Menschenrechtsausschuss drängt auf verstärkte Verbüßung von Haftstrafen im Heimatland | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Menschenrechtsausschuss drängt auf verstärkte Verbüßung von Haftstrafen im Heimatland

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Wien (PK) – Knapp 100 ausländische Straftäter wurden dieses Jahr bisher in ihr Heimatland überstellt, um dort eine von einem österreichischen Gericht verhängte Haftstrafe abzusitzen. Geht es nach den Abgeordneten, sollen es in Zukunft deutlich mehr werden. Der Menschenrechtsausschuss des Nationalrats sprach sich heute in Form einer Entschließung einstimmig dafür aus, das Konzept „Haft in der Heimat“ zu forcieren. Gleichzeitig wird die Regierung ersucht, dieses Thema auch auf EU-Ebene stärker in den Fokus zu rücken und sich dabei auch für menschenrechtskonforme Haftbedingungen in den EU-Staaten und in Drittländern einzusetzen. Die vermehrte Verbüßung von Haftstrafen im Heimatland würde nicht nur der Überbelegung der österreichischen Gefängnisse entgegenwirken und die Kosten für den österreichischen Strafvollzug senken, sondern wäre im Sinne einer besseren Resozialisierung auch für die Betroffenen vorteilhaft, sind sich die Abgeordneten einig.

Weiteres Thema im Ausschuss war die geplante EU-Richtlinie zum Urheberrecht, die von den Oppositionsparteien kritisch gesehen wird. Die Beratungen über einen von den NEOS dazu eingebrachten Entschließungsantrag wurde jedoch vertagt. Laut Justizminister Josef Moser wird es am 13. Dezember eine nächste Verhandlungsrunde auf EU-Ebene geben.

EGMR übt immer wieder Kritik an Haftbedingungen

Basis für die Entschließung zum Thema „Haft in der Heimat“ bildete eine ÖVP-FPÖ-Initiative ( 512/A(E) ). Susanne Fürst (FPÖ) wies in der Debatte darauf hin, dass mehr als die Hälfte der Insassen in österreichischen Gefängnissen AusländerInnen sind. Dieser hohe Ausländeranteil verursache vielfältige Probleme, meinte sie. Es gehe nicht nur um Sprach- und Kommunikationsschwierigkeiten, auch die Aggressivität in den Gefängnissen und Angriffe auf JustizwachebeamtInnen hätten zugenommen. Die Überstellung von Haftinsassen in ihre Heimatländer sei daher sowohl im Interesse der ÖsterreicherInnen als auch der Betroffenen, da die Chance auf Resozialisierung steige.

Von Seiten der Opposition bekundeten Harald Troch (SPÖ), Alma Zadić (JETZT) und Nikolaus Scherak (NEOS) Zustimmung zur Initiative. Die Idee sei nicht neu, sagte Troch, bereits die frühere Justizministerin Maria Berger habe erste Schritte in die Wege geleitet. Wichtig ist es für Troch und Zadić nun, dass die Regierung konkrete Umsetzungsschritte setzt, schließlich sei diese „sehr stark im Ankündigen“, meinte Troch.

NEOS-Abgeordneter Scherak gab zu bedenken, dass familiärer Kontakt für Haftinsassen im Heimatland einfacher sei. Allerdings ist ihm wichtig, dass in ausländischen Haftanstalten menschenrechtliche Standards eingehalten werden. Er begrüßte es daher ausdrücklich, dass dieser Punkt von der Entschließung mitumfasst ist.

Wie Gudrun Kugler (ÖVP) hervorhob, gelangen immer wieder Fälle zum Europäischen Menschengerichtshof (EGMR), die belegen, dass Menschenrechte in Haftanstalten nicht eingehalten werden. Die aufgezeigten Problemen reichen ihr zufolge von zu wenig Platz für Häftlinge über mangelnde Hygiene und fehlende medizinische Versorgung bis hin zu wiederholten Leibesvisitationen und Isolationshaft.

Derartige Probleme sind laut Justizminister Josef Moser mit ein Grund, warum Österreich verhältnismäßig wenige ausländische Straftäter zur Haftverbüßung in ihr Heimatland überstellt. Heuer sind es bis zum Stichtag 20. November exakt 98 Personen gewesen, davon 41 Rumänen und 12 Slowaken. Es müsse in jedem Fall einzeln geprüft werden.

