TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Was von Fukushima blieb“, von Liane Pircher, Ausgabe vom Sonntag, 14. März 2021
Innsbruck (OTS) – Selbst zehn Jahre nach dem Super-GAU in Fukushima fehlt es noch an Tempo in der Energiewende. Es sind noch viel zu viele neue Fragen offen, alte Sorgen bleiben.
Für viele Menschen war Fukushima der endgültige Beweis dafür, dass Kerntechnik nicht sicher beherrschbar ist. Konnte man 1986 bei Tschernobyl noch vieles auf die Sowjetunion schieben, flog in Japan ein Reaktortyp einer demokratischen Hightech-Nation in die Luft. Der Schock saß tief. Wegen Fukushima änderten viele Staaten ihre Haltung zur Atomenergie. Nicht nur Deutschland beschloss, sich davon zu verabschieden. Ende 2022 sollen dort die letzten AKWs vom Netz gehen. Gleichzeitig halten andere Staaten an der Atomenergie fest – einige sehen darin mit neuen Kraftwerks-Typen sogar eine Chance für eine bessere Emissionsbilanz und damit eine Lösung gegen einen drohenden Klimakollaps. Eine riskante Idee für die Gesundheit, nicht nur wegen des Atommülls. Fakt ist, dass in Europa 43 AKWs über ihre Laufzeit hinaus verlängert wurden. Auch rund um Österreich denken nicht alle an Ausstieg, mehrere – aktuell 12 – sind in direkter Nachbarschaft. Österreich fordert die Abschaltung des slowenischen AKW Krsko. Man hat Sicherheitsbedenken, nicht nur wegen jüngster Erdbeben in Kroatien.
Dass sich viele Länder mit einer Abkehr so schwertun, hängt damit zusammen, dass die Abhängigkeit von Kernkraft groß, Alternativen zu wenig greifbar und gleichzeitig der Bedarf an Energie hoch ist. Erst kürzlich schrammte Europa an einem Blackout und Stromausfall vorbei. Zurückschrauben will keiner. Die Digitalisierung verlangt sogar mehr. Es ist ein Dilemma. Auch weil sich mit dem Ausbau erneuerbarer Energien neue Fragen auftun – etwa Flächenfraß bei Solarpaneelen und Windrädern. Trotzdem ist es zukunftsweisend, dass in Österreich heuer das Gesetz zum Ausbau der erneuerbaren Energieträger in Kraft tritt. Zeit wird’s. Wenn es auch nichts daran ändert, dass die Gefahr in Europa eine radioaktive bleibt.
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