Bundesrat: Inkrafttreten von Universitätsgesetz-Novelle verzögert sich
Wien (PK) – Eine umfangreiche Tagesordnung mit einer Vielzahl von Themen hatte der Bundesrat heute vor einer kurzen parlamentarischen Osterpause abzuarbeiten. Dabei ergab sich, dass im Bundesratsplenum keine Mehrheit für den Antrag von ÖVP und Grünen vorhanden war, gegen eine umfassende Novelle des Universitätsgesetzes keinen Einspruch zu erheben. Damit kann die Novelle vorerst nicht in Kraft treten und voraussichtlich erst nach acht Wochen kundgemacht werden.
Mehrheitliche Zustimmung gab es zum 2. COVID-19-Hochschulgesetz, das den Universitäten und Hochschulen ermöglichen soll, die Präsenzlehre mit einer Teststrategie wiederaufzunehmen. Im Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz (HSG) wird im Hinblick auf die Selbstverwaltung der einzelnen ÖH-Vertretungen Vorsorge für ihre wirtschaftliche Tragfähigkeit getroffen.
Nach wie vor ergibt sich ein Bedarf an gesetzlichen Regelungen aufgrund von Maßnahmen in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. Daher wurde ein umfangreiches Hilfspaket für Familien und AlleinerzieherInnen auf den Weg gebracht. Automatische Mietenerhöhungen werden für 2021 ausgesetzt. Zu beiden Novellen gab es Stimmeneinhelligkeit des Bundesrats.
Die Kundmachung der Verlängerung der Gutscheinregelung für Veranstaltungen sowie der Novellierung des Ziviltechnikergesetzes verzögert sich jedoch um acht Wochen, ebenso wie des Gesetzes zu Digitalisierungsmaßnahmen der Bundesverwaltung. Für die entsprechenden Anträge von ÖVP und Grünen, keinen Einspruch gegen die Beschlüsse des Nationalrates einzulegen, gab es in allen drei Fällen keine Mehrheit im Bundesrat.
Vom Bundesrat mit Mehrheit bestätigt wurde die Verlängerung der Kurzarbeit für Lehrlinge bis zum 30. Juni 2021. Weitere Beschlüsse betreffen neben einer Verhältnismäßigkeitsprüfung vor neuen Berufsreglementierungen auch Anpassungen im Maß- und Eichgesetz sowie ein Beendigungsabkommen zu Investitionsschiedsklauseln mit der Slowakei.
Einstimmigkeit bei Neuerungen für HochschülerInnenschaft
Keine Mehrheit fand sich im Bundesrat für eine Novelle zum Universitätsgesetz (UG), die ein neues Studienrecht und andere Änderungen im Hochschulbereich bringt. Neben Änderungen im UG erfolgen auch Anpassungen im Hochschulgesetz (HG), im Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz, im Fachhochschulgesetz sowie im Privathochschulgesetz. Studierende werden laut Universitätsgesetz künftig dazu verpflichtet, in den ersten vier Semestern eines Studiums eine Mindeststudienleistung im Ausmaß von 16 ECTS-Anrechnungspunkten zu erbringen. Allerdings soll es auch von Seiten der Universitäten mehr Verbindlichkeit bei der Unterstützung der Studierenden geben. Die Anrechnung außeruniversitär erworbener Qualifikationen soll erleichtert werden. Die Novelle bringt auch eine Reihe organisatorischer und personalrechtlicher Neuerungen für die Hochschulen. So werden die Aufgaben von Rektoraten, Senaten und Universitätsräten in der Leitung der Universitäten klarer voneinander abgegrenzt. Die Novelle soll auch die Problematik von Kettenverträgen für wissenschaftliche MitarbeiterInnen der Universitäten lösen. Die Bestimmungen zu Ghostwriting wurden verschärft. Eine wissenschaftliche Arbeit für jemanden anderen zu schreiben wird ein Verwaltungsstrafbestand.
