Nationalrat verlängert Hilfen für KünstlerInnen und KulturvermittlerInnen
Wien (PK) – Die Hilfen für KünstlerInnen und KulturvermittlerInnen, die mit coronabedingten Einnahmenausfällen zu kämpfen haben, werden 2021 fortgeführt. Der Nationalrat sprach sich einstimmig für den Initiativantrag der Koalitionsparteien aus, die vorhandenen Unterstützungsprogramme fortzuführen. Drei Anträge, in denen die SozialdemokratInnen ihre Vorstellungen zu Hilfsmaßnahmen für den Kunst- und Kulturbereich formulieren, wurden mehrheitlich abgelehnt.
Einstimmig sprachen sich die Nationalratsabgeordneten für zwei internationale Abkommen aus. Österreich übernimmt die überarbeitete Fassung des Europäischen Übereinkommens über die Gemeinschaftsproduktion von Kinofilmen.
Beschlossen wurde außerdem ein Abkommen zwischen Österreich und Israel, mit dem künftig die Nutzung und der Austausch digitaler Reproduktionen von Archivalien mit Bezug zum Holocaust zwischen einschlägigen Archiven möglich wird.
Hilfen für KünstlerInnen und KulturvermittlerInnen werden bis 2021 verlängert
Nachdem die Koalitionsfraktionen davon ausgehen, dass die bisherigen Beschränkungen aufgrund der COVID-19-Pandemie im Jahr 2021 nachwirken werden, haben die KultursprecherInnen von ÖVP und Grünen einen Initiativantrag eingebracht. Dieser enthält Änderungen zahlreicher Gesetze im Bereich der Kunst- und Kulturförderung, um die Verlängerung der bereits etablierten Instrumente zur Abfederung der coronabedingten Einnahmenausfälle von KünstlerInnen und KulturvermittlerInnen zu ermöglichen.
Damit der im Künstler-Sozialversicherungsfonds eingerichtete COVID-19-Fonds auch im Jahr 2021 Beihilfen gewähren kann, wird die derzeit vorgesehene Dotierung von bis zu 10 Mio. € auf bis zu 20 Mio. € erhöht. Im Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz (KuKuSpoSiG) wird gesetzliche Vorsorge getroffen, dass es 2021 noch zu pandemiebedingten Verschiebungen und Absagen von Veranstaltungen kommt. Daher soll die Gutscheinlösung verlängert werden und auch für das erste Halbjahr 2021 Anwendung finden. Ab dem zweiten Halbjahr soll sie nur noch in reduzierter Form für solche Veranstaltungen gelten, die als Ersatz für 2020 oder im ersten Halbjahr 2021 verschobene Veranstaltungen stattfinden sollten.
Die SPÖ und die FPÖ waren mit Teilen der geplanten Regelungen nicht zufrieden und verlangten daher eine getrennte Abstimmung. Die Zustimmung erfolgte in Zweiter Lesung daher teils einstimmig, teils mehrheitlich. In Dritter Lesung fiel die Zustimmung dann einhellig aus.
In der Kunst- und Kulturförderung gebe es zwar gute Ansätze, für freie KünstlerInnen fehle es aber an Lösungen, wie man ihnen Einnahmenaussätze ersetze, sagte Thomas Drozda (SPÖ). Auch die Agenturen, die KünstlerInnen betreuen, würden in weiterer Folge vor großen Problemen stehen, ebenso die Zulieferbetriebe für Kulturveranstaltungen. Große Kulturinstitutionen erhielten zwar ausreichende Unterstützung, doch sei nicht sichergestellt, dass diese Gelder auch zu den KünstlerInnen gelangen, kritisierte der SPÖ-Kultursprecher.
Eva Blimlinger (Grüne) konzedierte, dass es immer noch Problemfelder gebe, in denen es schwierig sei, die adäquate Förderung festzulegen. Die Koalition versuche, in allen Bereichen, die Drozda angesprochen habe, ihr Bestes zu geben und auch jene Gruppen zu erfassen, die noch Unterstützung brauchen. Die Vielzahl der Instrumente sei kein Nachteil, meinte Hermann Weratschnig (Grüne). Sie stelle vielmehr sicher, rasch und unbürokratisch geholfen werden könne, wo es notwendig sei.
Das Sammelgesetz mache seiner Fraktion eine umfassende Zustimmung schwer, sagte Volker Reifenberger (FPÖ). Eine zumindest kurze Begutachtung wäre sinnvoll gewesen, meinte er. Die Gutscheinlösung, die nun geplant werde, sei nicht sachgerecht. Vor allem lasse man damit die Kartenbüros im Stich. Mit einer Änderung im Kunstförderungsgesetz werde ein neuer Fonds geschaffen, zu dem noch keine Verordnung vorliege, und mit dem die Opposition „die Katze im Sack kaufen“ müsse.
