Notstandshilfe wird für weitere drei Monate auf Höhe des Arbeitslosengeldes aufgestockt | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Notstandshilfe wird für weitere drei Monate auf Höhe des Arbeitslosengeldes aufgestockt

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Wien (PK) – Die Notstandshilfe wird auch in den Monaten April, Mai und Juni auf die Höhe des Arbeitslosengeldes aufgestockt. Der Nationalrat hat heute eine entsprechende Novelle zum Arbeitslosenversicherungsgesetz genehmigt. Neben ÖVP und Grünen stimmten auch SPÖ und FPÖ für die Koalitionsinitiative. Für arbeitslose Menschen sei es coronabedingt nach wie vor schwierig, einen Arbeitsplatz zu finden, es brauche eine soziale Abfederung, wird der Beschluss begründet. Schon von Mitte März 2020 bis Ende März 2021 hatte eine derartige Regelung gegolten. Gegen den Antrag votierten die NEOS: Sie stört, dass nicht nur Menschen, die infolge der Corona-Krise arbeitslos geworden sind, sondern auch langjährige NotstandshilfebezieherInnen von der Maßnahme profitieren.

In Form einer Entschließung spricht sich der Nationalrat einstimmig dafür aus, den gesetzlichen Rahmen in Bezug auf die Einstufung von Menschen mit Behinderung als arbeitsunfähig zu adaptieren. Arbeitsminister Martin Kocher wird ersucht, hierzu bis Jahresende ein Gesamtkonzept vorzulegen. Damit griffen die Abgeordneten auch Anliegen einer Bürgerinitiative auf, die ebenfalls einstimmig zur Kenntnis genommen wurde. In der Minderheit blieben ein mittlerweile obsoleter Entschließungsantrag der FPÖ zum Thema Notstandshilfe und eine NEOS-Initiative betreffend Evaluierung von Lehrabbrüchen. Der Ausschussbericht über eine weitere Bürgerinitiative zum Thema Nachtgutstunden für ArbeitnehmerInnen wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

Mehrheit für Aufstockung der Notstandshilfe bis Ende Juni

Arbeitsminister Martin Kocher bezeichnete die Erhöhung der Notstandshilfe auf das Niveau des Arbeitslosengeldes für notwendig, solange es großflächige behördliche Schließungen gebe. Er sei zuversichtlich, dass auch in stark von der Krise betroffenen Branchen wieder Dynamik am Arbeitsmarkt hineinkomme, sobald sich die gesundheitliche Lage entspanne.

Für Bettina Zopf (ÖVP) ist die Erhöhung der Notstandshilfe jetzt noch ein notwendiges Hilfsmittel, um die betroffenen Menschen finanziell über Wasser zu halten. Es könne und werde aber keine Dauerlösung sein, so Zopf. Langfristig gehe es darum, Arbeit zu schaffen und attraktiv zu gestalten. Auch Markus Koza (Grüne) plädierte für Maßnahmen, um Langzeitarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Er zeigte sich erfreut über das von der Regierung angekündigte Paket, das darauf abzielt, die Privatwirtschaft, den gemeinnützigen Bereich und den öffentlichen Sektor miteinzubeziehen, um Arbeitsplätze zu schaffen.

Josef Muchitsch (SPÖ) hingegen kritisierte, dass dieses Programm nur Überschriften biete. Konkrete Vorschläge der Sozialdemokratie, wie etwa die „Aktion 40.000“ würden laufend vertagt oder abgelehnt, zeigte er sich verärgert. Seine Fraktion werde dennoch nicht müde werden, Maßnahmen vorzuschlagen, so Muchitsch. Er brachte deshalb einen Entschließungseintrag ein, mit dem er sich für eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70% des zugrundeliegenden Einkommens einsetzte. Diese Initiative blieb aber in der Minderheit.

Dagmar Belakowitsch (FPÖ) warf der Regierung vor, durch ihre Corona-Maßnahmen mutwillig den Arbeitsmarkt zerstört zu haben. Zudem habe man die BezieherInnen von Notstandshilfe durch zu spätes Handeln verunsichert. Die Aufstockung sei mit Ende März ausgelaufen, nun habe man drei Wochen gebraucht, um eine erneute Aufstockung rückwirkend zu beschließen, kritisierte die Abgeordnete. Auch Gerald Loacker (NEOS) zeigte sich der Ansicht, dass viele Menschen durch überzogene Maßnahmen der Regierung ihren Job verloren hätten. Diesen Menschen einen Ausgleich zu bieten, sei wichtig. Mit der vorliegenden Aufstockung würden jedoch auch alle Menschen, die bereits vor der Corona-Krise keinen Job hatten, begünstigt, lautete seine Kritik. Es brauche treffsichere Maßnahmen und keine „Gießkanne über alle drüber“, so Loacker.

