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Gewaltschutz: Bogner-Strauß verspricht mehr Geld

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Wien (PK) – Besserer Gewaltschutz für Frauen stand heute im Mittelpunkt des Gleichbehandlungsausschusses. Die Nationalratsabgeordneten aller Fraktionen zeigten sich einig, auch wenn Österreich im internationalen Vergleich schon viele Gewaltschutzmaßnahmen gesetzt hat, müsse das Land hier weiter aktiv bleiben. Trotz gleichbleibenden Frauenbudgets im Jahr 2019 werde mehr Geld an Gewaltschutz- und Interventionsstellen fließen, sicherte Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß zu. „Häusliche Gewalt, sexuelle Gewalt und psychische Gewalt sind oft strukturell bedingt“, betonte die Ministerin mit Blick auf ungleiche Machtverhältnisse zwischen Opfern und Tätern. Gleichstellung und Gleichberechtigung von Frauen und Männern seien essentiell für nachhaltigen Gewaltschutz.

Grundlage der Ausschussdebatte bildete der Evaluierungsbericht ( III-163 d.B.) einer unabhängigen Expertengruppe (GREVIO) zur Umsetzung der „Istanbul-Konvention“ des Europarats in Österreich. Die Republik war 2013 eines der ersten Länder, die diese Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ratifiziert haben. Ungeachtet einer allgemein positiven Bewertung des heimischen Opferschutzes heißt es im Bericht, nicht alle Formen der Gewalt würden gleich gut bekämpft. Vor diesem Hintergrund forderten die Oppositionsparteien mehr Mittel zum Ausbau von Gewaltschutzzentren und eine nachhaltige Informationspolitik, gerade im Bildungsbereich, ein. Die Oppositionsanträge vertagten ÖVP und FPÖ, der GREVIO-Bericht wurde dagegen einstimmig angenommen. Auf Verlangen der SPÖ wird sich auch das Nationalratsplenum mit dem Bericht befassen.

Logar und Rösselhumer: Opferschutz braucht mehr Geld

Als Fachfrauen zum GREVIO-Bericht begrüßte Obfrau Gabriele Heinisch-Hosek im Ausschuss Rosa Logar, Mitglied des GREVIO-Komitees, und Maria Rösselhumer von der Nichtregierungsorganisation „Allianz GewaltFREI leben“. Grundsätzlich stelle der GREVIO-Bericht Österreich ein gutes Zeugnis bei der Erfüllung der Istanbul-Konvention aus, hielten beide Expertinnen fest, besonders bei der Prävention und Bekämpfung häuslicher Gewalt. Kritik übt die GREVIO-Gruppe aber daran, dass andere Gewaltformen wie psychische Gewalt, Stalking, Vergewaltigung, Zwangsheirat, weibliche Genitalverstümmelung, Zwangsabtreibung, Zwangssterilisierung und sexuelle Belästigung weit weniger Beachtung finden. Das schlage sich in einem Betreuungsmangel der Opfer nieder, heißt es im Bericht, seien doch die Gewaltschutzzentren der Bundesländer kaum dafür gerüstet, beispielsweise mit Vergewaltigungsopfern umzugehen. Rösselhumer machte die Kritik an jüngsten Mittelkürzungen bei Fraueneinrichtungen für Gleichstellung sowie an der eingestellten Finanzierung von Polizeischulungen in Frauenhäusern fest. „Die Finanzierung ist nicht ausreichend“, merkte sie insgesamt an. Außerdem mangle es in Österreich an Beratungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche, die „stille Zeugen“ von Gewaltausübung in der Familie geworden sind.

Zwar hoben Logar wie Rösselhumer Österreichs international vorbildliche Rolle hervor, nicht zuletzt dank des bereits 1997 erlassenen Gewaltschutzgesetzes als Basis für polizeiliche Wegweisungen gewalttätiger Männer, gerichtliche Verfügungen, psychosoziale Prozessbegleitung und Opferschutz auch in Spitälern. Doch mahnten sie analog zum GREVIO-Bericht eine Höherdotierung von Gewaltschutzeinrichtungen und Präventionsmaßnahmen sowie besseren Schutz besonders verletzlicher Opfer wie Menschen mit Behinderung und Asylwerberinnen ein. Zudem sprach sich Logar für rechtliche Änderungen aus, um Gewahrsamnahmen von Tätern zu erleichtern. „Eine Wegweisung reicht bei wiederholter Gewalt nicht aus.“ Nötig wären auch intensivere Ermittlungen, sodass weniger Fälle eingestellt werden, und eine Abkehr von der Diversion bei Gewaltanwendung. Außergerichtliche Einigungen dürfe bei Gewaltfällen nicht angewandt werden, ist die GREVIO-Vertreterin einig mit NGO-Sprecherin Rösselhumer, denn dies gebe „ein falsches Signal“.

