Coronavirus: Schwangere Beschäftigte in Berufen mit Körperkontakt werden freigestellt | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Coronavirus: Schwangere Beschäftigte in Berufen mit Körperkontakt werden freigestellt

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Wien (PK) – Schwangere, die bei der Arbeit physischen Kontakt mit anderen Personen haben, sind künftig ab Beginn der 14. Schwangerschaftswoche bei voller Lohnfortzahlung freizustellen. Das hat der Sozialausschuss des Nationalrats heute auf Initiative der Koalitionsparteien mit breiter Mehrheit beschlossen. Lediglich die NEOS stimmten gegen die Gesetzesnovelle. Voraussetzung für die Freistellung ist, dass weder eine Änderung der Arbeitsbedingungen noch die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes ohne Körperkontakt möglich ist. Der Arbeitgeber erhält im Gegenzug die Lohnkosten, inklusive Lohnnebenkosten, von der Krankenversicherung ersetzt. Gelten soll die Regelung vorerst bis 31. März 2021.

In den Erläuterungen zum Antrag wird darauf hingewiesen, dass beispielsweise Friseurinnen, Stylistinnen, Kosmetikerinnen, Physiotherapeutinnen und Kindergärtnerinnen von der Regelung profitieren. Auch Lehrerinnen können demnach teilweise betroffen sein. Ein fallweises Berühren während der Arbeit sei aber nicht umfasst. Erstattet werden dem Arbeitgeber die Kosten bis zur ASVG-Höchstbeitragsgrundlage, keinen Erstattungsanspruch gibt es für den Bund, politische Parteien und sonstige juristische Personen öffentlichen Rechts wie Sozialversicherungsträger oder Kammern.

Begründet wird die Freistellung mit neuen medizinischen Erkenntnissen, denen zufolge Schwangere, die an COVID-19 erkrankt sind, häufiger auf der Intensivstation aufgenommen werden müssen. Das zeichne sich vor allem bei fortgeschrittener Schwangerschaft ab. Mit der Freistellung könne das Risiko einer Ansteckung minimiert werden, heben Norbert Sieber und Markus Koza hervor. Allerdings solle die Freistellung nur in unbedingt notwendigen Fällen erfolgen, wird in den Erläuterungen zur Initiative betont. Technisch eingearbeitet wurden die neuen Bestimmungen in einen Antrag der Koalitionsparteien (1104/A), der ursprünglich lediglich redaktionelle Adaptierungen enthielt.

Ebenfalls den Sozialausschuss passiert hat eine Novelle zum Ausbildungspflichtgesetz. Demnach werden die Meldetermine für Schulen über Neu- und Abgänge von jährlich vier auf drei reduziert und neu festgelegt. Anträge der Opposition fanden keine Mehrheit bzw. wurden vertagt. Unter anderem ging es dabei um die Bezahlung und sozialversicherungsrechtliche Absicherung von Menschen in Behindertenwerkstätten, die Ausweitung des Rechtsanspruchs auf Sonderbetreuungszeit und zusätzliche Arbeitspausen für Beschäftigte, die Masken tragen müssen.

4.500 Beschäftigte könnten von neuen Schutzmaßnahmen profitieren

Ausdrücklich begrüßt wurde die Novelle zum Mutterschutzgesetz nicht nur von Ralph Schallmeiner (Grüne) und Gertraud Salzmann (ÖVP), sondern auch von SPÖ-Abgeordneter Gabriele Heinisch-Hosek. Das Vorhaben bilde zwar nicht ganz das ab, was sich die SPÖ gewünscht hätte, sagte sie, es sei aber zumindest ein halber Schritt in die richtige Richtung.

Kritik kam hingegen von den NEOS, die auch als Einzige gegen die Novelle stimmten. Fiona Fiedler und Gerald Loacker sehen nicht ein, dass die Freistellung in jedem Fall vorzunehmen ist und betroffene Schwangere keine Wahlfreiheit haben. Jede Frau solle selbst entscheiden können, sagte Fiedler. Loacker machte zudem darauf aufmerksam, dass die Befristung der Bestimmungen mit 31. März dazu führe, dass es für Betroffene, die die 14. Schwangerschaftswoche erst im März erreichen nur eine sehr kurze Freistellung geben werde und sie ab Anfang April wieder zu Arbeit gehen müssten. „Diesem Pfusch können wir nicht zustimmen“, meinte er.

Arbeitsministerin Christine Aschbacher hielt den NEOS entgegen, dass man die Novelle im Frühjahr zeitgerecht evaluieren werde. Ihr zufolge könnten bis zu 4.500 Arbeitnehmerinnen von diesem Schutz profitieren. Zum Thema Wahlfreiheit merkte ÖVP-Abgeordnete Salzmann an, es sei wichtig, werdende Mütter und die ungeborenen Kinder zu schützen.

Ein weitergehender Antrag der SPÖ zum besseren Schutz von schwangeren Beschäftigten war vom Ausschuss bereits davor mehrheitlich abgelehnt worden.

