Ökostrom – SPÖ drängt auf Verhandlungslösung – Bis Ostern ist Beschluss möglich
Wien (OTS/SK) – Die SPÖ bekräftigt ihre Kritik am Vorgehen der ÖVP in Sachen Ökostrom. Der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried sagt: „Die letzte Woche hat eine für die ÖVP erstaunliche Erkenntnis gebracht: Nicht der ÖVP-Bauernbund hat die Budgethoheit in Österreich, sondern das Parlament“. In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit SPÖ-Energiesprecherin Muna Duzdar und dem Bürgermeister von Ybbs an der Donau, Alois Schroll, bezeichnete Leichtfried die Reaktion der ÖVP auf die Abstimmungsniederlage im Bundesrat als „bornierte, kindische Arroganz“. Die SPÖ ist verhandlungsbereit und hält die Einladung an alle Parlamentsparteien aufrecht, gemeinsam bis Ostern eine Ökostromnovelle zu beschließen, „die fair und tragfähig ist“, bei der die Betreiber der Anlagen und die ZahlerInnen der Förderung, nämlich die StromkundInnen, wissen, was auf sie zukommt. ****
Das Verhalten der ÖVP, die, nachdem sie keine Verfassungsmehrheit bekommen hat für ihr, wie Leichtfried sagt, „schlechtes Gesetz“, sei „unwürdig für eine parlamentarische Demokratie“. Die zuständige Ministerin Elisabeth Köstinger „macht eine Staatsaffäre aus einer politischen Sachfrage, wo eine Einigung leicht möglich wäre“. Leichtfried: „Wir haben die Hand ausgestreckt, die ÖVP ist aufgestanden und bis heute nicht zurückgekehrt an den Verhandlungstisch.“
„Miteinander Reden ist zentral für die Demokratie“, sagt Leichtfried. Immerhin gehe es um 150 Millionen Euro, die die StromkundInnen mit ihrer Ökostromabgabe zahlen müssen. Das neue Vorhaben der ÖVP, mit dem sie den Verhandlungsweg umgehen will, wird nach Einschätzung von Leichtfried „länger dauern, es bringt Rechtsunsicherheit und neun unterschiedliche Länderlösungen – das, was man verhindern wollte, das machen sie jetzt“.
Dazu komme als Begleitmusik die „bewusste Unwahrheit“, nämlich der Vorwurf, die SPÖ sei für Atomstrom. Leichtfried: „Die SPÖ ist für mehr erneuerbare Energie und ganz klar gegen Atomstrom.“ Gegen die „dreiste Propaganda“ der ÖVP gibt es eine Klage. Zudem wirft Leichtfried die Frage auf, was denn die Regierung gegen Atomstrom mache. Vor den Toren Wiens im slowakischen Mohovce sperrt bald ein neues AKW mit sehr alter Technologie auf „und die Bundesregierung tut nichts. Das ist einfach scheinheilig“.
Die SPÖ-Energiesprecherin machte klar, dass die StromkundInnen das Recht haben, zu wissen, was mit ihren 150 Millionen Euro passiert – aber: „die ÖVP sagt es nicht“; per parlamentarischer Anfrage will Duzdar jetzt von der Umweltministerin genauen Aufschluss darüber, um welche Anlagen es geht, welche Leistung die aufweisen, welchen Wirkungsgrad und wie viele ArbeitnehmerInnen in den Anlagen direkt beschäftigt sind.
„Die Ministerin missachtet demokratische Beschlüsse. Wenn die Beschlüsse nicht so ausfallen, wie es die ÖVP gerne hätte, dann ändern sie die Spielregeln und schummeln sich durch“, so Duzdar. Dabei sei die jetzt geplante einfachgesetzliche Variante „eine Scheinlösung“, die statt einem Gesetz zehn erfordert (das Grundsatzgesetz und neun Landesgesetze); so produziert die ÖVP eine „unheimliche rechtliche Verkomplizierung der Sache und große Unsicherheiten für die Anlagenbetreiber“.
