Über Rechtsanspruch auf „Papamonat“ wird weiter verhandelt
Wien (PK) – Über die Einführung eines Rechtsanspruchs von Vätern auf einen „Papamonat“ nach der Geburt eines Kindes wird nach wie vor verhandelt. Das teilte Familienministerin Juliane Bogner-Strauß den Abgeordneten heute im Familienausschuss des Nationalrats mit. Bei der Aussprache über aktuelle Themen ging es unter anderem um Väterbeteiligung bei der Kindererziehung, den Familienbonus, die Familienberatungsstellen, den Jugendschutz und das Kinderbetreuungsgeld, wobei die Ministerin einen umfassenden Evaluierungsbericht zum Kinderbetreuungsgeld für das 1. Quartal 2021 in Aussicht stellte. Was europarechtliche Bedenken gegen die Indexierung der Familienbeihilfe betrifft, sieht Bogner-Strauß den Ball derzeit bei der EU-Kommission, Österreich habe am 25. März seine Stellungnahme abgegeben.
Im Ausschuss zur Diskussion standen darüber hinaus ein Evaluierungsbericht zum Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 und eine Reihe von Oppositionsanträgen. Olaf Kapella, einer der AutorInnen des Berichts, hält bundeseinheitliche Standards im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe nicht nur aus Sicht der betroffenen Kinder und Jugendlichen für geboten, auch von Seiten der Fach-SozialarbeiterInnen werde dieser Wunsch geäußert. Ein Problem ist für ihn die Personalknappheit bei den zuständigen Behörden.
Bogner-Strauß: Mangelnde Väterbeteiligung ist vor allem gesellschaftliches Problem
Zum Thema „Papamonat“ merkte Bogner-Strauß an, dass sich entsprechende Freistellungen für Unternehmen wohl leichter planen ließen als beispielswiese Sportunfälle. Andererseits könnte die Gefahr bestehen, dass Väter, die den Papamonat nutzen, später dafür darauf verzichten, in Karenz zu gehen. Die mangelnde Väterbeteiligung an der Kinderbetreuung ist ihrer Meinung nach ohnehin mehr ein gesellschaftliches als ein rechtliches Problem. Schließlich würden auch der bestehende Rechtsanspruch für Väter auf Elternteilzeit und auf Karenz nur wenig genutzt. So arbeiten laut Bogner-Strauß nur 5% der Männer mit Kindern Teilzeit, während es bei Männern ohne Kinder 12% sind. Frauen mit Kindern unter 15 sind dagegen zu 75% teilzeitbeschäftigt. Auch von den Kinderbetreuungsgeld-Monaten würden nur 4% von den Vätern genutzt.
Eine intensive Diskussion wird laut Bogner-Strauß über die immer wieder auftretende Problematik geführt, dass Selbstständige wegen mangelhafter Dokumentation ihres Zuverdienstes Kinderbetreuungsgeld zurückzahlen müssen. Sie pochte in diesem Zusammenhang aber auch auf die Sorgfaltspflicht der Betroffenen. Hinsichtlich der Aufteilung des Familienbonus zwischen den Elternteilen will sie zunächst abwarten, wie die geltenden Bestimmungen funktionieren. Zudem verwies sie auf die Zuständigkeit des Finanzministeriums. Daniela Holzinger-Vogtenhuber (JETZT) hatte zuvor für eine Beibehaltung der 90-10-Variante plädiert.
Als Schwerpunkte der Familienberatungsstellen im heurigen Jahr nannte die Ministerin unter anderem Familienplanung, Schwangerschaftsberatung, Scheidungsberatung, Gewalt in der Familie, Sektenberatung und die Beratung von Familien mit behinderten Angehörigen. Einen umfassenden Evaluierungsbericht zum Kinderbetreuungsgeld stellte sie für das erste Quartal 2021 in Aussicht.
Im Rahmen der Jugendstrategie ist unter anderem geplant, von den Ministerien vorgeschlagene Maßnahmen durch Jugendliche gegenchecken zu lassen. Im Bereich der Sozialen Medien würden unter anderem Workshops für Jugendliche in Kooperation mit „Safer Internet“ angeboten. Zudem sei man generell bestrebt, Medienkompetenz zu vermitteln. Ausdrücklich bekannte sich Bogner-Strauß in diesem Zusammenhang auch zum „digitalen Vermummungsverbot“: Was im Leben nicht erlaubt sei, solle auch im Internet nicht erlaubt sein.