Ausbildungspflicht für Jugendliche: Nur noch drei Meldetermine für Schulen

Bereits 2016, unter der damaligen rot-schwarzen Regierung, hat das Parlament eine Ausbildungspflicht für Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr beschlossen. Demnach sind Jugendliche angehalten, eine sonstige Ausbildung zu machen, wenn sie weder eine Schule besuchen noch eine Lehre absolvieren. Um zu verhindern, dass einzelne Jugendliche durch das Auffangnetz fallen, sind Schulen verpflichtet, Abgänge bzw. Neuzugänge regelmäßig zu melden. Bisher sind vier Meldetermine normiert, diese sollen im Sinne einer bürokratischen Entlastung nunmehr mit einer Gesetzesnovelle (466 d.B.) auf drei Stichtage reduziert und mit 1. März, 10. Juni und 10. November neu festgelegt werden. Gleichzeitig wird die bereits bestehende Praxis der Abgabe von Leermeldungen gesetzlich verankert.

Eine weitere Bestimmung greift geplanten Änderungen im Bildungsdokumentationsgesetz vor. Demnach sollen die Schulen bei ihren Meldungen anstelle der Sozialversicherungsnummer auch -verschlüsselte – bereichsspezifische Personenkennzeichen (bPK) verwenden können. Davon erwartet sich die Regierung Verbesserungen beim Datenschutz.

Auch diese Gesetzesnovelle erhielt die Unterstützung aller Fraktionen mit Ausnahme der NEOS. Die Ausbildungspflicht habe sich bewährt, sagte Sibylle Hamann (Grüne). Zudem wies sie auf die geplanten Änderungen im Bildungsdokumentationsgesetz hin, von denen sie sich eine bessere statistische Basis im Bildungsbereich erwartet. Bettina Zopf (ÖVP) hob die vorgesehenen Verwaltungsvereinfachungen hervor.

SPÖ pocht auf 15-minütige Maskenpausen nach zwei Stunden Arbeit

Im Ausschuss zur Diskussion stand darüber hinaus die Forderung der SPÖ nach regelmäßigen Maskenpausen für ArbeitnehmerInnen, die verpflichtet sind, während der Arbeit einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen (872/A). Es gehe nicht unbedingt darum, die Pausen auszuweiten, sagten Alois Stöger und Josef Muchitsch, nach jeweils zweistündiger Tragedauer sollten Beschäftigte aber die Möglichkeit haben, die Maske für 15 Minuten abzulegen. Man müsse etwas für die vielfach beklatschten „HeldInnen der Arbeit“ tun, sind sie sich einig.

Der Antrag wurde von den Koalitionsparteien allerdings mit der Begründung vertagt, dass es zweckmäßig sei, die Frage auf Sozialpartnerebene zu lösen. Es werde für unterschiedliche Bereiche unterschiedliche Vereinbarungen geben müssen, meinte Bettina Zopf (ÖVP).

FPÖ urgiert Mindestlohn für Beschäftigte in Behindertenwerkstätten

Neuerlich vertagt wurde auch ein Entschließungsantrag der FPÖ (381/A(E)) zur Einführung eines verpflichtenden Mindestlohns und einer damit verbundenen vollen Sozialversicherungspflicht für Beschäftigte in Behindertenwerkstätten. Derzeit würden viele Betroffene lediglich ein Taschengeld erhalten, kritisieren Dagmar Belakowitsch und Norbert Hofer. Dies sei weder wertschätzend noch entspreche es der tatsächlichen Abgeltung der dort geleisteten Arbeit.

Der Forderung schlossen sich im Ausschuss auch Fiona Fiedler (NEOS) und Verena Nussbaum (SPÖ) an. Es sei Zeit, endlich „ins Tun zu kommen“ und einen entsprechenden Passus im Regierungsprogramm umzusetzen, meinten sie. Michael Schnedlitz (FPÖ) machte auf die schwierige Lage für Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt aufmerksam und zeigte sich überzeugt, dass es möglich wäre, in integrativen Betrieben mehr behinderte Menschen bei vollem Lohn zu beschäftigen, wenn man die Ausgleichstaxfonds-Quote erhöhen würde.

Anschober will Zahl der geförderten Arbeitsplätze in integrativen Unternehmen erhöhen

Von Seiten der Regierungsparteien wiesen sowohl die Abgeordneten Norbert Sieber (ÖVP) und Heike Grebien (Grüne) als auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober auf die eingesetzte Taskforce zu dieser Frage hin. Es habe im September bereits den zweiten Runden Tisch zu diesem Thema unter Einbindung der Betroffenen gegeben, hob Anschober hervor. Eigentlich hätte das Vorhaben ihm zufolge Gegenstand bei den kommenden Finanzausgleichsverhandlungen sein sollen, durch deren Verschiebung müsse man nun aber eine anderen Lösungsweg suchen. Auch eine Ausweitung des Jugendcoachings in Arbeitswerkstätten für Menschen mit Behinderung ist laut Anschober in Planung. Für Sieber und Grebien ist es wichtig, dass das bestehende Sicherheitsnetz für Beschäftigte in Behindertenwerkstätten nicht verloren geht. Man müsse aufpassen, dass im Endeffekt nicht Verschlechterungen herauskommen, sagte Grebien.

