Unterschiedliche Berechnungsmethoden erschweren EU-weit Kostenvergleiche in öffentlichen Gesundheitssystemen
Wien (OTS) – Um optimale Entscheidungen in der Finanzierung des öffentlichen Gesundheits- und Sozialwesens in Europa treffen zu können, sind objektivierbare Kostendaten erforderlich. In Österreich fehlen standardisierte Informationen, die abseits von Tarifkatalogen und Erstattungslisten die kostenrechnerischen Ressourceneinsätze für einzelne Leistungen abbilden. Im Rahmen einer im Topjournal Value in Health publizierten Studie hat ein Team um Judit Simon, Leiterin der Abteilung für Gesundheitsökonomie der MedUni Wien (Zentrum für Public Health der MedUni Wien), erstmals internationale und österreichische Berechnungsmethoden anhand der Kosten einer Konsultation von AllgemeinmedizinerInnen miteinander verglichen.
Das öffentliche Gesundheitswesen wird europaweit durch Ausgaben für die Therapie chronischer und psychischer Erkrankungen sowie Multimorbidität immer mehr belastet. Es ist allerdings unmöglich, diese Kosten sektorenübergreifend und international miteinander zu vergleichen, weil es bis dato keinen Goldstandard für Kalkulationsmethoden gibt. Damit sind auch gesundheitsökonomische Evaluationen erschwert durchführbar.
Seit 2018 läuft das von der EU finanzierte Projekt PECUNIA, in dessen Rahmen standardisierte Methoden für die Ermittlung von Kosten-und die Bewertung von Outcome-Daten für eine optimale Gesundheitsversorgung in der EU entwickelt werden sollen. Koordiniert wird das Programm von Judit Simon, Leiterin der Abteilung für Gesundheitsökonomie des Zentrums für Public Health der MedUni Wien. In diesem Zusammenhang führte ein Team um Judit Simon und Susanne Mayer nun eine Studie zum systematischen Vergleich von verschiedenen etablierten Berechnungsweisen und deren Auswirkungen auf die nationalen Kostenschätzungen durch.
Dafür wurde als Beispiel der Kostensatz für eine Konsultation bei AllgemeinmedizinerInnen gewählt. Zum Einsatz kamen sechs verschiedene Methoden zur Berechnung, drei österreichische und je eine aus den Niederlanden, Großbritannien und Deutschland. Einer der drei österreichischen Datensätze war die frei zugängliche DHE-Referenzkostendatenbank, die jährlich aktualisierte Kosteninformationen aus zuvor veröffentlichten gesundheitsökonomischen Studien sammelt und synthetisiert, die anderen waren die publizierten Empfehlungen der Ärztekammern sowie Informationen aus den Tarifkatalogen mehrerer Krankenkassen.
Es stellte sich heraus, dass – bei Anwendung der deutschen Top-down-Methode und den Empfehlungen der Ärztekammern – die durchschnittlichen Kosten für das Gesundheitssystem pro Besuch beim/bei der AllgemeinmedizinerIn in Österreich (im Jahr 2015) zwischen 15,6 Euro und 42,6 Euro schwankten. Bei Anwendung der niederländischen Top-down-Methode und der britischen Bottom-up-Methode ergaben sich Kosten zwischen 25,3 Euro und 29,8 Euro. Die Variationsbreite beträgt insgesamt 173 Prozent.
Es zeigte sich also, dass Referenzkosten nicht nur von den verfügbaren Daten, sondern auch sehr von den Methoden der Berechnung abhängen. Simon: „Dies streicht heraus, dass es notwendig ist, Methoden der Kostenberechnung sektoren- und länderübergreifend zu harmonisieren, um überhaupt miteinander vergleichbare Kostendaten zu erhalten um damit die Kosteneffizienz von Gesundheitssystemen erhöhen zu können. Das Ziel des PECUNIA-Projektes ist es, vergleichbare Methoden für die Berechnung von Kostendaten auszuarbeiten und darauf aufbauend für einzelne Leistungen erste standardisierte Referenzkostendaten zu entwickeln sowie letztlich öffentlich zugänglich zu machen.“
Service: Value in Health
Are Unit Costs the Same? A Case Study Comparing Different Valuation Methods for Unit Cost Calculation of General Practitioner Consultations<a>. </a>Susanne Mayer, <a></a>Claudia Fischer, Ingrid Zechmeister-Koss, Herwig Ostermann, Judit Simon.
[https://doi.org/10.1016/j.jval.2020.06.001]
(https://doi.org/10.1016/j.jval.2020.06.001)
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