Mehrheitlich sprach sich der Bundesrat für eine Regelung zur COVID-19-Pandemie (2. COVID-19-Hochschulgesetz) aus, die es Universitäten und Hochschulen ermöglicht, für Präsenz-Lehrveranstaltungen und Aufnahmeprüfungen negative Corona-Tests als Eintrittstests vorzuschreiben.
Das Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz (HSG) wird im Hinblick auf die Selbstverwaltung und wirtschaftliche Tragfähigkeit der einzelnen ÖH-Vertretungen novelliert. Kleinere Studierendenvertetungen können sich entscheiden, ob sie weiterhin eine eigene Selbstverwaltungskörperschaft bleiben oder ab Mitte 2022 von der Österreichischen HochschülerInnenschaft in wirtschaftlichen Belangen mitbetreut werden wollen. Für die Ausübung von Ehrenämtern in der HochschülerInnenschaft werden Funktionsgebühren festgelegt. Die Zustimmung des Bundesrats erfolgte einstimmig.
Bundesrat begrüßt Unterstützung von Familien während der COVID-19-Krise
Nach dem Nationalrat sprach sich auch der Bundesrat für weitere Sozialmaßnahmen zur Bekämpfung krisenbedingter Armut aus. Mit Änderungen im Familienlastenausgleichsgesetz und im Bundesgesetz zur Bekämpfung pandemiebedingter Armutsfolgen (COVID-19-Gesetz-Armut) wird ein Hilfspaket in Höhe von 178 Mio. € auf den Weg gebracht. Der Beschluss des Bundesrats erfolgte einstimmig.
Familien, die Sozialhilfe oder Mindestsicherung beziehen, erhalten heuer eine weitere Einmalzahlung in der Höhe von 200 € pro Kind. Veranschlagt werden dafür 26 Mio. €. Zudem werden 50 Mio. € zur weiteren Aufstockung des Familienhärteausgleichs zur Verfügung gestellt. Beim COVID-19-Krisenbewältigungsfonds werden zudem 102 Mio. € für FamilienbeihilfebezieherInnen bereitgestellt. Wer in den letzten zwölf Monaten zu Unrecht Familienbeihilfe weiterbezogen hat, obwohl der Anspruch inzwischen erloschen ist, soll diese nicht zurückzahlen müssen.
Die von der COVID-19-Pandemie ausgelöste Krise belaste vor allem Familien, weshalb das nun geplante Hilfspaket von großer Bedeutung sei, unterstrich Karlheinz Kornhäusl (V/St). Die Bundesregierung nehme rasch und unbürokratisch 178 Mio. € in die Hand, um das Schlimmste abzuwenden. Österreich erbringe hervorragende familienpolitische Leistungen und wende 10% des Bundesbudgets für Familien auf. Damit liege man im europäischen Spitzenfeld und das solle auch weiter so bleiben, meinte Kornhäusl.
Die SozialdemokratInnen würden bei Hilfen für Familien selbstverständlich mitstimmen, so Daniela Gruber-Pruner (S/W). Allerdings verkenne die Koalition die Realität armutsgefährdeter Familien. „Almosen, die alle heiligen Zeiten ausgezahlt werden“ würden aber nicht ausreichen, da die Krise schon zu lange dauere und vielen Familien bis zur Hälfte des früheren Einkommens fehle. Der Familienhärtefonds sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein, zudem könnten viele gar nicht um diese Hilfen ansuchen. Die Familienberatungsstellen hätten einen erheblichen Mehraufwand und müssten mit mehr finanziellen Mitteln ausgestattet werden. Auch müssten AlleinerzieherInnen mit einer echten Unterhaltsgarantie unterstützt werden. Gruber-Pruner forderte vehement den angekündigten Nationalen Aktionsplan zur Armutsbekämpfung ein. Der Prozess dazu sei noch nicht einmal gestartet worden, kritisierte die Bundesrätin.
