Gemeinnützige Tätigkeit für AsylwerberInnen: Acht Bundesländer gegen 1,50 Euro/Stunde
Wien (OTS) – Die Pläne von Innenminister Herbert Kickl, den Anerkennungsbeitrag für gemeinnützig tätige AsylwerberInnen von bisher 3 bis 5 Euro pro Stunde auf 1,50 Euro zu reduzieren, stößt auf breite Ablehnung der Bundesländer. In einer gemeinsamen Stellungnahme sprechen sich das Burgenland, Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, die Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Wien gegen die Verordnung des Innenministers aus und plädieren für die Beibehaltung der bisherigen Praxis, die sich in allen Ländern und Gemeinden bewährt hat. „Es ist paradox: Der Innenminister will ein Problem lösen, das es gar nicht gibt. Wir verstehen nicht, wieso er ein funktionierendes System kaputt macht“, kritisiert Wiens Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ), auf dessen Initiative die Stellungnahme erarbeitet wurde.
Allein in der Bundeshauptstadt sind derzeit 400 AsylwerberInnen gemeinnützig tätig, auch die anderen Bundesländer haben gute Erfahrungen mit dem bisherigen Modell gemacht. Die AsylwerberInnen gehen einer sinnvollen Tätigkeit nach, leisten einen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft, lernen rascher Deutsch und werden bereits während des Asylverfahrens auf den Arbeitsmarkt vorbereitet. „Diese Bundesregierung streicht Mittel für Deutschkurse und zerstört Anreize für gemeinnützige Tätigkeit, gleichzeitig beklagt sie die Zahl der Asylberechtigten in der Mindestsicherung. Das entbehrt jeglicher Logik“, so Hacker.
Auch der zuständige Landesrat aus Oberösterreich, Rudolf Anschober (Grüne), kann mit der Verordnung Kickls nichts anfangen. „Die Asylverfahren dauern inklusive der zweiten Instanz oft drei Jahre und mehr. Dennoch wurden von der Bundesregierung fast alle Beschäftigungsmöglichkeiten gestoppt. Die allermeisten AsylwerberInnen sind damit jahrelang zur Untätigkeit verurteilt. Diese gezielte Strategie der Zerstörung von Integrationsmaßnahmen muss endlich gestoppt werden. Die FlüchtlingsreferentInnen sprechen sich daher in aller Deutlichkeit für die Beibehaltung der bisher üblichen Praxis und gegen die Pläne des Innenministers aus“, so Anschober.
Für Vorarlberg betont der zuständige Landesrat Christian Gantner (ÖVP), dass es stets der Wunsch des Landes gewesen sei, die Entlohnung der Remunerantentätigkeit von Asylwerbenden als Anreiz angemessen festzulegen. Der bisher geltende Betrag von 4 Euro pro Stunde habe diesem Wunsch Rechnung getragen, eine Reduktion hält Gantner für nicht zielführend. „Aufgrund der Freiwilligkeit dürfte das Interesse von Asylwerbenden an einer Remunerantentätigkeit um 1,50 Euro/Stunde vermutlich gering sein. Ich halte daher den derzeitigen Stundensatz von 4 Euro für angemessen“, so der Vorarlberger Landesrat.
Aus der Steiermark und Kärnten kommt deutliche Kritik an Kickl. „Der Innenminister sollte das Pferd nicht von hinten aufsatteln, sondern über höhere Löhne und Gehälter diskutieren. 1,50 Euro pro Arbeitsstunde ist keine Entlohnung, sondern Ausbeutung“, so Kärntens Landesrätin Sara Schaar (SPÖ). Die steirische Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) ist überzeugt: „Die Möglichkeit zu arbeiten, ist der beste Weg zur Integration. Diesen Ansatz begrüße ich sehr. Aber 1,50 Euro in der Stunde sind deutlich zu wenig, wenn jemand freiwillig eine Beschäftigung aufnimmt. Das leistet nur dem Lohndumping zum Nachteil der Österreicherinnen und Österreicher Vorschub.“
Für Tirol verweist Soziallandesrätin Gabriele Fischer (Grüne) darauf, wie gut das bisherige Modell angenommen worden sei: „Die Rückmeldungen aus allen beteiligten Gemeinden sind überaus positiv. Seit Bekanntwerden der Pläne des Innenministers haben sich aber viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister bei mir gemeldet und deponiert, dass sie nicht bereit sind noch weniger für diese wichtige Arbeit zu zahlen.“ Fischers Fazit: „Durch die Halbierung des bisherigen Wertschätzungsbeitrages auf einen unmenschlichen Hungerlohn zeigt die Bundesregierung erneut, wie wenig sie die tatsächlichen Lebensumstände von geflüchteten Menschen anerkennt.“
Der Salzburger Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn (Grüne), zuständig für Grundversorgung und Soziales, blickt auf die erste Verordnung zur gemeinnützigen Tätigkeit zurück. „Wenn eine ÖVP-FPÖ-Regierung im Jahr 2004 den Betrag von 3 bis 5 Euro für angemessen gehalten hat, warum wollen ihn die gleichen Parteien 2019 nun auf 1,50 Euro senken?“, fragt Schellhorn und verweist darauf, dass 2004 fast 25.000 Asylanträge in Österreich gestellt wurden – im Vorjahr waren es um 11.000 weniger. Einen Stundenlohn von 1,50 Euro lehnt Schellhorn entschieden ab: „Damit wird die Arbeit und der Mensch, der sie macht, ein Stück weit entwertet. Der Innenminister will offensichtlich nicht, dass sich die Menschen integrieren.“
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