„Wir sagen Nein! – Wider die Gewalt an Frauen“: Vortragsreihe im Parlament
Wien (PK) – Die Häufung von Gewalttaten zu Beginn dieses Jahres, wonach innerhalb von sieben Wochen acht Frauen Opfer von tödlicher Gewalt wurden, rückten das Thema Gewalt gegen Frauen in den Fokus der Öffentlichkeit. Dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller lud heute ExpertInnen zu einer Veranstaltung ins Parlament, um Gründe für diesen – vermeintlichen – Anstieg der „offenen“ Gewalt zu erörtern.
Kitzmüller: Gewalt ist nicht zu tolerieren
Die Dritte Nationalratspräsidentin begrüßte zur heutigen, bereits zweiten Veranstaltung dieser Themenreihe. Die schrecklichen Ereignisse, die den Frauen passieren – viele seien gefährdet, gar ermordet worden oder unterliegen häuslicher Gewalt – sei nicht zu tolerieren, so Kitzmüller. Bis hin zum Thema Zwangsverheiratungen gelte es, nicht wegzuschauen, und Frauen vor Gewalt zu schützen.
Die Frauensprecherin der FPÖ, Carmen Schimanek, unterstrich in ihren Grußworten, es sei teilweise erschütternd, was selbst hier in Österreich passiere. Gerade in diesem Haus sei es ein wichtiges Anliegen, das Thema mehr als einmal zu diskutieren und nach außen zu tragen. Beeindruckend ist aus Sicht von Schimanek, mit wie viel Elan sich die Polizei schützend vor Frauen stellt. Leider komme es immer noch vor, dass sich Frauen schämen, wenn sie Gewalt erfahren mussten – diese Scham müsse man ihnen nehmen, weil sie eine Täter-Opfer-Umkehr darstelle, die es in Österreich nicht geben darf. „Gewalt ist niemals zu tolerieren“, so auch die FPÖ-Frauensprecherin – egal ob auf der Straße, am Arbeitsplatz oder zu Hause.
Auf die Begrüßung folgten Vorträge der Autorin Katja Schneidt, vom Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung Schlepperkriminalität/Menschenhandel Gerald Tatzgern sowie von einem Beamten der Polizeiinspektion Graz-Sonderdienste, Andreas Weiland. Die Moderation übernahm Nicole Di Bernardo.
Schneidt über die Situation häuslicher Gewalt
Als Autorin mit Hintergrund in der Flüchtlingshilfe und im Gewaltschutz, auch aus eigener Erfahrung, die sie fast mit ihrem Leben bezahlt hätte, berichtete Katja Schneidt über ihre Sicht der Situation mit häuslicher Gewalt. Gewalt sei – bei steigender Tendenz – leider in allen Schichten, Nationalitäten und Religionen präsent, so die Autorin. Es zeige sich aber ein hoher Migrationsanteil von beispielsweise 75% in den Wiener Frauenhäusern. Schneidt führt diese Entwicklung darauf zurück, dass die meisten MigrantInnen aus Ländern kommen, in denen ein völlig anderes Wertgefüge bestehe als in Europa. So sei vor allem für muslimische MigrantInnen die Freiheit der Frauen nicht normal, in ihrem Bild trage der Mann die Verantwortung für die Familie. Auch wenn das vor Jahrzehnten in Deutschland und Österreich nicht anders gewesen sei, habe es hier deutliche Fortschritte gegeben. Bei muslimischen Männern trete allerdings in dieser Situation eine Überforderungssituation ein – sie haben die Empfindung, ihre Frauen zu schützen, was sich aber als schwierig herausstelle, so die Autorin. Dadurch entstehe eine gefährliche Symbiose. Es würde versucht, oft auch unter Einsatz von Gewalt die Kontrolle zu behalten. Versuche, mit Gewalt die Partnerin zu halten, führen auch zum Tod der Opfer, sagte Schneidt.
Häusliche Gewalt sei keine Privatsache, hielt die Autorin weiters fest: Ein Schweigen stärke nur die Täter. Es gelte, hinzuschauen, Täter als solche beim Namen zu nennen und keinesfalls den Opfern zu suggerieren, sie wären selber schuld.
Der Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung Schlepperkriminalität/Menschenhandel im Bundeskriminalamt Brigadier Gerald Tatzgern gab Einblicke in seine tägliche Arbeit, auch hier sei das Thema Gewalt an Frauen leider sehr präsent. Das betreffe – auch bei der Migration innerhalb der EU etwa aus Rumänien oder Bulgarien -einerseits sexuelle Ausbeutung hinsichtlich Prostitution und Zwangsausbeutung von Frauen, aber auch sklavereiähnliche Zustände, etwa wenn – selbst minderjährige Mädchen – auf der Flucht bis Libyen unter widrigster Behandlung überlebten und dann auf der weiteren Flucht nach Italien oder Österreich für Sexarbeit angeboten würden. In seinem Bereich sei viel in Schulungen investiert worden, um solche Thematiken zu erkennen, so Tatzgern.
Was den Kulturkreis betrifft, der nicht abgelegt werde, könne er seine Vorrednerin nur unterstreichen. In seiner Zentralstelle sei begonnen worden, Migrantinnen als interkulturelle Mediatorinnen anzustellen. Aus Sicht von Tatzgern gibt es jedenfalls viele Hausaufgaben zu machen und entsprechende Werte mitzugeben.
Abteilungsinspektor Andreas Weiland gab schließlich Tipps zur Prävention von Gewalt. Seine Empfehlung lautet, zu versuchen, je nach Umfeld verbal Grenzen zu setzen und sich zu wehren. Wenn das nicht reiche bzw. in öffentlichen Situationen sei es bei Hilfsmitteln wie Pfefferspray und Taschenalarmen jedoch auch wichtig, diese zu üben bzw. griffbereit zu halten. Deutlich lud er ein, bei Angst oder Gefahr die Polizeinotrufnummer 133 zu wählen: „Rufen sie die Polizei, das ist unser Job“, so Weiland. Egal, was jemandem zugestoßen sei, riet er dazu, sensibel und achtsam mit sich zu sein und sich bei Bedarf Hilfe zu holen: „Sie sind nicht schuld, der Täter trägt die eigene Verantwortung.“ (Schluss) mbu
HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie auf der Website des Parlaments unter www.parlament.gv.at/SERV/FOTO/ARCHIV .
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