Nachhaltige Hilfe, etwa durch Aufstockung des Arbeitslosengeldes, forderte auch Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (F/S). Viele Familien seien aufgrund der Krise bereits am Limit. Gerade Kinder und Jugendliche seien stark betroffen. Durch die Schulschließungen fehle ihnen wertvolle Bildungszeit. Die Bundesrätin befürchtet verheerende Langzeitwirkungen des Home-Schoolings auf die Bildungskarrieren der Kinder. Kinder und Jugendliche seien psychisch schwer belastet, der Befund sei „herzzerreißend“, klagte Steiner-Wieser und forderte „gebt den Kindern das Lachen zurück“.
Mit der Regelung werde sichergestellt, dass niemand bereits bezogene Familienbeihilfe zurückzahlen müsse, erklärte Elisabeth Kittl (G/W). Das komme rund 80.000 Kindern, Jugendlichen, Studierenden und Lehrlingen zugute. Im Familienhärtefonds könnten bis Ende Juni Anträge eingebracht werden. Bereits bisher seien hohe Unterstützungsleistungen für Familien ausbezahlt worden. Besonders erfreulich sei für sie, dass nun auch Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte HilfsempfängerInnen sein können und dass ein besonderes Augenmerk auf die Lage von AlleinerzieherInnen gelegt werde.
Familien hätten im Kampf gegen die Pandemie derzeit eine große Last zu tragen, sagte Familienministerin Susanne Raab. Die Bundesregierung setze für sie eine Reihe struktureller Maßnahmen, wie etwa durch die Sicherung eines Betreuungsangebots an den Schulen. Um Kindern und Jugendlichen einen strukturierten Tagesablauf zu ermöglichen, sei der Sport wieder geöffnet worden, und Vereine könnten ihre außerschulische Jugendarbeit aufnehmen. Das neue umfangreiche Familienpaket soll punktuelle Maßnahmen setzen, um finanzielle Härten auszugleichen. Die Sonderfamilienbeihilfe sei ihr ein besonderes Anliegen. In der Pandemie sei es schwierig gewesen, die erforderlichen Leistungsnachweise zu erbringen. Daher habe sich die Bundesregierung entschieden, allen Familien, die auf die Familienbeihilfe angewiesen sind, einen Weiterbezug zu ermöglichen, ohne dass sie Rückzahlungen befürchten müssen. Sie und die Bundesregierung werden sich auch weiterhin für Familien und insbesondere für AlleinerzieherInnen einsetzen, betonte die Familienministerin. Daher habe man einen erleichterten Unterhaltsvorschuss geschaffen.
Mietpreiserhöhungen während der Pandemie ausgesetzt
Mit Mehrheit billigte der Bundesrat den Beschluss des Nationalrats, zur Linderung der Folgen der COVID-19-Pandemie die automatischen Mietenerhöhungen für 2021 auszusetzen. Die dafür nötigen Änderungen des Mietrechtsgesetzes und des Richtwertgesetzes (Mietzinsrechtliches Pandemiefolgenlinderungsgesetz – MPFLG) wurden durch einen parteiübergreifenden Antrag von ÖVP, SPÖ und Grünen angestoßen. Die Aussetzung der indexgebundenen Mietenerhöhung bei Richtwert- und Kategoriemieten gilt bis 2022. Damit soll eine finanzielle Erleichterung für MieterInnen herbeigeführt werden. Zum Ausgleich wird es bei den Richtwertmieten ausnahmsweise zu einer jährlich aufeinanderfolgenden Anpassung in den Jahren 2022 und 2023 kommen. Zudem soll die Wertsicherungsberechnung in ungeminderter Höhe weiterlaufen und von VermieterInnen im Zuge späterer Anpassungen lukriert werden können.
