Wirtschaftsausschuss beschließt mehrheitlich Regeln für Ökologisierung der Netzreserve in der Stromversorgung | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Wirtschaftsausschuss beschließt mehrheitlich Regeln für Ökologisierung der Netzreserve in der Stromversorgung

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Wien (PK) – Eine Mehrheit aus ÖVP, Grünen und NEOS fand heute im Wirtschaftsausschuss neue Regelungen im Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz. Neben mehr Flexibiliät bei der Herstellung der Netzstabilität soll auch erreicht werden, dass erneuerbare Energie künftig einen größeren Beitrag leisten zur Netzreserve, die einen gesicherten Stromnetzbetrieb auch im Fall von Engpässen sicherstellt. Damit wurde ein Aspekt des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes vorgezogen, das sich noch in Ausarbeitung befindet.

Ebenso wurden mit breiter Mehrheit in der Fassung eines Abänderungsantrags von ÖVP und Grünen eine Novelle zum Ökostromgesetz und KWK-Gesetz angenommen, mit der die Inbetriebnahmefristen für geförderte Ökostromanlagen erstreckt werden. Damit sollen coronabedingte Verzögerungen berücksichtigt werden. Die SPÖ stimmte der Novelle nicht zu. Sie hatte einen eigenen Abänderungsantrag eingebracht, der jedoch keine Mehrheit fand.

Den Bericht zu Energieverbrauch und Energieeffizienz für das Jahr 2019 nahmen die Abgeordneten einstimmig zur Kenntnis. Mehrere Anträge der SPÖ zu Energiethemen wurden mit der Mehrheit von ÖVP und Grünen im Ausschuss vertagt.

Netzreserve soll Stromversorgung absichern

Mit Mehrheit passierte eine Regierungsvorlage den Ausschuss mit Bestimmungen zur Neuregelung der Netzreserve, die den sicheren Betrieb des Stromnetzes gewährleistet (471 d.B.). Hintergrund ist, dass im österreichischen Stromnetz zunehmend Netzengpässe entstehen. Eine Novelle zum Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz soll nun laut Bundesministerin Leonore Gewessler den dynamischen energiewirtschaftlichen Veränderungen effizient und kostengerecht Rechnung tragen. Vor allem sollen erneuerbare Energien in Zukunft für die Netzreserve eine größere Rolle spielen, betonte die Ministerin. Auf verschiedenen Ebenen würden ökologische Kriterien berücksichtigt und für die Netzreserve Erzeugungsanlagen nur dann als geeignet eingestuft werden, wenn ihre Emissionen nicht mehr als 550 Gramm CO2 je kWh Elektrizität betragen und keine radioaktiven Abfälle entstehen.

NEOS-Abgeordneter Josef Schellhorn meinte, nachdem die Netzreserve Teil des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) hätte werden sollen, das nun auf sich warten lasse, hätte er sich hier mehr Ambition erwartet, etwa in Hinblick auf die Einbeziehung von Speicherenergie. Auch Alois Schroll (SPÖ) und Axel Kassegger (FPÖ) zeigten Unverständnis, dass das EAG weiter auf sich warten lasse. Schroll wollte auch KWK-Anlagen bei der Netzreserve berücksichtigen. Er denke, dass bis zur Plenardebatte noch einige Änderungen erfolgen könnten. Man müsse aber mit der Opposition auch entsprechend verhandeln. Lukas Hammer (Grüne) und Tanja Graf (ÖVP) betonten, dass sie bereit seien, über sinnvolle Ergänzungen der Regelungen zu sprechen. Einige Punkte seien aber EU-rechtlich heikel, sagte Hammer. Man müsse sicherstellen, dass das Gesetz auch EU-rechtlich hält.

Bundesministerin Gewessler betonte, dass mit der Novelle sehr wohl große Schritte gesetzt würden. So müssten Netzbetreiber den Bedarf an vorzuhaltender Leistung mit einer Systemanalyse ermitteln. Auch werde nun Industriebetrieben ermöglicht, an der Netzstabilisierung teilzunehmen. Hier müsse aber auch der EU-Rechtsrahmen für Beihilfen berücksichtigt werden. Gerade in der Frage der Beteiligung von KWK-Anlagen sei die EU-Kommission sehr kritisch, sagte sie in Richtung von SPÖ-Abgeordnetem Schroll.