Taskforce Strafrecht soll Opferschutz stärken

Die Expertinnen hoffen in diesem Zusammenhang auf die Ergebnisse der Taskforce Strafrecht, die sich laut Frauenministerin Bogner-Strauß mit Novellierungen zum Opferschutz, zur Täterarbeit und mit Maßnahmen gegen „Hass im Netz“ befasst. Sie sei sich des Problems der geringen Verurteilungsrate bei Gewalttätern bewusst, so Bogner-Strauß, die steigende Zahl an Frauenmorden spreche eine klare Sprache. Die Regierung werde daher schon in einem halben Jahr die Ergebnisse der Taskforce vorstellen. In dem Gremium seien derzeit in fünf Arbeitsgruppen und in Unterarbeitsgruppen über 170 KollegInnen und ExpertInnen mit der Ausarbeitung von etwa 130 Vorschlägen beschäftigt. Abgesehen davon unterstütze man bereits jetzt viele Gewaltschutzmaßnahmen, nannte Ministerin Bogner-Strauß unter anderem Frauenberatungsstellen und -häuser, Notwohnungen, die 24-Stunden-Helpline und Qualitätssicherung der Prozessbegleitung.

Weiterentwickelt werde auch die Ausbildung für Gesundheitsberufe, informierte Bogner-Strauß NEOS-Mandatarin Claudia Gamon, sodass Zeichen der Gewaltanwendungen von medizinischen Kräften erkannt werden. Von Stephanie Cox (JETZT) nochmals explizit auf die laut GREVIO-Bericht mangelhafte Betreuung von Minderjährigen, die Gewalt miterleben mussten, angesprochen, sagte die Frauenministerin, sehr wohl gebe es in Österreich Kinderberatungsstellen, beispielsweise Mädchenhäuser für unter 18-Jährige. Abgesehen davon seien Gewaltschutzeinrichtungen vertraglich zur Betreuung von Kindern der Opfer verpflichtet. Mit den Bundesländern führe sie überdies Gespräche, Frauen den Wechsel in ein Frauenhaus eines anderen Bundeslands zu ermöglichen, soweit das Platzangebot das zulasse.

Angesichts der von Bogner-Strauß erläuterten Maßnahmen konnte Carmen Schimanek (FPÖ) die Kritik der GREVIO-Kommission an der heimischen Gewaltschutzpolitik nicht nachvollziehen. Die Formulierung im Bericht, hierzulande sei beim Gewaltschutz „der Zenit erreicht“, sei nicht fair. Hinsichtlich Finanzierung merkte die Freiheitliche an, gerade von den Bundesländern werde viel in Gewaltschutzeinrichtungen investiert, das schlüssle der Bericht aber nicht auf. Karl Mahrer (ÖVP) rief die „Enttabuisierung“ häuslicher Gewalt in Erinnerung, die das Gewaltschutzgesetz gebracht habe. Staatssekretärin Karoline Edtstadlers Strafrechts-Taskforce und das laufende Wirken von Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß würden dementsprechend weitere Akzente zum Opferschutz setzen. „Die Anwendung des außergerichtlichen Tatausgleichs bei Gewalt gegen Frauen ist zu unterbinden“, sagte auch Mahrer. Gleichermaßen forderte Sabine Schatz (SPÖ) ein Aus für Diversionen und darüber hinaus mehr Sensibilisierung der Polizei in ihrer Ermittlungsarbeit bei Gewaltverbrechen. Kritisch äußerte sie sich zur Lage der multiinstitutionellen Zusammenarbeit auf diesem Gebiet, nachdem das MARAC-Bündnis zur Kooperation von Polizei, Interventionsstellen und Justiz gegen Rückfalltaten nicht weitergeführt werde.

Mario Linder (SPÖ) appellierte schließlich für mehr Einsatz gegen Hasspostings im Internet, da diese Form der Gewalt stetig zunehme. Für Ministerin Bogner-Strauß ist dabei die Informationsarbeit an Schulen von höchster Bedeutung, wobei sie auf ExpertInnen, die Bildungseinrichtungen besuchen, setzt.