NEOS-Initiative zur Analyse von Lehrabbrüchen abgelehnt

Keine Notwendigkeit sehen ÖVP und Grüne, der hohen Zahl von Lehrabbrüchen, vor allem im ersten Lehrjahr und in der Tourismusbranche, genauer auf den Grund zu gehen, wie das die NEOS fordern. Es liege bereits eine umfassende Analyse durch Wirtschaftsministerium, Wirtschaftskammer und andere Gremien vor, hielt Joachim Schnabel (ÖVP) fest.

Gerald Loacker (NEOS), Dagmar Belakowitsch (FPÖ) und Martin Seemayer (SPÖ) jedoch konnten nicht nachvollziehen, wieso die Gründe für vorzeitige Lehrabbrüche nicht genauer beleuchtet werden. Lehrlinge seien schließlich die Fachkräfte von morgen, hielt Loacker fest.

Feststellung der Arbeitsunfähigkeit von Menschen mit Behinderung

Hintergrund für die einstimmig angenommene Entschließung betreffend die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit von Menschen mit Behinderung ist der Umstand, dass es immer wieder vorkommt, dass Betroffene gegen ihren Willen als arbeitsunfähig eingestuft werden. Damit verlieren sie etwa den Anspruch auf Unterstützung durch das AMS. Zudem streben die Abgeordneten eine bessere Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt an. In diesem Sinn ist es den Fraktionen wichtig, dass bei der geforderten Überarbeitung der gesetzlichen Rahmenbedingungen die UN-Behindertenrechtskonvention sowie alle relevanten Parameter wie die Kompetenzen einer Person und mögliche Unterstützungen berücksichtigt werden. Zudem soll die Feststellung einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit vor dem 25. Lebensjahr im Regelfall nicht möglich sein. Auch die Durchlässigkeit zwischen Beschäftigungswerkstätten und allgemeinem Arbeitsmarkt ist den Abgeordneten ein Anliegen.

Es sei eine große Herausforderung für Menschen mit Behinderung, eine Anstellung am ersten Arbeitsmarkt zu finden, legte Kira Grünberg (ÖVP) dar. Manche werden direkt nach der Schule als arbeitsunfähig eingestuft und seien dadurch ihr ganzes Leben lang vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen, kritisierte sie. Die zahlreichen Unterstützungsmöglichkeiten, die es in Österreich für Menschen mit Behinderung in der Arbeitswelt gibt, können sie damit nicht mehr in Anspruch nehmen. Grünberg sprach sich für eine Änderung aus. Man solle auf die Fähigkeiten der Menschen schauen, nicht immer nur auf die Defizite. Auch Heike Grebien (Grüne) zeigte sich überzeugt, dass es dringend Barrieren durch die Gesetzgebung für Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt zu beseitigen gebe. Die Koalitionsparteien würden versuchen, einen Paradigmenwechsel einzuläuten. Der Antrag enthalte wesentliche erste Schritte, um sich einem inklusiven Arbeitsmarkt anzunähern, weitere müssten folgen, so Grebien. Sie bezeichnete es als elementar, in der Sache mit den Bundesländern zu kooperieren.

Auch aus Sicht von Fiona Fiedler (NEOS) bewege man sich mit dem Antrag auf dem Weg in die richtige Richtung, er sei jedoch nicht die Lösung aller Probleme. Dass Beschäftigte in Behindertenwerkstätten keinen Lohn und keine Sozialversicherung erhalten, müsse rasch geändert werden, appellierte sie an den Arbeitsminister. Petra Wimmer (SPÖ) bezeichnete diese Tatsache ebenfalls als problematisch. Es brauche eine gemeinsame Kraftanstrengung, um das zu ändern, so Wimmer. Christian Ragger (FPÖ) zeigte sich enttäuscht, dass die Wertigkeit von Arbeit für Menschen mit Behinderung nicht ausreichend wahrgenommen werde, wenngleich der Antrag ein erster Schritt sei. Er brachte einen Entschließungsantrag ein, mit dem die FPÖ einen Mindestlohn und eine verpflichtende Sozialversicherung für Beschäftigte in Behindertenwerkstätten forderte. Der Antrag fand keine Mehrheit.

Pflege: Bürgerinitiative urgiert „Nachtgutstunden“ für alle Beschäftigten

Die Forderung einer Bürgerinitiative, sämtlichen ArbeitnehmerInnen, die in Pflegeeinrichtungen Nachtarbeit verrichten, zwei Gutstunden als Zeitausgleich zu gewähren, fand zwar bei allen RednerInnen Unterstützung, seitens der ÖVP und der Grünen verwies man jedoch auf die laufenden Verhandlungen zur Pflegereform, wo auch der Aspekt der Arbeitsbedingungen von Pflegepersonal ein Thema sein werde. Unter Hinweis auf die unterschiedlichen Situationen in den Bundesländern bedürfe es noch eingehender Gespräche, so der Tenor aus der Regierung. Somit fand auch der Entschließungsantrag von Josef Muchitsch (SPÖ) nicht die erforderliche Mehrheit. Die SozialdemokratInnen drängen darin auf eine Klarstellung, wonach die Schutzmaßnahmen für Krankenpflegepersonal auch für Pflegepersonal in Pflegeeinrichtungen gelten sollen.

