themen der Aussprache: Westbalkan, Belarus, Ungarn und Polen

Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) interessierte sich für Linharts nächste Schritte in der Westbalkanpolitik. Der Rat der EU habe bereits seine Besorgnis über das „Zündeln“ und die voranschreitende Polarisierung in der Region ausgedrückt. Dem schloss sich Helmut Brandstätter (NEOS) an. Der NEOS-Abgeordnete fragte nach den Konsequenzen eines möglichen Austritts der Republika Srpska aus der bosnischen Föderation. Seine erste Auslandsreise habe ihn nach Bosnien und Herzegowina geführt, dies sei ein klares Signal, dass der Westbalkan für die Sicherheit und Stabilität in Europa wichtig sei, unterstrich Linhart. Um die Europäische Integration voranzutreiben, müssten die Länder in der Region einerseits ihre „Hausaufgaben“ erfüllen, andererseits sei es wichtig, dass sich die Westbalkanländer an Vorbildern für den EU-Beitritt orientieren könnten. Die Entwicklungen in der Republika Srpska sah Linhart kritisch. Es gebe jedoch keine Alternativen zum „europäischen Weg“.

Jakob Schwarz (Grüne), Harald Troch (SPÖ) sowie Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP) kamen auf die Positionen des neuen Außenministers zur Situation in Belarus zu sprechen. Schwarz fragte nach den dazu gestern auf EU-Ebene besprochenen Themen während Troch und Jeitler-Cincelli sich für Maßnahmen zur Stärkung der demokratischen Zivilgesellschaft interessierten. „Unsere Werte sind unverhandelbar“, betonte Linhart. Er stehe zu den gegen Belarus ausgesprochenen Sanktionen. Von großer Bedeutung sei aber weiterhin der Dialog mit der Zivilgesellschaft, so Linhart. Wien stehe als Ort für Gespräche, unter Einbeziehung von Regierung und Zivilgesellschaft, bereit. Was die gestrigen Gespräche im Rat der AußenministerInnen betrifft, sei es vor allem um die von Belarus als Druckmittel eingesetzten MigrantInnen gegangen.

Von Helmut Brandstätter (NEOS) auf die seiner Meinung nach durch Ungarn und Polen verletzten Grundrechte der EU angesprochen, hielt der Außenminister genau wie beim Thema Belarus fest, dass die europäischen Werte nicht verhandelbar seien. Er halte aber nichts von einer Einteilung in „gute und schlechte Europäer“. Es brauche stattdessen einen offenen Dialog mit diesen Ländern.

COVID-19: 6,5 Mio. € für weltweite Rückholaktion und Hilfen für in Not geratene ÖsterreicherInnen

Die weltweite Rückholaktion von rund 7.500 ÖstereicherInnen zu Beginn der Corona-Pandemie sowie coronabedingte Hilfen für in Not geratene ÖsterreicherInnen im Ausland haben bis Jänner dieses Jahres Kosten von rund 6,5 Mio. € verursacht. Das geht aus einem Bericht des Außenressorts hervor (III-271 d.B.), der einstimmig von den Ausschussmitgliedern zur Kenntnis genommen wurde.

Konkret haben sich die Rückholungen mit rund 6,4 Mio. € zu Buche geschlagen, die restlichen Ausgaben entfielen auf Unterstützungen und Darlehen für ÖsterreicherInnen im Ausland und sogenannte Werkleistungen durch Dritte. Im Zuge der „größten Rückholaktion, die das BMEIA je durchgeführt hat“, wie das Außenministerium im Bericht geltend macht, wurden laut Angaben des Ressorts 7.500 österreichische StaatsbürgerInnen aus 29 Ländern und fünf Kontinenten mit 39 Flügen und 30 Bustransfers zurückgeholt. Durch die Mithilfe Österreichs konnten zudem 1.400 Staatsangehörige aus anderen EU-Mitgliedsstaaten sowie 400 EWR-BürgerInnen und Drittstaatsangehörige in ihr Heimatland zurückgeflogen werden. Die Unterstützungsleistungen wie Darlehen kamen laut Außenressort 235 österreichischen StaatsbürgerInnen zugute. (Fortsetzung Außenpolitischer Ausschuss) med

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