Greenpeace warnt vor illegaler Fischerei während Corona-Pandemie
Wien (OTS) – Anlässlich des Internationalen Tags der Meere am 8. Juni warnt Greenpeace vor illegaler Fischerei und fehlenden Kontrollen während der Corona-Epidemie. So wurden ohnehin schwache Kontrollen durch Fischereibehörden und Zertifizierungsstellen in den letzten Wochen beispielsweise in Argentinien und Westafrika komplett ausgesetzt. Auch das umstrittene Gütesiegel MSC kontrolliert seine zertifizierten Flotten bis Oktober 2020 nur auf freiwilliger Basis. Industrielle Fischfangflotten nutzen die Situation schamlos aus, um illegal die Gewässer zu plündern. Für unsere Weltmeere ist das verheerend: 90 Prozent der kommerziell genutzten Fischbestände sind bereits bis an die Grenze genutzt oder überfischt. Greenpeace fordert, dass Zertifizierungssysteme wie der MSC grundlegend reformiert werden.
„Industrielle Fischereiflotten rauben derzeit im großen Stil Fische aus unseren Meeren. Dadurch brechen nicht nur sensible Lebensräume unseres Planeten zusammen – auch die Klimakrise wird durch den Raubbau an unseren Meeren verschärft. Gleichzeitig zerstört die industrielle Fischerei die Existenzgrundlage von kleinen, traditionellen Fischereien vor Ort”, erklärt Lisa Panhuber, Konsumexpertin bei Greenpeace in Österreich. Im Frühjahr 2020 dokumentierte Greenpeace im Südatlantik mittels Satellitenbildern mehr als 100 Schiffe, die ohne gültige Fanglizenz mit verdeckter Radarkennung in argentinischen Gewässern Jagd auf Tintenfische machten. Schätzungsweise werden alleine mit einem Boot pro Nacht durchschnittlich etwa 25 Tonnen Tintenfisch erbeutet. Auch im Senegal plant die Regierung aktuell im Schatten der Corona-Krise und hinter dem Rücken der Zivilbevölkerung, 54 internationalen Schiffen Fischereilizenzen zu erteilen – deutlich mehr als normal. Oft werden die Fischbestände in Westafrika geplündert, um daraus Futter für Fische in Aquakulturen in Europa oder Asien herzustellen. Gleichzeitig führt die Krise dazu, dass immer mehr Menschen vor Ort hungern.
Auch das Gütesiegel MSC hat während der Corona-Pandemie die Kontrollen der zertifizierten Flotten für sechs Monate komplett ausgesetzt. So müssen sich die Flotten derzeit nur auf freiwilliger Basis Fernprüfungen unterziehen. Die schwachen Standards und Kontrollen des MSC werden seit Jahren von zahlreichen NGOs und unabhängigen Studien stark kritisiert. So wird beispielsweise von MSC-zertifizierten Flotten weiterhin “Finning” betrieben. Bei dieser Praxis wird Haien die Rückenflosse abgetrennt – die noch lebenden Tiere werden anschließend ins Meer zurückgeworfen, wo sie qualvoll verbluten oder ertrinken. Laut einem kürzlich veröffentlichten Bericht basieren 83 Prozent der MSC-zertifizierten Fischfänge auf zerstörerischen Fangmethoden. So sind auch hohe Beifangquoten und das Fischen in bereits überfischten Regionen keine Ausschlusskriterien für den MSC. Dazu kommt, dass immer wieder über Zwangsarbeit auf MSC-zertifizierten Schiffen berichtet wird.
„Die aktuelle Aussetzung der Kontrollen bei MSC ist nur das Tüpfelchen auf dem i. Der MSC duldet klammheimlich Menschenrechtsverletzungen und grausame Fangmethoden wie Grundschleppnetze oder das Finning, bei dem jährlich Millionen Haie getötet werden. Gleichzeitig gaukelt der MSC den Konsumentinnen und Konsumenten Nachhaltigkeit vor”, sagt Panhuber. Greenpeace fordert eine grundlegende Reform der Zertifizierungssysteme: Das Vorsorgeprinzip muss als Kernprinzip immer gelten, zerstörerische Fangmethoden ausgeschlossen werden, Zertifizierungssysteme dürfen nicht den Interessen der Industrie folgen und hohe soziale Standards müssen verpflichtend eingehalten werden.
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