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MS: Neu diagnostizierte PatientInnen nicht alleine lassen

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Wien (OTS) – Immer wieder landen PatientInnen mit plötzlich einsetzenden Symptomen wie Schwindel, Sehstörungen oder anderen Ausfallserscheinungen in der Notaufnahme. Nach vielen Untersuchungen, aber dennoch nur einige Tage später kommt es bei manchen von ihnen zu einer folgenschweren Diagnose: Multiple Sklerose (MS). Ein Schock aus heiterem Himmel, mit dem die Betroffenen unterschiedlich gut zurechtkommen. Eine sensible Aufklärung ist notwendig. Denn: Die Diagnose MS bedeutet entgegen vieler Annahmen nicht automatisch ein Leben im Rollstuhl, aber möglicherweise ein anderes Leben als bisher geplant. Das kann aber auch eine Chance sein.

Plötzlich krank

„Bei der Diagnose sind MS-PatientInnen meist zwischen 20 und 40 Jahre alt“, erzählt Dr. Michael Auer von der Universitätsklinik für Neurologie an der Medizinischen Universität Innsbruck. „Oft kommen sie mit Anzeichen eines ersten Schubes in die Notaufnahme oder zum Hausarzt und werden dann zu weiteren Untersuchungen zum Neurologen geschickt. In manchen Fällen liegen die ersten Symptome auch schon einige Jahre zurück, wurden aber nicht abgeklärt. Die Diagnose erfolgt somit erst beim zweiten Schub. Dennoch kommt sie für fast alle Betroffenen sehr plötzlich.“ Die Bandbreite der Reaktionen auf die Schreckensnachricht ist groß. Von Tränenausbrüchen bis Erleichterung ist alles dabei. Julia J. empfand es geradezu als Erleichterung, als nach längerer Ungewissheit endlich feststand, was ihre Beschwerden versucht hatte. Doch genau wie für die meisten Betroffenen kam nach der Diagnose die nächste Herausforderung: Die Ungewissheit, wie es weitergehen sollte.

Mit der Ungewissheit umgehen lernen

„Und dann fragt man natürlich Dr. Google, auch wenn man genau weiß, dass man das nicht tun soll. Und das Internet ist voll von fürchterlichen Berichten“, erzählt J. „Daher ist das Erstgespräch zwischen ÄrztInnen und PatientInnen so wichtig“, erläutert Neurologe Auer. „Wir versuchen unseren PatientInnen zu erklären, dass man die MS gut therapieren kann und dass die Krankheit nicht automatisch bedeutet, dass man ein Leben lang mit massiven Einschränkungen leben muss. Das Spektrum der MS ist sehr breit.“ In dieselbe Kerbe schlägt auch Marlene Schmid, Patientenbeirätin bei der Multiple Sklerose Gesellschaft Tirol. „MS ist die Krankheit der tausend Gesichter. Die Verläufe sind sehr unterschiedlich. Wir unterstützen unsere PatientInnen dabei, die Krankheit anzunehmen und als Teil ihres Lebens zu betrachten. Egal, was kommt.“ Gerade zu Beginn hätten PatientInnen oft Angst vor einem neuen Schub, zum Beispiel, wenn vorübergehend der Arm einschläft, berichtet Auer. Oft könne er aber Entwarnung geben. „Fast alle PatientInnen lernen mit der Zeit, sehr gut mit der Krankheit umzugehen.“

Arbeiten ist wichtig

Etwa die Hälfte der MS-PatientInnen arbeitet nicht. Das hat die 2018 veröffentlichte Cost of Illness (COI)-Studie gezeigt. „Oft hat das auch etwas mit dem mangelnden Verständnis der Arbeitgeber zu tun“, sagt die Patientenbeirätin. „Viele Betroffene können mit kleineren Anpassungen ihres Arbeitsplatzes sehr gut arbeiten. Außerdem sind sie besonders motiviert. Andere brauchen nicht einmal eine Adaptierung, sondern einfach nur etwas Flexibilität.“ Viele Arbeitgeber würden sogar glauben, dass MS-PatientInnen ständig im Krankenstand seien. „Das stimmt so nicht“, erklärt der Neurologe. „Wenn die Betroffenen nicht gerade eine hochaktive MS haben, gehen sie nicht öfter in Krankenstand als jeder andere.“ Vor allem junge PatientInnen sind therapeutisch oft gut eingestellt und haben kaum Ausfälle. Sie haben manchmal jahrelang überhaupt keinen Schub. Ein anderer Teil hat sogar ohne Therapie einen milden Verlauf.

Arbeitgeber aufklären

Darüber, dass Arbeitgeber besser über die Krankheit Bescheid wissen sollten, sind sich Patientenhilfeorganisationen, ÄrztInnen und PatientInnen einig. Patientin J. hat ihre Arbeit aufgrund ihrer Krankheit verloren. Dass dieser Schub, der zu ihrer Kündigung geführt hat, nur kurz gedauert hat und über Jahre der einzige bleiben sollte, zählte dabei nicht. J. hat sich in der Folge mit einem Kleingewerbe selbständig gemacht. Heute ist sie glücklich und begreift ihre MS-Erkrankung als Chance. „Die Krankheit und ihre beruflichen Folgen waren der Auslöser, dass ich mich getraut habe, mich selbständig zu machen.“ Darüber, wie es langfristig weitergeht, denkt sie nicht mehr nach: „Wenn ich ein Problem habe, reagiere ich. Das ist früh genug.“

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