Die Bundesregierung, die Kulturstaatssekretärin und auch das Parlament arbeite daran, die Kunst- und Kulturbranche gut durch die Krise zu bringen, betonte Maria Großbauer (ÖVP). Die Gutscheinlösung für Tickets sei wichtig, damit eine ausreichende Sicherheit für die Planung von Veranstaltungen im kommenden Jahr hergestellt wird. Österreich sei in der EU an der Spitze bei Unterstützungen für Kunst und Kultur, hielt sie der Kritik aus den Reihen der Opposition entgegen.
Staatssekretärin Andrea Mayer sah die Sammelnovelle als Grundlage dafür, dass auch im kommenden Jahr die notwendigen Hilfszahlungen geleistet werden können. Mit der Überbrückungsfinanzierung bei der SVS und dem im Künstler-Sozialversicherungsfonds eingerichteten COVID-19-Fonds verfüge man über wichtige Instrumente zur Unterstützung von KünstlerInnen. Diese werden nun mit weiteren Mitteln ausgestattet. Mit Änderungen im Kunstförderungsgesetz sollen ein weiteres innovatives Instrument geschaffen, das mit 10 Mio. € dotiert werde. Sie erhoffe sich davon, dass nun jene Bereiche, die bisher keine Unterstützung in Anspruch nehmen konnten, die aber für das Funktionieren des Kulturlebens eine Schlüsselrolle spielen, abgesichert werden können. Die Kritik an der Gutscheinlösung könne sie teilweise nachvollziehen, sie sehe die Maßnahme aber als alternativlos. Vehement verwahrte Mayer sich gegen die Bezeichnung der Unterstützungen für KünstlerInnen als „Almosen“. Die Bundesregierung bemühe sich, allen in der Kunst- und Kulturbranche Tätigen adäquat zu helfen und werde auch weiterhin helfen, betonte die Staatssekretärin.
Keine Zustimmung für SPÖ-Forderungen zu COVID-19-Hilfen für Kunst und Kultur
Mittels drei Initiativanträgen wollte die SPÖ jenen helfen, die von den Hilfsmaßnahmen nicht umfasst sind. Die Anträge fanden aber keine Mehrheit Eine Reparatur der Richtlinien des NPO-Fonds hält SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda für notwendig, damit gemeinnützige Kulturinstitutionen, die aufgrund der Corona-Pandemie in einer Notlage sind, auch tatsächlich aus diesem Fonds Unterstützung erhalten. Drozda kritisiert „praxisferne Berechnungsmethoden“ in den Richtlinien, die gemeinnützige Organisationen schlechter stellen würden als gewinnorientierte.
Die aktuelle Regelung des Umsatzersatzes will Drozda ebenfalls ändern. Man müsse dafür Sorge zu tragen, dass vom 80-prozentigen Umsatzersatz im Lockdown auch freie Kunst- und Kulturschaffende sowie Zulieferer von Veranstaltern profitieren, fordert er. In einem weiteren Entschließungsantrag fordert Drozda eine Anlaufstelle im Sinne eines One-Stop-Shops für KünstlerInnen und Kulturinstitutionen. Die im Ressort des Kulturministers angesiedelte Stelle solle COVID-19-Hilfen direkt vergeben.
Volker Reifenberger (FPÖ) hielt die Anträge der SPÖ für sinnvoll und bedauerte, dass sie von den Regierungsfraktionen abgelehnt werden.
Grundsätzlich anerkenne er das Bemühen von Staatssekretärin Mayer, betonte Josef Schellhorn (NEOS). Bedauerlich sei jedoch, dass sich die Arbeit im Kulturausschuss nicht wesentlich geändert habe. Viele gute Anträge der Opposition würden weiterhin von der Koalition grundsätzlich vertagt, anstatt sie im Plenum diskutieren zu lassen.
Hans Stefan Hintner (ÖVP) verteidigte die Praxis, im Ausschuss auch Anträge zu vertagen. Er teile das Anliegen, KünstlerInnen zu unterstützen. Grundsätzlich seien freie KünstlerInnen aber eben definitionsgemäß frei, er wende sich gegen eine „Vollkasko-Mentalität“.
