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Hilfeschrei der freien Tanzszene – Zahlreiche Existenzen bedroht

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Wien (OTS) – Österreichs Tanzschaffende sind finanziell und künstlerisch am Ende. Der monatelange Kultur-Lockdown hat ihre ohnehin schon prekäre Lage noch einmal dramatisch verschärft, wie eine groß angelegte Studie eindrucksvoll zeigt. Mehr als 500 professionelle TänzerInnen und TanzstudiobesitzerInnen haben in einer Umfrage im Auftrag von vidaflex, der gewerkschaftlichen Initiative für EPUs und Neue Selbstständige, mitgemacht.

Zu abgesagten Aufträgen, weggefallenen Honoraren und unterbrochenen Karrieren gesellen sich nun auch Existenzängste und weitgehende Perspektivenlosigkeit. „Die Situation ist besorgniserregend, da die Betroffenen aufgrund von jahrelanger Arbeit unter prekären Bedingungen kaum Rücklagen bilden konnten“, warnt Christoph Lipinski von vidaflex. Die Einkommen in der freien Tanzszene bewegen sich nicht erst seit der Corona-Krise vorwiegend im unteren Segment. Fast die Hälfte der StudienteilnehmerInnen verdient im Jahr weniger als € 11.000, – brutto.

„Tänzerinnen und Tänzer durchlaufen von allen darstellenden KünstlerInnen die längste Ausbildungszeit“, sagt Nadja Puttner, Sprecherin der Initiative Tanz und Bewegungskunst Österreich:
„Trotzdem werden sie bei Produktionen meistens am schlechtesten bezahlt. Gerne werden auch ausgebildete TänzerInnen an großen Häusern aus Kostengründen als StatistInnen engagiert und mit Mini-Honoraren abgefertigt – ein Missstand, der dringend beseitigt werden muss.“

Bessere soziale Absicherung dringend notwendig

Schlecht bestellt ist es in der Tanzszene auch um die soziale Absicherung. Mehr als 80 Prozent der Befragten erachten diese als wenig bis gar nicht ausreichend und wünschen sich Veränderungen. Ganz vorne steht hier der Wunsch nach Krankengeld ab dem ersten Tag, Mindesthonoraren und nach einer besseren Unfallversicherung für freischaffende TänzerInnen.

„Die Tanzschaffenden der freien Szene arbeiten vorwiegend selbstständig und sind in der Regel für mehrere Auftraggeber gleichzeitig tätig. Trotzdem werden sie immer wieder für einzelne Projekte in Kurzanstellungen gedrängt – manchmal sogar tageweise“, kritisiert Christoph Lipinski von der gewerkschaftlichen Initiative vidaflex: „Diese sogenannte Mischbeschäftigung führt oft zu unerwartet hohen Nachzahlungen bei Finanzamt und Krankenkassen, die von den Betroffenen aus eigener Tasche bezahlt werden müssen und nicht selten zur Existenzbedrohung werden.“ Diese Praxis der Mischbeschäftigung hätte außerdem dazu geführt, dass ein beträchtlicher Teil der Tanzschaffenden so gut wie keine Corona-Hilfen erhalten hat.

vidaflex fordert runden Tisch mit Bundesregierung

Scharf kritisiert werden auch die laufenden Corona-Maßnahmen der Bundesregierung, von der sich 70 Prozent der Tanzschaffenden völlig übergangen fühlen. „Seit dem Frühjahr 2020 fordern vidaflex und die Initiative Tanz und Bewegungskunst Österreich von der Bundesregierung klare Informationen für den künstlerischen Tanz. Doch der Begriff „Tanz“ kommt in den Corona-Verordnungen immer noch nicht vor. Dementsprechend schwierig ist es, diese Verordnungen für den Tanz sinnvoll zu interpretieren“, so Lipinski und Puttner.

„Das letzte Jahr war für uns geprägt von Informationschaos, praxisfernen Regelungen und wiederholten Ungleichbehandlungen gegenüber ähnlichen Branchen“, ärgert sich Puttner, selbst freischaffende Tänzerin und Tanzlehrende: „Niemand redet wirklich mit uns. Wir werden von der Kultur zum Sport, vom Sport zur Gesundheit und dann wieder zurück zur Kultur geschickt, ohne jemals klare Antworten zu bekommen.“

Insbesondere für den künstlerischen Tanzunterricht und das für professionelle TänzerInnen so wichtige Training scheint in den Ministerien keine klare Zuständigkeit definiert zu sein. „Was die Tänzerinnen und Tänzer der freien Szene brauchen, sind Planungssicherheit und Perspektiven“, fordert Lipinski: „Die Bundesregierung muss den Tanz in Zukunft als eigenständige Branche wahrnehmen. Maßnahmen und Regelungen müssen gemeinsam mit Experten aus dem Tanz entwickelt werden. Leider hat das Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport auf unsere schon im Sommer gestellte Forderung nach einem runden Tisch zum Thema Tanz bis heute nicht reagiert.“

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