Corona: Erstreckung von Inbetriebnahmefristen für Ökostromanlagen

Um den Erhalt der Förderbarkeit für Ökostromanlagen und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen für den Fall von Verzögerungen aufgrund der Corona-Pandemie geht es in einer Regierungsvorlage mit Änderungen zum Ökostromgesetz und KWK-Gesetz (476 d.B.). Aufgrund der Corona-Pandemie haben zahlreiche Betriebe ihren Geschäftsgang und ihre Produktion eingestellt oder heruntergefahren, heißt es in der Vorlage. Daher komme es bei der Errichtung und Inbetriebnahme von Ökostromanlagen sowie Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung zu Verzögerungen, die im schlimmsten Fall zum Verlust der Förderung führen könnten. Aus diesem Grund sollen Inbetriebnahmefristen, die in weniger als einem Jahr enden, verlängert werden, erläuterte Tanja Graf (ÖVP). Die Änderungen wurden von allen Parteien außer der SPÖ unterstützt.

Für die Inbetriebnahme von Ökostromanlagen, die mittels Einspeisetarif oder mittels Investitionszuschuss gefördert werden, werden die entsprechenden Fristen um zwölf Monate verlängert. Bei den KWK-Anlagen, die mittels Investitionszuschuss gefördert werden, sollen es sechs Monate sein. Darüber hinaus sollen auch Fristen für die Inbetriebnahme von Photovoltaikanlagen, die zwischen 3. November und 31. Dezember 2020 zu laufen beginnen, um sechs Monate verlängert werden. Mit einem Abänderungsantrag der Koalition wurde ergänzt, dass betreffend Einreichung der Förderanträge für Photovoltaikanlagen die Reihung nach Investitionsbedarf auf das Jahr 2021 verlängert wird.

Alois Schroll (SPÖ) brachte einen Abänderungsantrag seiner Fraktion ein. Die Änderung des Ökostromgesetzes sollte dazu genützt werden, um GIS-befreite Haushalte automatisch vom Ökostromförderbeitrag zu befreien. Der Antrag wurden nur von SPÖ und NEOS unterstützt und blieb damit in der Minderheit.

Bericht für das Jahr 2019 über Entwicklung bei Energieverbrauch und Energieeffizienz

Laut dem Bericht betreffend Stand der Umsetzung des Bundes-Energieeffizienzgesetzes (EEffG) in Österreich für das Jahr 2019 ist einer Absenkung des Gesamtenergieverbrauchs auf 1.050 PJ für das Jahr 2020 unwahrscheinlich (III-154 d.B.). Zuletzt lag der Endenergieverbrauch in Österreich laut Energiebilanz der Statistik Austria für das Jahr 2017 bei 1.141 PJ und für das Jahr 2018 bei 1.126 PJ. Die wesentliche Dämpfung des Gesamtenergieverbrauchs, die man anstrebe, sei damit heuer nicht in Sicht, teilte Bundesministerin Leonore Gewessler mit.

Zwar werde das kumulative Energieeffizienzziel in der Höhe von 310 PJ im Zeitraum von 2015 bis 2020 erreicht, dieser Erfolg sei aber nicht nachhaltig abgesichert. Insgesamt wurden mit Stand 30. Oktober 2019 für 1.633 große Unternehmen Energieaudits durchgeführt. 373 dazu verpflichtete Unternehmen hätten diese noch nicht durchgeführt, teilte Gewessler auf Nachfrage von SPÖ-Abgeordneter Petra Oberrauner dem Ausschuss mit. In 61% aller gemeldeten Energieaudits sei ein Energieeinsparpotenzial in Unternehmen zwischen 1% und 10% ausgewiesen worden. Der Bereich Transport weise verhältnismäßig hohe durchschnittliche Einsparpotenziale zwischen 5% und 20% auf. In Energieaudits mit Einsparpotenzialen von mehr als 20% seien vor allem Gebäudemaßnahmen relevant, erfuhren die Abgeordneten.