Heikles Thema Budget

Aus Sicht von Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ), die sich außerdem für eine gemeinsame Entschließung zu einem „Nationalen Aktionsplan neu“ aussprach, habe sich das Frauenbudget sehr wohl reduziert. Etwa sei eine zuvor ausverhandelte Rücklagenauflösung über 500.000 € nicht mehr enthalten. Das habe auch Auswirkungen gezeigt, seien doch Frauen Beratungen wegen mangelnder Stunden vorenthalten worden. Alois Stöger (SPÖ) verwies auf die allgemeine aktuelle Budgetsituation, wonach wesentlich mehr Steuereinnahmen als geplant festzustellen seien. Diese Mittel sollten aus seiner Sicht für Betroffene eingesetzt werden können. Außerdem befürchtet er, dass es durch die geplante Einführung einer Obergrenze in der Sozialhilfe und hinsichtlich einer „Zerschlagung“ regionaler Strukturen der Gebietskrankenkasse mittels Sozialversicherungsorganisationsgesetz zu massiven Nachteilen für Frauen bzw. von Gewalt Betroffener kommt. Schimanek ortet in der Argumentation einen „Klassenkampf“ und appellierte an Stöger, gegen Gewalt an Frauen gemeinsam vorzugehen. Sie verwies in Richtung Heinisch-Hosek darauf, dass die Mittel schon unter der Vorgängerregierung nie erhöht werden konnten, weshalb diese wissen sollte, wie schwierig das sei.

Gemeinsam ein höheres Budget für den Bereich zu schaffen, sei ihr ein großes Anliegen, betonte Ministerin Bogner-Strauß. Es gelte hier, an einem Strang zu ziehen und sich nicht gegenseitig die Schuld zuzuweisen. Hinsichtlich Steuereinnahmen sei die Regierung auf einem guten Weg der Konsolidierung. Sie werde aber nicht müde zu sagen, dass bei Frauen nicht gekürzt werde.

Opposition urgiert Finanzierungssicherheit und mehr Information

Claudia Gamon (NEOS), Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) und Stephanie Cox (JETZT) geht es vor allem um die budgetären Mittel für den bedarfsorientierten Ausbau von Gewaltschutzeinrichtungen ( 199/A ). Obwohl 100 zusätzliche Betreuungsplätze angekündigt worden seien, liege das Wirkungsziel der Regierung im Bereich Gewaltprävention unter jenem Wert, der 2015 und 2016 schon hergestellt worden war, kritisieren die Antragstellerinnen. Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ vertagt. Derzeit finde eine Evaluierung statt, welcher Bedarf genau bestehe, sagte Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP). Diese Erhebung möchte sie abwarten. Sie vermisst auch eine konkrete Summe im Antrag. Die Vertagung nicht goutieren konnten allerdings Heinisch-Hosek und Gamon, zumal es sich nur um eine Willensbekundung an die Ministerin handle. Sabine Schatz (SPÖ), die zuvor auch auf den Bedarf von bundesländerübergreifenden Regelungen hingewiesen hatte, erkundigte sich nach dem Stand der Evaluierung.

Derzeit würde versucht, die Daten abzugleichen, sagte Ministerin Bogner-Strauß. Ganz klar könne sie jedoch bereits sagen, dass es nicht so sehr an Betreuungsplätzen mangle, sondern mehr an Übergangswohnungen. Hier seien die Überlegungen schon sehr weit fortgeschritten, wo die 100 Plätze am besten aufgehoben seien.

Information und Prävention von sexualisierter Gewalt und Belästigung, vor allem im Netz und im Hinblick auf Kinder und Jugendliche ( 421/A(E) ) sind den NEOS ein Anliegen. Die Anzahl von Betroffenen, die mit sexualisierter Gewalt oder sexueller Belästigung zu tun haben, werde immer größer. Vor allem Hass im Netz nehme stetig zu, argumentieren die AntragstellerInnen. Übergriffe würden aber nicht nur unter Erwachsenen passieren, sondern auch bei Kindern und Jugendlichen. Sowohl Medien- und Digitalkompetenz, als auch Sexualerziehung müssten daher mehr Stellenwert erhalten, in Schulen -aber auch außerhalb sowie im Erwachsenenbildungsbereich – müsse es Raum für diese Inhalte geben. Dafür seien auch ausreichend finanzielle und personelle Ressourcen für Informations- und Bildungsmaßnahmen im Querschnittsbereich Medienkompetenz und Sexualpädagogik zur Verfügung zu stellen, fordern die NEOS ein Maßnahmenpaket, das (Bewusstseins-)Bildung, Information und Sensibilisierung von jungen Frauen und Männern bezüglich sexualisierter Gewalt zum Ziel hat. Claudia Gamon unterstrich, es gehe um eine nachhaltige Herangehensweise, das Thema sexuelle Belästigung langfristig zu bekämpfen und dazu im Bildungswesen anzusetzen, um einen Kulturwandel herbeizuführen. Carmen Schimanek (FPÖ) hält den Antrag für wichtig und kann sich einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen vorstellen. Dabei hätte sie aber gern eine Trennung zwischen dem Frauen- und dem Bildungsbereich und beantragte die – mehrheitlich von ÖVP und FPÖ angenommene – Vertagung. (Schluss Gleichbehandlungsausschuss) rei/mbu

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