Immer wieder in der Kritik stehen laut Moser etwa Bulgarien, Rumänien, die Slowakei, Serbien und Ungarn. Er will in diesem Sinn auf ein gemeinsames Bekenntnis der EU-Länder zu angemessenen Standards in Haftanstalten hinarbeiten. Überdies sei man auf EU-Ebene gerade dabei zu eruieren, inwieweit EU-Mittel für eine Verbesserung von Haftbedingungen locker gemacht werden können. Da der Strafvollzug nicht in das Primärrecht der EU falle, sei eine unmittelbare Finanzierung aus dem EU-Budget nämlich nicht möglich. Vorstellen kann sich Moser etwa, Mittel im Rahmen der Regionalförderung oder für Deradikalisierung zur Verfügung zu stellen. Aktuell in Verhandlung steht laut Moser derzeit auch ein Übernahme-Abkommen mit Marokko, vor einem Abschluss müssten jedoch noch Datenschutzfragen gelöst werden.

NEOS sehen geplante EU-Richtlinie zum Urheberrecht problematisch

Was das Urheberrecht betrifft, bewerten die NEOS die geplante EU-Richtlinie in einigen Punkten als höchst problematisch und bringen das auch in einem Entschließungsantrag ( 493/A(E) ) zum Ausdruck. Ein automatisiertes Filtern von Nutzerinhalten vor deren Veröffentlichung komme einer Zensur gleich und greife unverhältnismäßig in die Meinungs- und Informationsfreiheit der BürgerInnen ein, macht Nikolaus Scherak etwa gegen so genannte „Uploadfilter“ mobil. Auch dem Leistungsschutzrecht in Form einer „Link-Steuer“ für auf Nachrichtenplattformen angerissene Medienberichte kann er nichts abgewinnen.

Die Pläne seien ein massiver Angriff auf die Grundrechte im Internet, betonte Scherak heute im Ausschuss. Von einem „Uploadfilter“ könnten etwa auch satirische Beiträge betroffen sein. Zudem seien derartige Filter technisch gar nicht möglich, niemand wisse, wie diese ausschauen sollen. Was das Leistungsschutzrecht betrifft, gab Scherak zu bedenken, dass derartige Maßnahmen weder in Spanien noch in Deutschland funktioniert hätten, vielmehr hätten sie das Gegenteil der ursprünglichen Ziele bewirkt.

Unterstützung erhielt Scherak von den beiden anderen Oppositionsparteien. Birgit Sandler (SPÖ) sieht die Gefahr, dass durch „Uploadfilter“ viele Beiträge von Vornherein gesperrt werden. Wer entscheidet, was ins Netz komme und was nicht, schloss sich dem ihr Fraktionskollege Mario Lindner an. Er fürchtet, dass das Internet durch derartige Filter noch manipulativer wird, als es jetzt schon ist.

Klaus Fürlinger (ÖVP) hielt dem entgegen, dass es Maßnahmen brauche, um geistiges Eigentum im Internet zu schützen. Das Internet dürfe kein rechtsfreier Raum sein, mahnte er. In diesem Sinn hält er eine Rechtsgüterabwägung zwischen dem Schutz geistigen Eigentums und der Meinungs- und Pressefreiheit für erforderlich. Aufgrund der derzeit auf EU-Ebene laufenden Verhandlungen sprachen sich sowohl Fürlinger als auch Kira Grünberg (ÖVP) für eine Vertagung der Initiative aus.

Justizminister Josef Moser hob hervor, dass der Rat bereits am 25. Mai 2018, also noch unter bulgarischem Ratsvorsitz, eine gemeinsame Stellungnahme zur EU-Richtlinie abgegeben habe. Als Ratsvorsitzender müsse Österreich diese Meinung bei den laufenden Verhandlungen zwischen dem Rat, dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission vertreten. Die Verhandlungen seien aufgrund der unterschiedlichen Positionen nicht einfach, sagte Moser, die nächste Sitzung findet ihm zufolge am 13. Dezember statt.

Die Bedenken Scheraks teilt Moser allerdings nicht. Ein verpflichtender „Uploadfilter“ sei nicht vorgesehen, versicherte er. Vielmehr gehe es darum, dass große Provider, die mit nutzergenerierten Inhalten Profit machen, angemessene Maßnahmen unter Bedachtnahme technischer Entwicklungen setzen müssen, um Urheberrechtsverstöße zu unterbinden. Dabei komme auch den NutzerInnen eine Mitwirkungspflicht zu. Zudem sei zwingend ein Beschwerdemechanismus vorgesehen, um gegen ungerechtfertigte Sperren von Inhalten vorgehen zu können. Was das Leistungsschutzrecht betrifft, merkte Moser an, eine gemeinsame Vorgangsweise der EU-Länder sei notwendig, nur so sei eine Position der Stärke gegenüber den großen Plattformen gewährleistet. (Schluss Menschenrechtsausschuss) gs

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