Die Bürgerinitiative hält die geltende Gesetzeslage, gemäß der nur das Personal von Pflegestationen in Pflegeheimen einen Zeitausgleich von zwei Stunden für die geleistete Nachtschwerarbeit erhält, für nicht praxistauglich. Unterscheidungen zwischen sogenannten Wohn- und Pflegestationen sind nach Ansicht der BefürworterInnen der Initiative hinfällig, da durch den immer späteren Eintritt älterer Menschen in Pflegeheime und die zunehmende Anzahl von Personen mit Demenz grundsätzlich alle BewohnerInnen in einer öffentlich geförderten stationären Einrichtung für Langzeitpflege einen Pflegebedarf haben, der als hoch eingestuft werden müsse.

Die Organisationsformen in den Bundesländern seien heute sehr unterschiedlich, weshalb hier Reformbedarf bestehe, räumte Elisabeth Scheucher-Pichler seitens der ÖVP ein und unterstrich damit die Notwendigkeit, im Rahmen der Pflegereform mit den Sozialpartnern den Dialog zu suchen. Ihr Fraktionskollege Ernst Gödl sprach von einem Bündel von Maßnahmen, das erforderlich sei. Die Pflegereform stelle eine politische Herausforderung dar, betonte er auch mit dem Hinweis, dass es einen zusätzlichen Bedarf von 70.000 bis 80.000 neuen Beschäftigten in diesem Bereich geben werde. Um diesen Bedarf zu decken, brauche es eine Joboffensive, so Gödl, wobei er nicht nur die Pflegelehre zur Diskussion stellte, sondern auch die Umschulung von Langzeitarbeitslosen und spezielle Ausbildungen für MigrantInnen zur Sprache brachte. Ebenso spielt in seinen Augen die Erleichterung bei der Rot-Weiß-Rot-Karte eine wichtige Rolle. Als eines der zentralen Ziele nannte der ÖVP-Mandatar auch die Attraktivierung des Pflegeberufs, was auch die Arbeitsbedingungen und eine Erhöhung der Entlohnung beinhalte.

Unterstützung der Anliegen der Bürgerinitiative kam auch von den Grünen. Aber auch sie verwiesen auf die Verhandlungen zur Pflegereform. Bedrana Ribo nannte das geltende Gesetz für überholt und bekräftigte, dass vor allem die Rahmenbedingungen für die Pflegekräfte verbessert werden müssen. Viele könnten nämlich heute aufgrund schlechter Arbeitsverhältnisse ihren Beruf nicht lange ausüben, stellte sie fest. Sie kritisierte vor allem, dass viele Pflegekräfte in der Nacht Schwerarbeit zu bewältigen hätten, jedoch nicht unter das Nachtschwerarbeitergesetz fielen.

Die Haltung der beide Regierungsfraktionen stieß jedoch bei Christian Drobits (SPÖ) auf Unverständnis. Man müsse schnell handeln, so seine Forderung. Nach mehr als einem Jahr Pandemie könne das Pflegepersonal einfach nicht mehr. Er appellierte daher an den Arbeitsminister und an die Regierung, die Betreffenden nicht im Stich zu lassen und deren Arbeitsbedingungen und Bezahlung rasch zu verbessern. Alle müssten die gleichen Rechte haben, urgierte er Fairness für das gesamte Pflegepersonal.

Dem schloss sich Dagmar Belakowitsch (FPÖ) vollinhaltlich an. Sie zeigte sich enttäuscht darüber, dass Arbeitsminister Kocher noch keine konkreten Vorschläge zur Verbesserung der Situation des Pflegepersonals gemacht hat, und sah darin die typische „schwarze Maske“. Der Pflegeberuf sei ein Beruf der Zukunft, sagte sie, und die Pflegekräfte hätten ein Anrecht auf Anerkennung und bessere Bezahlung. Die Unterschiede in den Landesgesetzen seien eklatant und vielfach spare man bei den Gutstunden, so ihr Vorwurf.

Auch die NEOS nahmen die Regierung in Bezug auf die Pflegereform in die Pflicht und warfen ihr Säumigkeit vor. Fiona Fiedler urgierte in diesem Zusammenhang bundeseinheitliche Pflegestandards und thematisierte die Personalknappheit im Pflegebereich. Sie plädierte für eine bessere und verstärkte Aus- und Weiterbildung und forderte den Arbeitsminister auf, arbeitsmarktpolitisch den Fokus vermehrt auf die Pflege zu legen. (Fortsetzung Nationalrat) gs/kar/jan

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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