Wesentliche Punkte der Gesetzesvorlage nicht verfassungskonform!
Eisenstadt (OTS) – Wirtschaftskammer hat Gesetzesvorlage zum burgenländischen Sozialeinrichtungsgesetz verfassungsrechtlich prüfen lassen. Grundrecht der Erwerbsfreiheit in Gefahr. Klage beim Verfassungsgerichtshof als letzte Konsequenz.
Demnächst soll im Burgenländischen Landtag ein neues Gesetz über die Errichtung, den Betrieb und die Organisation von Sozialeinrichtungen zur Betreuung pflegebedürftiger und behinderter Menschen im Burgenland (Burgenländisches Sozialeinrichtungsgesetz) beschlossen werden.
Stellungnahmen der burgenländischen Sozialpartner nicht berücksichtigt
In einer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf hat die Wirtschaftskammer erhebliche Bedenken gegen wesentliche Punkte dieses Gesetzes geäußert.
Aber wie schon bei der Stellungnahme der burgenländischen Arbeiterkammer zum bereits beschlossenen Sozialhilfegesetz über arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Bedenken bei der geplanten Anstellung pflegender Angehöriger drübergefahren wurde, hat man nun beim Sozialeinrichtungsgesetz die fundierte Stellungnahme der Wirtschaft negiert. Die Sozialpartner werden somit beim so wichtigen und zukunftsweisenden Thema Pflege nicht eingebunden.
Verordnete Gemeinnützigkeit klingt sozial – ist aber nicht gerecht
Insbesondere die Beschränkung, dass der Betrieb von Einrichtungen zur Pflege und Betreuung von betagten, hilfsbedürftigen oder behinderten Personen im Burgenland künftig nur mehr in Form der Gemeinnützigkeit ausgeübt werden darf und damit nur mehr gemeinnützigen Einrichtungen offenstehen soll, sorgt auch über die Landesgrenzen hinaus für massives Kopfschütteln. Nicht nur Unternehmer wären von derartigen Beschränkungen betroffen, sondern auch die zu betreuenden Personen und deren Angehörige, denen jegliche Wahlfreiheit genommen würde.
Diese Bedenken werden nun auch in einem Rechtsgutachten von Univ.Prof. DDr. Michael Potacs, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Wien, bestätigt. Zentrale Aussagen des Gutachtens sind, dass die Beschränkung des Betriebs auf gemeinnützige Einrichtungen gleich aus mehreren Gesichtspunkten das Grundrecht der Erwerbsfreiheit verletzt, unter anderem auch, weil „gewinnorientierten Einrichtungen der Markteintritt ausnahmslos unmöglich gemacht wird.“ Außerdem heißt es in dem Gutachten, dass „die Beschränkung des Betriebs auf gemeinnützige Einrichtungen aus dem Gleichheitssatz ableitbaren Sachlichkeitsgebot problematisch erscheint, weil es in einem System einer mit öffentlichen Geldern finanzierten Pflege trotz der damit verbundenen individuellen Ansprüche und Präferenzen keinerlei Alternativen zu einer Pflege durch gemeinnützige Rechtsträger zulässt.“
Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Umsetzung des Gesetzes in der vorliegenden Form auch Auswirkungen auf die übrigen Bundesländer haben kann.
WKO: Braucht breites Angebot im Pflegebereich, um steigenden
Bedarf zu decken
Aus aktuellen Umfragen weiß die Wirtschaftskammer, dass die burgenländische Bevölkerung mit den dzt. rund 6.000 selbständig gemeldeten Personenbetreuerinnen und den 44 im Burgenland registrierten Vermittlungs-Agenturen sehr zufrieden ist. Darüber hinaus wünscht sich jeder zweite Burgenländer eine Erweiterung des Angebots bei Pflegeheimen und betreutem Wohnen für Senioren. Derzeit gibt es im Burgenland 26 Alten- und Pflegeheime.
Anders als Teile der Landespolitik sieht die Wirtschaftskammer die absolute Notwendigkeit für ein breites Angebot an Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten, in dem auch die privaten, gewinnerzielenden, Anbieter integriert sind, die neben einer nachvollziehbaren Leistung für die Menschen auch Gewinne erwirtschaften. Dass private Anbieter öffentliche Gelder und Aufträge erhalten, ist dabei kein Widerspruch. So ist es ja ebenso nicht verwerflich, dass landesnahe Betriebe wie die Energie Burgenland mit den Gebühren der Burgenländerinnen und Burgenländer jedes Jahr Millionengewinne erwirtschaften, die als Dividende an das Land überwiesen werden.
Die Wirtschaftskammer Burgenland fordert daher die Burgenländische Landesregierung auf, sich sachlich mit diesem Rechtsgutachten zu beschäftigen und die fachlich gestützten Kritikpunkte der Wirtschaftskammer zu berücksichtigen. Sollte dies nicht erfolgen, ist eine Klage beim Verfassungsgerichtshof zur gesetzlichen Vertretung der Interessen der Wirtschaft eine unumgängliche Konsequenz.
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