Die SPÖ-Fraktion im Bundesrat ist der Ansicht, dass die Maßnahmen noch nicht ausreichen, um MieterInnen effektiv zu entlasten. Die niederösterreichische Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ) forderte daher in einem Entschließungsantrag eine Fristverlängerung von Mietstundungen, die Schaffung eines Mietausfallsfonds und die Möglichkeit zur Verlängerung von ausgelaufenen Mietverträgen auf Mieterwunsch um ein Jahr. Der Entschließungsantrag wurde mit Mehrheit angenommen.
Verlängerung der Gutscheinregelung für Veranstaltungen, Novellierung des Ziviltechnikergesetzes sowie Digitalisierungsmaßnahmen der Bundesverwaltung verzögern sich
Zur Unterstützung von VeranstalterInnen soll die Gültigkeit von ausgegebenen Gutscheinen verlängert und je nach Ausgabezeit mit Ende 2022 oder Ende 2023 festgelegt werden. Dazu haben die Regierungsparteien im Nationalrat einen Initiativantrag eingebracht und beschlossen. Im Bundesratsplenum fand jedoch der Antrag von ÖVP und Grünen, gegen den Beschluss des Nationalrats keinen Einspruch zu erheben, keine Mehrheit. Ebenfalls keine Mehrheit in der Länderkammer fanden die Anträge von ÖVP und Grünen, keinen Einspruch gegen die Beschlüsse des Nationalrates zu den Anpassungen im Ziviltechnikergesetz sowie zum Digitalisierungsfondsgesetz einzulegen. Damit können die entsprechenden gesetzlichen Vorhaben auch in diesen Fällen erst nach einer achtwöchigen Frist kundgemacht werden.
Ein in der Debatte eingebrachter FPÖ-Entschließungsantrag, der die Sicherung des Erhalts der Unabhängigkeit, Unparteilichkeit sowie Objektivität der ZiviltechnikerInnen einfordert, wurde hingegen mehrheitlich angenommen.
EU-Anpassung: Verhältnismäßigkeitsprüfung vor neuen Berufsreglementierungen, Bürokratieabbau durch Anpassungen im Maß-und Eichgesetz
Zur Umsetzung einer EU-Richtlinie wurde eine Regierungsvorlage mehrheitlich bestätigt, wonach bei neuen oder abgeänderten Berufsreglementierungen eine Verhältnismäßigkeitsprüfung eingeführt wird. Damit sollen Schranken bei der Aufnahme und Ausübung reglementierter Tätigkeiten innerhalb der EU abgebaut und ein gemeinsames Verfahren auf Unionsebene geschaffen werden.
Ebenfalls mit der Umsetzung einer EU-Richtlinie sollen die Definitionen der Basiseinheiten im „Internationalen System für Einheiten im Messwesen“ (SI) im Maß- und Eichgesetz an den technischen Fortschritt angepasst werden und so zu einer einheitlichen Anwendung des Internationalen Einheitensystems beitragen. Laut Regierungsvorlage, die einstimmig den Bundesrat passiert hat, soll klargestellt werden, dass bei Entfall der gesetzlichen Eichpflicht auch keine Eichungen mehr vorzunehmen sind.
Verlängerung der Kurzarbeit für Lehrlinge, Beendigungsabkommen zu Investitionsschiedsklauseln mit der Slowakei
Von der Länderkammer einstimmig genehmigt wurde die Verlängerung der Kurzarbeit für Lehrlinge bis zum 30. Juni 2021. Dem Antrag zufolge kann weiterhin mit bis zu 5 Prozent der betrieblich ausgebildeten Lehrlinge (rund 5.000 Personen) gerechnet werden, die Kurzarbeit in Anspruch nehmen.
Zur Umsetzung eines EuGH-Urteils betreffend bilaterale Investitionsschiedsklauseln hat der Bundesrat ein zwischen Österreich und der Slowakei abgeschlossenes Beendigungsabkommen ebenfalls einstimmig bestätigt. Von diesem Urteil seien sämtliche in bilateralen Abkommen über die Förderung und den Schutz von Investitionen zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union enthaltenen Bestimmungen zur Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit betroffen. (Fortsetzung Bundesrat) sox/med
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
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