FMA und ABAP intensivieren und institutionalisieren den Dialog zwischen Aufsichtsbehörden, Wirtschaftsprüfern und Aufsichtsräten
Wien (OTS) – Als Lehre aus jüngsten Finanz- und Bilanzskandalen wird auf europäischer Ebene gerade eine weitreichende Reform der Unternehmensbilanzierung und deren Überprüfung diskutiert. Ziel ist, die Qualität der Bilanzierung börsennotierter Unternehmen bzw. von Unternehmen öffentlichen Interesses (PIEs) zu verbessern und damit die Stabilität der Finanzmärkte und das Anlegervertrauen zu stärken. „Aufsichtsbehörden, Abschlussprüfern und Aufsichtsräten kommt da eine volkswirtschaftlich wichtige Aufgabe zu. Ihre Arbeit erhöht die Glaubwürdigkeit veröffentlichter Finanzinformationen und trägt zum Schutz der Finanzmarktteilnehmer bei“, so Peter Hofbauer, Vorstandssprecher der Abschlussprüferaufsichtsbehörde APAB. Und Michael Hysek, Bereichsleiter Bankenaufsicht bei der FMA, ergänzt:
„Die regulatorischen Anforderungen werden zunehmend vielfältiger und komplexer. Ein guter Grund, den Dialog der Aufsichtsinstitutionen aller Ebenen untereinander zu intensivieren.“ FMA und ABAP haben daher die Initiative ergriffen und ein gemeinsames Konferenz-Format geschaffen, um einen offenen Dialog zwischen den Aufsichtsinstitutionen innerhalb und außerhalb der Unternehmen zu institutionalisieren. An der ersten Online-Konferenz nahmen mehr als 400 Aufsichtsräte teil und diskutierten mit hochkarätigen Referenten die „Besonderen Herausforderungen für den Prüfungsausschuss von Unternehmen von öffentlichem Interesse (PIEs)“.
Reges Interesse an Dialog und Weiterbildung
„Aufsicht kann nur funktionieren, wenn von allen Seiten auf das Unternehmen geschaut und relevante Punkte adäquat angesprochen werden. Diese Veranstaltung ist ein wichtiger Schritt zu einer Institutionalisierung des Dialogs zwischen den Behörden, den Aufsichtsräten und den Kontrollinstanzen in den Unternehmen. Das rege Interesse an der Konferenz belegt außerdem das große Interesse an Information und Weiterbildung auf allen Ebenen“, sagte Friedrich Rödler, Vorsitzender des Aufsichtsrats der ERSTE Group Bank AG.
Verschärfte Regeln – erhöhte Anforderungen
In ihrer einleitenden Keynote zog Univ.-Prof. Dr. Annette Köhler von der Universität Duisburg-Essen und Prüfungsausschussvorsitzende der deutschen GEA Group AG die Lehren aus dem Wirecard-Skandal, die in Deutschland mit 1. Juli 2021 umgesetzt wurden: etwa die verpflichtende Einrichtung von Prüfungsausschüssen für PIEs; die Verschärfung der externen wie internen Rotationspflicht der Abschlussprüfer; die Erhöhungen der Bußgelder bei ausgewählten Verstößen sowie die Verpflichtung, dass künftig zwei der Mitglieder im Prüfungsausschuss ausgewiesene Finanzexperten sein müssen. „Das trägt dazu bei, ein Sparring auf Augenhöhe zu ermöglichen und verbessert die Qualität der Diskussion in den Aufsichtsgremien“, so Annette Köhler. Gleichzeitig betonte die Expertin: „Nach der Reform ist vor der Reform. Es dürfte noch weitere Anpassungen geben – zum Beispiel in Bezug auf die Ausweitung des Prüfungsgegenstandes sowie die Trennung von Prüfung und Beratung.“ Anzumerken ist, dass die ersten Maßnahmen der Lehren aus Wirecard in Österreich bereits in Kraft sind.
3K-Regel für Prüfungsausschüsse: Kompetenz – Kontrolle – Kommunikation
Die FMA-Expertinnen, Angelika Casey und Karin Tenora, brachten praxisorientierte Tipps in die Diskussion ein: „Wenden Sie für Aufsichtsräte und Ausschüsse die 3-K-Regel an: Kompetenz – Kontrolle – Kommunikation. Abschlussprüfer, Prüfungsausschuss und Aufsichtsbehörde müssen intensiv miteinander kommunizieren.“ Besonderes Augenmerk sei dabei auf die wichtigen Prüfungssachverhalte und besonderen Risiken, die sogenannten KAMs (Key Audit Matters) im Bestätigungsvermerk, zu legen, die derzeit leider noch zu stark standardisiert und zu wenig auf das jeweilige Unternehmen zugeschnitten abgehandelt würden. Der Prüfungsausschuss dürfe sich auch nicht scheuen, auf externes Wissen zurückzugreifen. „Laden Sie etwa auch den Staatskommissär zu Ihrer nächsten Prüfungsausschusssitzung ein, fordern Sie sämtliche externe Berichte wie etwa die Ergebnisse von Vor-Ort-Prüfungen der FMA und OeNB an.“
APAB-Vorstand Michael Komarek empfahl, vor allem bei Nicht-Prüfungsleistungen besondere Vorsicht walten zu lassen, denn diese können die Unabhängigkeit von Abschlussprüfern gefährden. Entsprechend sei auch die Honorargestaltung zu hinterfragen. Weiters riet er eindringlich davon ab, Überwachungsaufgaben des Prüfungsausschusses zu delegieren.
Eva Eberhartinger, Universitätsprofessorin an der WU Wien, erinnerte daran, in Aufsichtsräten auf diverse Qualifikationen zu achten: „Es braucht etwa neben Finanzexpertise auch Nachhaltigkeitskompetenz im Kontrollgremium – ganz abgesehen von Personen, die das Geschäftsmodell und die Märkte gut kennen.“ Jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied müsse aber zwei Kompetenzen erfüllen:
„Unabhängigkeit im Geiste, im Sinne einer kritisch-wohlwollenden Persistenz bei Nachfragen sowie Hartnäckigkeit im Verfolgen von Punkten, die man für wichtig hält.“
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