Österreich tritt revidiertem Übereinkommen über die Gemeinschaftsproduktion von Kinofilmen in Europa bei
Seit 1995 beteiligt sich Österreich am vom Europarat beschlossenen Europäischen Übereinkommen über die Gemeinschaftsproduktion von Kinofilmen. Bei Erfüllung bestimmter Bedingungen sind damit Gemeinschaftsproduktionen von Kinofilmen, die vorher von den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten genehmigt wurden, nationalen Filmen gleichgestellt. Damit besteht für sie Anspruch auf dieselben Vergünstigungen. Außerdem regelt das Übereinkommen Einzelheiten zu Koproduktionsanteilen, Eigentumsrechten, der Ausgewogenheit der Investitionen und zum Zugriff der Vertragsparteien auf das fertige Filmwerk.
Einstimmig sprach sich der Nationalrat für eine revidierte Fassung des Übereinkommens aus. Sie soll grundlegenden Veränderungen der Filmindustrie Rechnung tragen, die seit seiner Formulierung im Jahr 1992 erfolgt sind. Die aktualisierte Fassung führt den Gedanken der „offiziellen internationalen Gemeinschaftsproduktion“ ein und enthält eine Anpassung der Koproduktionsanteile, um den Koproduktionspartnern die Beteiligung an offiziellen Gemeinschaftsproduktionen zu erleichtern. Weitere Bestimmungen beziehen sich auf die Sicherstellung der Überwachung und des Austausches der besten Praxis im Hinblick auf die Anwendung des Übereinkommens. Zudem soll durch die Aktualisierung des Anerkennungsverfahrens die Arbeit der für die Anwendung des Übereinkommens zuständigen Stellen erleichtert werden.
Eva Blimlinger (Grüne) sah es als positiv, dass das Übereinkommen künftig auch Nichtmitgliedstaaten des Europarats offensteht. Erfolgreiche österreichische Kinofilme seien mit Unterstützung des Europarats entstanden.
Christian Lausch (FPÖ) sah in dem Abkommen ebenfalls deutliche Vorteile. Die Sinnhaftigkeit der Anpassung des Abkommens an neue technische Entwicklungen unterstrich auch Maria Smodics-Neumann (ÖVP). Österreichischen Filmschaffenden eröffne sich über Koproduktionen ein größerer Markt. Sie erinnerte auch daran, dass viele vor- und nachgelagerte Unternehmen von der Filmindustrie mit Aufträgen betraut werden und daher von dem Gesetz profitieren.
Abkommen Österreich-Israel ermöglicht Austausch von digitalisierten Archivalien mit Yad Vashem
Ein neues Abkommen zwischen Österreich und Israel soll ermöglichen, dass die Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem einerseits und das Österreichische Staatsarchiv sowie die KZ-Gedenkstätte Mauthausen/Mauthausen Memorial andererseits von ihnen erstellte Digitalisate von Archivalien zum Zweck der weiteren wissenschaftlichen Nutzung austauschen können. Im Mittelpunkt stehen dabei die umfangreichen Bestände der genannten Einrichtungen mit Holocaust-Bezug. Bisher war von Seiten Österreichs aufgrund des Bundesarchivgesetzes und datenschutzrechtlicher Vorgaben eine Weitergabe digitaler Reproduktionen von Archivalien nicht erlaubt.
Das Abkommen wurde als besonderes Zeichen des Gedenkens am 8. Mai 2019, dem Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges und der Befreiung vom Nationalsozialismus in Wien unterzeichnet. Damit vereinbarten Österreich und Israel den wechselseitigen Zugang zu relevanten Archivalien für ausgewählte ForscherInnen sowie die Herstellung von Digitalisaten, damit diese für Forschungszwecke und zur Veröffentlichung genutzt werden können. Für das Inkrafttreten des Abkommens ist die Zustimmung des Nationalrats erforderlich.
Der Austausch von Archivalien habe schon vor zwei Jahrzehnten begonnen. Nun erweitere man ihn auch auf Digitalisate, zu denen einige Datenschutzfragen geklärt werden mussten, erläuterte Eva Blimlinger (Grüne). Seitens der SPÖ begrüßte Harald Troch das Abkommen. Hier gehe es um die wichtige gemeinsame Aufarbeitung eines finsteren Kapitels der Vergangenheit.
Christian Lausch (FPÖ) erinnerte daran, dass das Abkommen zwischen Österreich und Israel noch während der ÖVP-FPÖ-Koalition abgeschlossen wurde. Seine Fraktion stimme selbstverständlich zu. Martin Engelberg (ÖVP) betonte, dass Österreich erfreulicherweise seit einigen Jahren einen deutlichen Beitrag zu Arbeit von Yad Vashem leiste. Die Besonderheit dieser Gedenkstätte bestehe darin, dass sie viele Namen von Opfern bewahren, die sonst vergessen wären. Der einstimmige Beschluss zu dem Abkommen sei ein erfreuliches Zeichen, wie er es sich öfter wünschen würde, sagte Engelberg in Richtung FPÖ. (Fortsetzung Nationalrat) sox
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