Lukas Hammer (Grüne) sagte, die große Herausforderung werde sein, längerfristig Energieverbrauch und Wirtschaftswachstum zu entkoppeln. Alex Kassegger (FPÖ) hinterfragte die Möglichkeiten einer solchen Entkoppelung. Alois Schroll (SPÖ) kritisierte das Fehlen von Energieeffizienzzielen für 2021. Josef Schellhorn (NEOS) vermisste Lenkungsmaßnahmen, die Energieeffizienz fördern. Die Normverbrauchsabgabe könne jedenfalls alleine keinen Lenkungseffekt erzielen.

Bundesministerin Gewessler merkte an, dass sich in der abgelaufenen Periode 2015 bis 2020 der angestrebte Markt für Energieeffizienz nicht entwickelt habe. Daher werde das Energieeffizienzgesetz für eine neue Periode angepasst und mit neuen Maßnahmen versehen werden. Die NOVA werde nur ein Teil der Lenkungsmaßnahmen sein, betonte Gewessler gegenüber Schellhorn. Sie hoffe, den Entwurf bereits kommende Woche in Begutachtung schicken zu können, erfuhr Abgeordneter Schroll. Wichtig werde sein, eine angemessene Übergangsphase festzulegen. Allerdings werde es nicht möglich sein, dass Unternehmen die Maßnahmen der abgelaufenen Periode noch angerechnet werden, teilte die Ministerin Abgeordneter Tanja Graf (ÖVP) mit. In der Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch werde die Dekarbonisierung eine wesentliche Rolle spielen. So könne man beispielsweise mit der Elektrifizierung des Verkehrssystems CO2-Reduktion und eine effektivere Energienutzung bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Wirtschaftsniveaus erzielen.

SPÖ mahnt zeitgemäße Grundlagen für Energieinfrastrukturverfahren ein

Einige SPÖ-Entschließungsanträge zu Energiethemen wurden schließlich vertagt, so der Antrag von Cornelia Ecker (SPÖ), die auf zeitgemäße Grundlagen für Energieinfrastrukturverfahren drängt. Hintergrund des Anliegens seien Probleme bei der Errichtung von Hochspannungsleitungen, bei denen die Einbindung der Bevölkerung als mangelhaft empfunden wurde (153/A(E)). Zur besseren Einbindung der Bevölkerung und zur Stärkung der Planungssicherheit für Projektwerber will die SPÖ eine Umsetzung der EU-Richtlinie betreffend die strategische Umweltprüfung vor allem hinsichtlich von Vorhaben auf dem Energiesektor und Änderungen des Starkstromwegerecht. Tanja Graf (ÖVP) merkte an, dass die von der SPÖ geforderten Aspekte im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz berücksichtigt werden sollen, und sprach sich für die Vertagung aus.

SPÖ drängt auf mehr Mittel für den Fernwärmeausbau

Vertagt wurde auf Antrag von Lukas Hammer (Grüne) auch der Antrag der SPÖ auf eine höhere Budgetierung des Fernwärmeausbaus. Seine Fraktion appellierte an Bundesministerin Gewessler, im Sinne der Erreichung der Klima- und Energieziele eine kontinuierliche und ausreichende Finanzierung des Fernwärme- und Kälteleitungsausbaus sicherzustellen und dafür zu sorgen, dass bereits vorliegende Förderanträge nach den aktuell gültigen Kriterien genehmigt werden, sagte SPÖ-Abgeordneter Schroll (834/A(E)). Hammer meinte, dass der Ausbau der Fernwärme ein wichtiges Ziel sei, es gebe aber auch die Herausforderung, sie zu dekarbonisieren.

Corona-Krise: SPÖ fordert Hilfsfonds für gestundete Energiekosten von HaushaltskundInnen

Rund 1,5 Millionen Bürgerinnen und Bürger seien durch die Corona-Krise von vorübergehender oder dauerhafter Reduzierung ihres Einkommens betroffen, zeigt die SPÖ in einem Entschließungsantrag auf (918/A(E)). Schroll zufolge fehlt bisher ein Hilfsfonds für gestundete Energiekosten von HaushaltskundInnen, damit es zu Beginn der Heizsaison zu keinen Abschaltungen kommt. Hammer (Grüne) meinte, das Thema könnte allenfalls mit der geplanten Novellierung des Energieeffizienzgesetzes aufgegriffen werden. (Fortsetzung Wirtschaftsausschuss) sox/mbu

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