Das Az W trauert um Wilhelm Holzbauer
Wien (OTS) – Fast wäre die noch junge Karriere von Wilhelm Holzbauer schon 1956 wieder vorbei gewesen. Als der 26-jährige Fulbright Stipendiat auf der „Andrea Doria“ hoffnungsfroh nach Amerika reiste, endete das dramatisch mit einem Schiffsuntergang. Schon zu diesem Zeitpunkt hatte er sich aber als Mitglied der arbeitsgruppe 4 einen Platz in der österreichischen Architekturgeschichte gesichert. Gemeinsam mit Friedrich Kurrent und Johannes Spalt war ihm ein baulicher Paukenschlag gelungen: die Kirche in Salzburg-Parsch, die als geradezu revolutionär gilt und als der erste moderne Kirchenbau in Österreich nach dem Krieg gehandelt wird. Von den heftigen Reaktionen, die der umgebaute Stall hervorrief, berichtete Holzbauer noch Jahrzehnte später belustigt: „Einen Altar im Mittelraum hat es davor einfach nicht gegeben, der Erzbischof verweigerte sogar die Kirchweihe und das Salzburger Tagblatt hat ganze Tiraden gegen uns geschrieben.“
Auch in den USA war Holzbauer bald erfolgreich. Er erhielt Gastprofessuren an renommierten Universitäten wie Yale und machte Bekanntschaften mit so bedeutenden Architekten wie Louis I. Kahn, Ludwig Mies van der Rohe und Philip Johnson. Diese Jahre hatten großen Einfluss auf seine Entwicklung: „Amerika war so unglaublich neu, es war eine Art Kulturschock.“
1959 kehrte er aber nach Österreich zurück und setzte zunächst die Zusammenarbeit mit der arbeitsgruppe 4 fort, der weitere wegweisende Bauten entsprangen. Schließlich gründete er aber 1964 sein eigenes Atelier. Bis 2018 war er über fünf Jahrzehnte hindurch einer der meistbeschäftigten, prominentesten und streitbarsten Architekten Österreichs, der auch im Ausland reüssieren konnte. Von 1977–1998 war er als Professor an der Universität für Angewandte Kunst tätig, 1987–1991 fungierte er auch als deren Rektor. Durch seine Lehre prägte er eine Reihe österreichischer Architekt*innen.
Holzbauer schuf ein gewaltiges Œuvre, dessen Dimension und Qualität durch die zahllosen Pläne, Zeichnungen, Fotos und Modelle dokumentiert werden, die er 2010 der Sammlung des Architekturzentrum Wien schenkte.
Mit Wilhelm Holzbauer verliert Österreich nicht nur einen der wichtigsten Architekten nach 1945. Er war auch jemand, der wortgewaltig aus eigenem Erleben und mit Kennerschaft über die Entwicklung der zeitgenössischen Architektur erzählen konnte.
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