Leichtfried sieht Schuldeingeständnis von Blümel – Finanzminister wollte Parlament mit falschen Zahlen hinters Licht führen
Wien (OTS/SK) – Die SPÖ hat heute wie angekündigt das Rechtsgutachten zur Regierungsvorlage zu den Budgetgesetzen vorgelegt. Der Verfassungsrechtler Karl Stöger von der Karl-Franzens-Universität Graz hat das Gutachten erstellt, das zentrale Ergebnis fasst der stv. SPÖ-Klubvorsitzende Jörg Leichtfried in einer Pressekonferenz am Mittwoch so zusammen: „Das Budget ist verfassungswidrig.“ ÖVP-Finanzminister Blümel hat daraufhin angekündigt, dass er seine Vorlage anpassen und die aktuell verfügbaren Zahlen einarbeiten wird. Leichtfried sieht das als „einen Offenbarungseid und ein Schuldeingeständnis, dass der ÖVP-Finanzminister mehr als zwei Monate lang versucht hat, das Parlament und die Öffentlichkeit mit wissentlich falschen Budgetzahlen hinters Licht zu führen“. ****
Die Regierung und die Regierungsparteien ÖVP und Grüne im Parlament haben sich – trotz massiver Kritik der gesamten Opposition – seit der ersten Vorlage der Budgetgesetze im Parlament am 18. März geweigert, die Auswirkungen der Corona-Krise in das Zahlenwerk des Budgets einzuarbeiten. Und das, obwohl Blümel von Anfang an gesagt hat, dass „alle Zahlen falsch sind“.
„Der Druck ist dem Finanzminister zu groß geworden. Die Frage ist, ob er es schaffen wird, einen Tag vor der Beschlussfassung sein Fake-Budget so zu ändern, dass es nicht weiterhin eklatant verfassungswidrig ist“, sagt Leichtfried. Die SPÖ wird die angekündigten Änderungen dann bewerten, wenn sie vorgelegt werden.
Davor hatten Leichtfried und Krainer in einer Pressekonferenz erläutert, warum die Regierungsvorlage zum Budget so nicht beschlossen werden darf. SPÖ-Budgetsprecher Jan Krainer sagte:
„Budgetwahrheit und Budgetklarheit werden derartig verletzt, dass das Budget verfassungswidrig ist und so nicht beschlossen werden kann und darf. Die Regierungsparteien werden das abändern müssen.“
Für Leichtfried ist der Budgetprozess, wie er von Türkis-Grün abgewickelt wird, historisch beispiellos, nämlich dass der Finanzminister dem Parlament ein Budget vorlegt, von dem er selbst sagt, dass seine Zahlen falsch sind. Die SPÖ hat darauf gedrängt, dass das repariert wird, um sicherzustellen, dass die Hilfsgelder bei den Menschen und den Betrieben ankommen.
Die Verfassungswidrigkeit ergibt sich daraus, dass zwei wesentliche Grundsätze, nämlich Budgetwahrheit und Budgetklarheit, verletzt werden, erläuterte Krainer. Er verweist auf die geplanten Einnahmen laut Bundesfinanzgesetz. Demnach will Blümel 81 Mrd. Euro an Einnahmen beschließen lassen. Der Finanzminister weiß freilich, aus seinem eigenen Bericht an die EU-Kommission vom 30. April, dass die Einnahmen nach seriöser Abschätzung um 12 Mrd. Euro niedriger sein werden. Budgetwahrheit verlangt, dass im Budgetgesetz der aktuelle Stand des Wissens abgebildet ist.
Budgetklarheit verlangt, dass im Budget bestimmt werden muss, wofür das Geld ausgegeben wird, erläutert Krainer. Eine Überschreitungsermächtigung im Volumen von 28 Mrd. Euro müsste auch festlegen, nach dem Wissen vom Zeitpunkt des Beschlusses, wofür die Mittel verwendet werden. „Das erzählt die Regierung zwar täglich in Pressekonferenzen, schreibt es aber nicht ins Budget“, so Krainer.
Die SPÖ hat das Rechtsgutachten allen Parlamentsparteien zur Verfügung gestellt. Krainer betont, dass genug Zeit ist, das zu reparieren. Wesentlich ist für Krainer und Leichtfried, dass die Hilfe ankommt. Ein verfassungswidriges Budget steht dem entgegen. Krainer ist überzeugt davon, dass die Regierung ihr Budget korrigieren wird, „weil sie es tun muss“.
#Wer für das Schlamassel verantwortlich ist, ist für Leichtfried und Krainer auch klar. So wie dem Finanzminister und dem Bundeskanzler anzulasten sei, dass von den versprochenen Milliarden beinahe nichts angekommen ist, sei der verfassungswidrige Budgetentwurf dem Finanzminister, nicht dem Ministerium zuzuschreiben, sagt Krainer. „Das Finanzministerium hat ganz tolle Experten, die sind wirklich gut; es war eine politische Entscheidung von Blümel, so vorzugehen, keine fachliche Entscheidung. Der Minister braucht die Nachhilfe, nicht die MitarbeiterInnen der Budgetsektion, die verstehen ihr Geschäft.“
Die drei zentralen Gründe, warum der Budgetentwurf verfassungswidrig ist
Im Gutachten werden folgende Gründe für die Verfassungswidrigkeit ausgeführt:
1) Das von Finanzminister Blümel vorgelegte Budget verstößt gegen den Verfassungsgrundsatz der Budgetwahrheit: Nachdem sich Blümel seit Wochen weigert, dem Parlament aktuelle Zahlen und Prognosen vorzulegen, verletzt er seine Pflichten gegenüber dem Nationalrat. Nur mit den aktuellen Zahlen kann ein ordentliches Budget erstellt werden. Dafür ist keine Kristallkugel nötig, sondern nur das, was auch das Gesetz fordert: jene Zahlen in das Budget aufzunehmen, die bereits feststehen (wie das Volumen der verschiedenen Hilfsprogramme) oder plausibel prognostizierbar sind (wie Steuerstundungen).
2) Mit der unsachlichen Ermächtigung an Finanzminister Blümel, bis zu 28 Mrd. Euro quer über das Budget nach Gutdünken zu verteilen, verstößt der Entwurf gegen den Verfassungsgrundsatz der Budgetklarheit und -transparenz. Der Finanzminister verfügt damit über ein Budget im Budget: Es ist weder dem Parlament noch informierten Personen mehr möglich, die tatsächliche finanzielle Lage der Republik zu beurteilen. Das Geld kann zwar, muss aber nicht ausbezahlt werden und es ist Blümel freigestellt zu entscheiden, in welchem Budgetposten – gar in welchem Ministerium – das Geld zur Verfügung gestellt wird.
3) Die im Budget vorgesehenen Auszahlungen sind immer noch mit rund 82 Mrd. angesetzt, obwohl durch Überschreitungsermächtigungen bis zu 110 Mrd. Euro zur Verfügung stehen. Die Regierung kündigt gleichzeitig nahezu täglich zahlenmäßig genau festgelegte Hilfsprogramme an, die sich jedoch nicht im Budget finden. Wenn es diese Programme tatsächlich geben soll, müssen sie auf Grund des Verfassungsgrundsatzes der Budgetwahrheit in den jeweils richtigen Budgetposten aufgenommen und die Auszahlungsobergrenze entsprechend erhöht werden.
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