Zeitlich ist jedenfalls mit einer wesentlichen Verzögerung zu rechnen. Immerhin muss die neue Beihilfe von der EU genehmigt werden; das dauert, wenn es schnell geht, drei Monate, wenn nicht, bis zu zwei Jahre. Dann haben die Länder sechs Monate Zeit nach Inkrafttreten des Grundsatzgesetzes für ihre Ausführungsgesetze. Herauskommen werde ein „Rückfall in alte Zeiten mit einem Fleckerlteppich von unterschiedlichen Tarifen und Beiträgen“, so Duzdar. Und das Ganze ist bedroht von Rückzahlungsforderungen -nämlich dann, wenn die EU die Beihilfe nicht genehmigt – und Millionenstrafzahlungen für Österreich.
„Die SPÖ hat eine tragfähige, faire und rasche Lösung auf den Tisch gelegt, hat alle Energiesprecher im Parlament eingeladen. Damit könnten wir bis Ostern einen fertigen Beschluss haben“, sagte Duzdar. Mit dem, was die ÖVP macht, können die Betreiber bestenfalls mit Allerheiligen rechnen und sie wären aber mit den ganzen Risiken konfrontiert. Duzdar hat schon am Freitag vergangene Woche alle EnergiesprecherInnen der Parlamentsparteien eingeladen und „bis auf ÖVP haben auch alle geantwortet“.
Der Ybbser Bürgermeister Alois Schroll spricht sich für eine rasche Lösung aus. Er betont, dass erneuerbare Energie für alle 2096 österreichischen Gemeinden und Städte ein wichtiges Thema ist. Für Ybbs ist es seit 120 Jahren die Wasserkraft und seit rund 15 Jahren auch die Biomasse. Aus der Warte der BürgermeisterInnen verlangt Schroll Transparenz. Er berichtet, dass allein im Mostviertel sechs Biomasseanlagen stehen (fünf davon in SPÖ-geführten Gemeinden) und weder die Betreiber noch die Gemeinden wissen, ob die Anlagen in Zukunft ihre Förderung bekommen.
Außerdem berichtet Schroll, dass im Vorfeld der Abstimmung im Bundesrat „massiver Druck“ von ÖVP-Seite auf die Gemeinden und die Betreiber ausgeübt worden sei. Dabei sagen auch die Betreiber, dass die SPÖ im Bundesrat den richtigen Schritt gemacht hat. Er warf zudem die Frage auf, was die ÖVP-MinisterInnen eigentlich daran gehindert habe, eine rechtzeitige Lösung zu verhandeln – denn die Förderverträge laufen seit dem Jahr 2017 aus. 15 Biomasseanlagen sind seit 2017 und 2018 ohne Förderung.
„Wirklich letztklassig“ findet Schroll den Atomstromvorwurf der ÖVP. Denn es seien gerade SPÖ-Gemeinden, die sich von Anfang an für erneuerbare Energien stark gemacht haben. „Weit über 50 Prozent der Biomasseanlagen sind in SPÖ-geführten Gemeinden“, so Schroll. „Wir in Ybbs an der Donau waren im April 1986 sehr betroffen nach dem AKW-Supergau in Tschernobyl. Da stehe ich als SPÖ-Bürgermeister felsenfest da. Nein, wir wollen keinen Atomstrom – wir wollen mehr Ökostrom, mit einer transparenten Lösung“, betont Schroll, der die ÖVP auffordert, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.
Wie es mit der ÖVP weitergeht, sei schwer einzuschätzen. Rein sachlich sei eine gute Lösung bis Ostern kein Problem. Die Bereitschaft der ÖVP-Ministerin Köstinger sei allerdings nicht erkennbar, auch die Prognose, ob das mit der einfachgesetzlichen Umgehungslösung funktionieren könne, hält Leichtfried ungewiss: „Ob die Ministerin mit ihrer derzeitigen Tunnelblickphase das zustandebringt, halte ich für sehr fraglich.“ (Schluss) sc/wf/mp
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