Jugendschutz: Seit Anfang April gelten österreichweit gleiche Regelungen
Erfreut äußert sich die Ministerin darüber, dass nunmehr in allen Bundesländern – mit einem kleinen „Ausreißer“ in Oberösterreich zu den Ausgehzeiten – die gleichen Jugendschutzbestimmungen gelten. Mit Anfang April habe Salzburg als letztes Bundesland die zwischen den Ländern getroffene Vereinbarung umgesetzt, skizzierte sie.
Generell wies Bogner-Strauß darauf hin, dass die Familienleistungen in den letzten Jahren um 40% gestiegen seien, während das Plus bei der Inflationsrate im gleichen Zeitraum nur 30% betrug. Beim Thema Impfungen will sie auf eine Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes und bessere Aufklärung setzen, um die grundsätzlich gute Durchimpfungsrate von 80% weiter zu erhöhen. Strikte Impfgegner ortet sie im einstelligem Prozentbereich, diese werde man auch mit einer Impfpflicht nicht erreichen.
Die Fragen an die Ministerin stellten die Abgeordneten Eva Maria Holzleitner (SPÖ), Michael Bernhard (NEOS), Edith Mühlberghuber (FPÖ), Claudia Plakolm (ÖVP), Carmen Schimanek (FPÖ), Daniela Holzinger-Vogtenhuber (JETZT), Irene Hochstetter-Lackner (SPÖ), Melanie Erasim (SPÖ) und Christian Kovacevic (SPÖ).
Kinder- und Jugendhilfe: Prävention und Partizipation zeigen Wirkung
Den Evaluierungsbericht zum Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 hat das Österreichische Institut für Familienforschung (ÖIF) erstellt. Mit dem Gesetz sei der präventive, partizipative und dienstleistungsorientierte Ansatz der Kinder- und Jugendhilfe weiterentwickelt worden, stellen die AutorInnen den bundesgesetzlichen Vorgaben grundsätzlich ein positives Zeugnis aus. Zudem sei es gelungen, zentrale Handlungsprinzipien der Sozialarbeit bundesweit verbindlich festzulegen und somit den Schutz von Kindern und Jugendlichen in gleicher Qualität und auf Basis gleicher Standards bundesweit zu gewährleisten. Aufgrund der vergangenen Dezember beschlossenen „Verländerung“ der Kinder- und Jugendhilfe tritt das Gesetz zwar aller Voraussicht nach 2020 außer Kraft, in einer Bund-Länder-Vereinbarung haben sich die Bundesländer jedoch ausdrücklich dazu verpflichtet, ihre Gesetze und die Vollziehung weiterhin an dessen Bestimmungen und Mindeststandards auszurichten. Sie liegt aktuell dem Parlament zur Genehmigung vor.
Einer der AutorInnen des schließlich einstimmig zur Kenntnis genommenen Berichts, Olaf Kapella, war heute als Auskunftsperson in den Ausschuss geladen. Er wies darauf hin, dass sich das ÖIF bei der Studie auf die Kinder- und Jugendhilfe konzentriert und in diesem Zusammenhang sowohl Fach-SozialarbeiterInnen und mitteilungspflichtige Fachkräfte wie LehrerInnen und ÄrztInnen als auch Eltern sowie Jugendliche in stationären Unterbringungen befragt habe. Ihm zufolge hat es sich bewährt, dass das Gesetz auf sehr partizipativem Weg entstanden ist, viele in der Praxis gängige Vorgehensweisen wie das Vier-Augen-Prinzip bei Gefährdungsabklärungen seien in die gesetzlichen Bestimmungen eingeflossen.
Kapella sieht einen breiten Wunsch nach österreichweit einheitlichen Standards in der Kinder- und Jugendhilfe. Allerdings gebe es in der Praxis immer noch etliche Unterschiede. So sei es etwa von Schule zu Schule unterschiedlich geregelt, wann die Kinder- und Jugendhilfe zu kontaktieren ist. Auch das als allgemein positiv bewertete Vier-Augen-Prinzip werde in den Bundesländern sehr unterschiedlich gehandhabt.
