Bundesbetreuungsagentur ist Blackbox und Feigenblatt
Wien (OTS) – „Im österreichischen Asylverfahren liegt das Hauptproblem in der schlechten Qualität der Entscheidungen der ersten Instanz. Viel zu viele Bescheide sind fehlerhaft und rechtswidrig, was zu einer hohen Aufhebungsquote in zweiter Instanz durch unabhängige Richter, und immer wieder zu langen Verfahrensdauern führt. Wenn Asylverfahren rascher, aber dennoch qualitativ hochwertig durchgeführt werden sollen, muss man die Qualität der Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) verbessern“, kommentiert Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser die Ankündigung einer Begutachtungsphase für die geplante Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen im Asylverfahren (BBU), die neben der Unterbringung (Grundversorgung) auch die Rechtsberatung im Asylverfahren, die bislang von unabhängigen gemeinnützigen Hilfsorganisationen durchgeführt wurde, übernehmen soll. „Diese Fehlerquote mit der Abschaffung der unabhängigen Rechtsberatung beheben zu wollen ist der falsche Weg und rechtsstaatlich abwegig“, erklärt Moser.
Noch gebe es nicht viel zu begutachten, so Moser weiter: „Uns liegt aktuell nur eine Pressemitteilung mit Zielformulierungen vor. Die aber sind entlarvend. Das bis dato viel beschworene Ziel, dass diejenigen, die Schutz brauchen, auch Schutz bekommen sollen, findet sich gleich gar nicht mehr. Die Zielformulierungen zeigen vielmehr, dass es darum geht, eine unabhängige Rechtsberatung zu verhindern und den Rechtsschutz dadurch zu schwächen. Denn wenn die rechtliche Vertretung von Asylsuchenden einer Agentur des Innenministeriums übertragen wird, wächst die Gefahr, dass fehlerhafte oder willkürliche Entscheidungen nicht mehr revidiert werden und auch dem Blick und damit der Kontrolle der Öffentlichkeit entzogen sind. Die BBU ist eine Blackbox, in der Menschen auf der Flucht und der Zugang zu einem fairen Asylverfahren verschwinden.“
In der Pressemeldung der Bundesregierung heißt es, rechtsstaatliche und rasche Verfahren sollen sichergestellt werden, ohne den Betroffenen „nicht gleich am Beginn des Verfahrens falsche Hoffnungen“ zu machen. „Fakt ist: Rechtsberatung gibt es erst nach einem negativen Bescheid des BFA, am Beginn des Verfahrens können unsere RechtsberaterInnen weder berechtigte, noch falsche Hoffnungen machen“, kommentiert Moser. „Fakt ist auch: Wer einen negativen Bescheid hat, hat – angesichts der Fehlerquote des BFA von zuletzt über 42% – eine sehr reale Hoffnung, dass dieser aufgehoben wird. Fakt ist zudem: Die RechtsberaterInnen der Diakonie beraten realistisch. Wenn die KlientInnen dies wollen, sind sie vertraglich dazu verpflichtet, Beschwerde einzulegen.“
Weiters heißt es in der Pressemeldung der Bundesregierung, ein Vorteil der BBU liege in „Einsparungen aufgrund wegfallender Gewinnorientierung. Moser dazu: „Fakt ist: Die Mittel der öffentlichen Hand waren bis dato nicht ausreichend für qualitätsvolle Rechtsberatung. Diakonie und Kirche haben massiv Spendenmittel eingesetzt. Ich könnte mich auch nicht erinnern, dass Verstaatlichung jemals zu mehr Kosteneffizienz geführt hätte.“
Schon aus den bis dato nur rudimentär vorliegenden Plänen der Regierung zur Struktur der zukünftigen Rechtsberatung wird klar, dass massive Qualitätseinbußen in der Vertretung zu erwarten sind. Die Zahl der RechtsberaterInnen soll halbiert werden, gleichzeitig sollen sie ein zusätzliches Arbeitsfeld dazu bekommen und neben der Beratung und Vertretung in zweiter Instanz auch in erster Instanz beraten.
Die Geschäftsführung der BBU ist nach den in der Pressemitteilung vorgelegten Plänen direkt dem Innenminister unterstellt und weisungsgebunden. „RechtsberaterInnen, die dem Innenministerium unterstellt sind, sind nicht unabhängig und können daher nicht im ausschließlichen Interesse der AntragstellerInnen agieren. Daran wird auch die Bestellung eines Bereichsleiters innerhalb der Agentur für die Rechtsberatung durch den Justizminister nichts ändern können. Sie scheint vielmehr ein Feigenblatt zu sein, das Unabhängigkeit vorspiegeln soll, wie auch das ganze Unternehmen weniger der Rechtsberatung und dem Rechtsschutz Schutzsuchender dienen soll, als vielmehr dazu zu suggerieren in Übereinstimmung mit den Grundrechten und dem Europarecht zu agieren.“
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