Bei den Einnahmen des Ausgleichstaxfonds erwartet Anschober heuer nach aktuellem Stand ein Minus von 4 Mio. € gegenüber 2019. Bis zum Jahresende werden sich die Einnahmen demnach auf 156 Mio. € belaufen. Man habe im Zuge der Budgetberatungen aber eine Sonderdotierung des Fonds um jeweils 40 Mio. € in den nächsten beiden Jahren beschlossen, hielt Anschober fest. Die Zahl der geförderten Arbeitsplätze in integrativen Unternehmen soll laut Anschober im nächsten Jahr von 1.700 auf 2.000 ausgeweitet werden, die Zahl der Lehrstellen von 130 auf 200.

Laut Arbeitsministerin Christine Aschbacher konnten zwischen Oktober 2019 und Juni 2020 5.500 Menschen mit Behinderung in Beschäftigungsverhältnisse vermittelt werden. Die Arbeitslosigkeit in dieser Gruppe sei im Oktober 2020 um 9,7% über dem Vergleichszeitraum des Vorjahrs gelegen. Damit sei sie aber weniger stark gestiegen als die Arbeitslosigkeit generell.

Pflege und Betreuung: FPÖ pocht auf Einrichtung einer Genossenschaft

Was die Forderung der FPÖ nach Einrichtung einer bundesweiten Genossenschaft für Pflege und Betreuung betrifft (790/A(E)), wies Ralph Schallmeiner (Grüne) darauf hin, dass man im Bereich Pflege mitten im Reformprozess stehe. In diesem Sinn mache es wenig Sinn, von Vornherein „Pflöcke einzuschlagen“, meinte er. Auch Rebecca Kirchbaumer (ÖVP) wandte sich dagegen, zum jetzigen Zeitpunkt Beschlüsse zu fassen, wiewohl sie dem Vorschlag etwas abgewinnen könne.

Begründet wird die Forderung von der FPÖ damit, dass man Betroffene und Angehörige stark entlasten würde, würde man sie von administrativen Pflichten wie Anmeldung und Lohnabrechnung für 24-Stunden-Betreuungskräfte befreien. Zudem würde eine Genossenschaft mehr Flexibilität bei der Betreuung ermöglichen. Die 24-Stunden-Betreuung sei „sehr starr“, bemängelte Dagmar Belakowitsch. SPÖ-Abgeordnete Verena Nussbaum bezweifelt hingegen, dass eine zusätzliche Struktur notwendig wäre. Es gebe bereits viele Pflegeangebote, unterstrich sie. Der Antrag wurde schließlich vertagt.

SPÖ fordert erweiterten Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit

Vom Ausschuss abgelehnt wurden zwei Anträge der SPÖ (1083/A, 1082/A(E)), die auf eine Ausweitung des erst vergangene Woche vom Nationalrat beschlossenen Rechtsanspruchs auf Sonderbetreuungszeit abzielen. Demnach sollen Eltern dieses Instrument auch dann ohne Zustimmung des Arbeitgebers nutzen können, wenn die Schulen während eines Lockdowns Betreuung, aber keinen regulären Unterricht anbieten. Schließlich sei klar, dass die aktuelle Umstellung auf Distance-Learning eine teilweise behördliche Schulschließung darstellt, argumentiert Gabriele Heinisch-Hosek. Zudem ist es ihr und ihrem Fraktionskollegen Christian Drobits ein Anliegen, dass Sonderbetreuungszeit auch dann in Anspruch genommen werden darf, wenn ArbeitnehmerInnen mit schwerkranken Angehörigen in einem Haushalt leben.

Mit unterstützt wurden die Anträge allerdings lediglich von der FPÖ. Es gebe bei der Sonderbetreuungszeit Lücken, schloss sich Dagmar Belakowitsch den Argumenten der SPÖ an. Zudem nutzten sie und NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker die Debatte dazu, um die Kritik ihrer Parteien an den Schulschließungen zu erneuern. Viele Kinder würden zu Hause nicht die notwendige Unterstützung erhalten und auf der Strecke bleiben, warnte Belakowitsch.

Sibylle Hamann (Grüne) hielt der Forderung der SPÖ entgegen, dass die derzeitige Situation mit jener im Frühjahr nicht vergleichbar sei. Anders als damals werde in den Schulen nicht nur Betreuung angeboten, sondern auch Lernbegleitung, machte sie geltend. Das werde von vielen auch angenommen. Auch Maria Theresia Niss (ÖVP), Gertraud Salzmann (ÖVP) und Ralph Schallmeiner (Grüne) betonten, dass die Schulen derzeit offen seien.

Sowohl Salzmann als auch Arbeitsministerin Christine Aschbacher hoben zudem hervor, dass es weiterhin möglich sei, Sonderbetreuungszeit mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren. Es sei ein Balance-Akt, meinte Aschbacher: Diejenigen, die die Betreuung und Lernbegleitung in den Schulen brauchten, sollten aber das Gefühl haben, ihre Kinder in einem vertrauten Umfeld gut betreut zu wissen. (Fortsetzung Sozialausschuss) gs

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