Ein weiteres Problem ist laut Kapella die Personalknappheit bei den zuständigen Stellen. Ihm zufolge wurden 2017 pro SozialarbeiterIn rund 30 bis 35 Gefährdungsabklärungen eingeleitet. 34% der SozialarbeiterInnen hatten zudem 51 bis 100 intensive Betreuungsfälle, 16% sogar mehr als 100. Und das neben den Gefährdungsabklärungen und der „Laufkundschaft“. In diesem Sinn sei auch von den befragten Eltern zu wenig direkter Kontakt mit den SozialarbeiterInnen moniert worden, was dem Vertrauensverhältnis abträglich sei.
Generell betonte Kapella, dass Partizipation und Prävention gewirkt hätten. Dass die Zahl der Gefährdungsabklärungen in den letzten Jahren nicht gesunken ist, führt er vor allem auf die höhere Sensibilität in der Gesellschaft in Bezug auf Verdachtslagen zurück.
Kein Gegenstand der Studie war Kapella zufolge die Situation der Kinder in den stationären Einrichtungen. Kinder, die fremduntergebracht sind, sehen für sich laut Befragung aber bessere Zukunftschancen.
Bogner-Strauß: Kompetenzentflechtung bringt klare Zuständigkeiten
Familienministerin Bogner-Strauß wies darauf hin, dass die Weiterentwicklung der Standards in der Kinder- und Jugendhilfe immer schon Sache der Länder gewesen sei. Schließlich seien diese für die Ausführungsgesetzgebung und die Vollziehung verantwortlich. Durch die beschlossene Kompetenzentflechtung sei klar geregelt, wer wofür zuständig ist. Von österreichweit einheitlichen Standards in der Kinder- und Jugendhilfe ist man ihr zufolge jedenfalls zum Teil immer noch weit entfernt. Sie setzt in diesem Sinn auf die getroffene Bund-Länder-Vereinbarung. Die Länder könnten den Evaluierungsbericht als Empfehlungsgrundlage heranziehen.
Dass der Bericht erst an dem Tag vorgelegt wurde, als der Nationalrat die Verländerung der Kinder- und Jugendhilfe beschlossen hat, begründete Bogner-Strauß damit, dass zwei zusätzliche Befragungen in Auftrag gegeben wurden und man überdies die erst im September 2018 vorgelegene Statistik des Jahres 2017 mitberücksichtigen wollte. Überdies habe das Ressort den Bericht noch freigeben müssen. Zuvor hatten die Abgeordneten Kovacevic (SPÖ) und Bernhard (NEOS) die späte Vorlage kritisiert.
Aktuell beschäftigt sich laut der Familienministerin eine Arbeitsgruppe mit der Kompetenzänderung und den beim Bund verbliebenen Zuständigkeiten. Dieser Arbeitsgruppe gehören VertreterInnen des Familienministeriums, des Justizministeriums, der Justiz sowie der Kinder- und Jugendanwaltschaften der Länder an. In Richtung ÖVP-Abgeordneter Gudrun Kugler erklärte die Ministerin, die Betreuung von Jugendlichen über das 18. Lebensjahr hinaus liege schon jetzt im Ermessen der Länder. Es gebe dazu von Land zu Land unterschiedliche Regelungen.
Allgemein betonte die Ministerin, dass Kinderrechte in Österreich einen besonderen Stellenwert hätten. So habe Österreich als viertes Land weltweit – 1989 – die Pflicht zu gewaltfreier Erziehung festgeschrieben.
SPÖ fordert Einrichtung eines Fachgremiums
Vom Ausschuss mehrheitlich vertagt wurde ein Entschließungsantrag der SPÖ (601/A(E) ), der auf die Einrichtung eines Fachgremiums im Familienministerium zur Weiterentwicklung und kontinuierlichen Evaluierung der Kinder- und Jugendhilfe abzielt. Dem Gremium sollen dem Antrag zufolge unter anderem VertreterInnen der ARGE Kinder- und Jugendhilfe, der Volksanwaltschaft, der Kinder- und Jugendanwaltschaften sowie WissenschaftlerInnen und betroffene Jugendliche angehören.
Aus ihrer Sicht liegen schon jetzt umfassende wissenschaftliche Ergebnisse vor, stellte Familienministerin Bogner-Strauß dazu fest. Die Einrichtung eines Dauergremiums wäre daher nur eine weitere Begleitmaßnahme. Außerdem könnte dieses Fachgremium aufgrund der kompetenzrechtlichen Lage den Ländern nur Anregungen geben. (Schluss Familienausschuss) gs
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