Betreuung und Rechtsberatung von AsylwerberInnen wird künftig staatliche Agentur übernehmen | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Betreuung und Rechtsberatung von AsylwerberInnen wird künftig staatliche Agentur übernehmen

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Wien (PK) – Künftig werden die Erstaufnahmezentren für Flüchtlinge von einer staatlichen Agentur betrieben. Auch die Rechts- und Rückkehrberatung wird in Zukunft ausschließlich von der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) durchgeführt. Diesen Beschluss des Nationalrats hat der Bundesrat heute mit den Stimmen der ÖVP und FPÖ gebilligt. Die Länderkammer trug ferner den Nationalratsbeschluss zur Novellierung des KommAustria-Gesetzes mit, das dem kommerziellen Rundfunk künftig pro Jahr 5 Mio. € mehr Fördergelder als bisher ermöglicht. Zur Kenntnis genommen wurde ein Bericht des Innenressorts über das Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2019 und das Achtzehnmonatsprogramm der derzeitigen Trio-Präsidentschaft.

Errichtung der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) beschlossen

Durch die Zustimmung des Bundesrats zum BBU-Errichtungsgesetz werden ab Mitte 2020 die Erstaufnahmezentren für Flüchtlinge von der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) betrieben, ab Anfang 2021 übernimmt die staatliche Agentur sodann auch die Rechts- und Rückkehrberatung für AsylwerberInnen. Bisher erfolgt die Erstbetreuung von Flüchtlingen, die in Österreich einen Asylantrag stellten, in von privaten Unternehmen geführten Einrichtungen des Bundes. Auch die Rechts- und Rückkehrberatung für AsylwerberInnen ist an externe Leistungserbringer, vorrangig gemeinnützige Organisationen, ausgelagert. Die Betrauung anderer juristischer Personen mit der Durchführung der Rechtsberatung ist jedoch künftig ausdrücklich nicht mehr zulässig. Ziel der Novelle sind insbesondere mehr Kosteneffizienz, eine Reduzierung der Abhängigkeit von externen Leistungserbringern sowie Qualitätssicherung. Zudem soll eine „faire, realistische und objektive“ Rechtsberatung dazu beitragen, den Anteil der freiwilligen Ausreisen von Fremden an den Außerlandesbringungen zu erhöhen.

Innenminister Ratz: BBU erscheint sachgerecht und effizient

Der nunmehrige Innenminister Eckart Ratz nahm im Zuge der Debatte zunächst zur ungewöhnlichen Regierungssituation Stellung. Er sei mit der Aufgabe betraut worden, sicherzustellen, dass der Sicherheitsapparat in Ruhe und Besonnenheit dem demokratisch legitimierten Nachfolger übertragen werden kann, betonte er. Er sehe es daher nicht als seine Aufgabe an, den Willen der WählerInnen zu korrigieren und Präjudiz für die Nachfolgeregierung zu schaffen, wenngleich er niemals eine Entscheidung treffen würde, hinter der er nicht stehe, argumentierte Ratz seine Unterstützung des Gesetzesbeschlusses.

Zur Einrichtung der BBU hielt der Innenminister fest, dass er anhand grundrechtlicher, ökonomischer und politischer Gesichtspunkte zur Überzeugung gelangt sei, dass der rechtsstaatliche Gegenstand nicht nur rechtlich unbedenklich, sondern auch sachgerecht erscheint. Sowohl die Grundrechte, als auch die europäische Vorgaben der Verfahrensrichtlinie werden seiner Ansicht nach im BBU-Errichtungsgesetz erfüllt und die RechtsberaterInnen werden hohen fachlichen Anforderungen genügen müssen. Deren Unabhängigkeit sei auch trotz der Zugehörigkeit zu einer staatlichen Institution gegeben, meinte Ratz. Ziel sei es auch, externe Abhängigkeiten zu beseitigen, um zu einer rascheren und effizienteren Durchführung von Asylverfahren beizutragen. Die Errichtung der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen sei ein wichtiger und richtiger Schritt in rechtsstaatlicher und ökonomischer Hinsicht, der die bestmögliche Betreuung und Beratung für Schutzsuchende bieten werde, zeigte sich Innenminister Eckart Ratz überzeugt.

Unterstützende Worte für das Gesetzesvorhaben fand auch Bundesrat Robert Seeber (ÖVP/O). Es sei für ihn ein logischer Schritt, die Betreuungs- und Unterstützungsleistungen von AsylwerberInnen zurück in staatliche Hände zu legen. Dass derzeit privatwirtschaftlich orientierte Gesellschaften mit der Flüchtlingsbetreuung Geld verdienen, sei für ihn moralisch nicht nachvollziehbar. Auch Bruno Aschenbrenner (ÖVP/St) geht davon aus, dass das Gesetz mehr Qualität und Objektivität schafft, eine faire Beratung garantiert sowie realistische Prognosen für die Asylverfahren ermöglicht.

Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N) sprach von einer „Asylindustrie“, weil NGOs mit dem Leid von Flüchtlingen viel Geld verdienen würden. Auch Gerd Krusche (FPÖ/St) äußerte seine Zweifel an der Tätigkeit der „Verfahrensverschleppung“ der bisher betrauten Organisationen, die hohe Kosten verursache. Erfreulicherweise werde die Beratung und Betreuung von Flüchtlingen wieder als hoheitliche Aufgabe übernommen und nicht mehr von externen Dienstleistern durchgeführt, sagte Spanring. Beide FPÖ-Bundesräte zeigten sich zuversichtlich, dass die Leistungen durch die BBU künftig objektiv durchgeführt und auf lange Sicht günstiger werden.

SPÖ und Grüne kritisieren Beschluss inhaltlich und aufgrund derzeitiger Regierungssituation

Umfassende Kritik an dem Gesetz äußerten die SPÖ-BundesrätInnen Martin Weber (SPÖ/St) und Doris Hahn (SPÖ/N). Aufgrund der Verstaatlichung sorgte sich Bundesrat Weber um Transparenz, Interessensverflechtungen und hohe Kosten. Durch die „gekaufte Politik“ seien Errichtungskosten und Mehraufwendungen in den nächsten Jahren von mehreren Millionen Euro zu erwarten, kritisierte der SPÖ-Bundesrat. Außerdem befürchtet er Postenschacherei, massive Einschränkungen beim Rechtsanspruch auf Rechtsberatung und Einflussnahme seitens des Innenministeriums. Es sei davon auszugehen, dass die AsylwerberInnen aufgrund der fehlenden Unabhängigkeit kein Vertrauen in die BBU und ihre Leistungen haben werden, meinte er. Auch Doris Hahn (SPÖ/N) äußerte ähnliche Bedenken. Weil gerade Flüchtlinge besonders vulnerabel und oft nicht rechtskundig seien, müsse man das Gesetz vor diesem Hintergrund sehen, meinte sie. Stellungnahmen innerhalb der Begutachtungsphase seien nicht berücksichtigt worden, kritisierte sie ferner. Die SPÖ-BundesrätInnen waren außerdem der Ansicht, dass in der derzeitigen Phase keine Entscheidungen getroffen werden sollten, und wollten Einspruch gegen den Nationalratsbeschluss erheben. Der entsprechende Antrag fand allerdings keine Mehrheit.

Große Skepsis gegenüber dem Beschluss gab es auch vonseiten der grünen BundesrätInnen. Für David Stögmüller (Grüne/O) genügt die BBU den Anforderungen einer raschen Verfahrensführung und widerspreche dem Recht auf ein faires Verfahren nicht. Er kritisierte, dass aufgrund der Abhängigkeit vom Innenressort keine Unabhängigkeit gewährleistet sei. Weil in der derzeitigen „Staatsmanagementkrise“ nicht klar sei, wer für die Umsetzung des Beschlusses zuständig ist, sollte man nun keine weitrechenden Entscheidungen treffen, meinte Stögmüller. Sein Antrag auf Vertagung zum Aufschub der Entscheidung wurde allerdings abgelehnt. Auch Ewa Dziedzic (Grüne/W) appellierte, die weitreichenden Auswirkungen und die Frage der Umsetzung des Gesetzes im Auge zu behalten. In Anbetracht der derzeitigen Regierungssituation bestünde ein rechtstaatliches Risiko und Ungewissheit, meinte sie. Wichtig wäre nun Objektivität anstatt parteipolitischer Einflussnahme. Das Gesetz selbst bezeichnete die Bundesrätin als „fehleranfällige, intransparente Blackbox“ und als System, das sich nur durch sich selbst kontrollieren könnte.

Kenntnisnahme von EU-Vorhaben im Sicherheitsbereich

Einstimmig von den BundesrätInnen zur Kenntnis genommen wurde ferner ein Bericht des Innenministeriums über das Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2019 sowie das Achtzehnmonatsprogramm des aktuellen EU-Ratsvorsitz-Trios Rumänien, Finnland und Kroatien. Vorhaben und Schwerpunkte sind die Schaffung eines integrierten Grenzschutzmanagements, einer regulierenden Migrations-, Asyl- und Visumpolitik sowie die Bekämpfung der Kriminalität und des Terrorismus.

Fördermittel des Privatrundfunkfonds werden aufgestockt

Genehmigt wurde im heutigen Bundesrat auch eine Novelle zum KommAustria-Gesetz, wodurch die jährliche Dotierung des Fonds zur Förderung des privaten Rundfunks von 15 Mio. € auf 20 Mio. € aufgestockt wird. Mit der ersten Erhöhung der Fördermittel seit dem Jahr 2013 soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass es immer mehr regionale und bundesweite Sender gibt, die sich die Mittel teilen müssen. Die Förderung privater Radio- und TV-Sender hat zum Ziel, Programmvielfalt und hochwertigen Content, insbesondere im Informations-, Kultur- und Bildungsbereich, sicherzustellen. Dadurch sollen künftig ausdrücklich auch TV-Formate, die Medienkompetenz fördern, in den Genuss von Fördermittel kommen. Hintergrund ist eine EU-Richtlinie, die die Mitgliedstaaten dazu anhält, Maßnahmen zur Entwicklung von Medienkompetenz zu setzen. Die Erhöhung der Förderung wird bereits per 15. Juli 2019 wirksam. (Fortsetzung Bundesrat) fan

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