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Pflege: Bund stellt weitere 240 Mio.€ zur Verfügung

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Wien (PK) – Die Bundesländer erhalten mehr Mittel zur Kompensation von Einnahmeausfällen im Pflegebereich, nachdem der Pflegeregress letztes Jahr abgeschafft worden ist. Mit einem eigenen Bundesgesetz beschloss heute der Nationalrat mehrheitlich, zusätzlich zu den schon ausgezahlten 100 Mio. € den Ländern insgesamt noch 240 Mio. € diesen Dezember zu überweisen. ÖVP, FPÖ und JETZT zeigten sich äußerst zufrieden mit den Zweckzuschüssen, beweise der Bund damit doch sein Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Ländern, sie bei der Sicherstellung einer hochwertigen Pflege zu unterstützen. Die langfristige Absicherung der Pflege in Österreich ist auch SPÖ und NEOS ein Anliegen, die SozialdemokratInnen bemängelten aber an der derzeitigen Finanzierung, sie sei nicht tragfähig. Ihrer Ansicht nach sollte die Einführung einer Erbschaftssteuer für die nötigen Mittel sorgen. Für die NEOS war schon die Abschaffung des Pflegeregresses im Vorjahr ein Fehler, da ihrer Meinung nach nicht durchdacht. Ohne ein umfassendes Pflegekonzept steuere man auf ein Fiasko zu.

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein betonte, die jetzige Regierung werde die „Versäumnisse“ der letzten Jahrzehnte im Pflegebereich nachholen. In Kürze werde ein Masterplan vorgelegt, um besonders auch die vielen pflegenden Angehörigen in Österreich besser zu unterstützen. Entschieden wandte sie sich gegen den SPÖ-Vorschlag einer Erbschaftssteuer zur Pflegefinanzierung, denn damit würde eine neue „Massensteuer“ eingeführt. „Jeder Mensch, der Pflege braucht, soll das Recht darauf haben“, das sei ein Regierungsziel.

Unterstützung soll sich am Länderbedarf orientieren

Peter Wurm (FPÖ) erläuterte im Plenum nochmals die Details der zusätzlichen Unterstützungsleistungen, die aus dem Bundesbudget an die Länder gehen sollen. Nach Erhalt der Gelder seien die Länder verpflichtet, die Mittel „transparent und zeitnah“ an die betroffenen Gemeinden, Städte, Sozialfonds und Sozialhilfeverbände zu verteilen, heißt es im Gesetzestext. Weil die tatsächliche Summe der Einnahmeausfälle seitens der Länder noch nicht abzuschätzen sei, so Wurm, sehe man die Endabrechnung erst im Jänner 2019 vor. Bezahlt werde dann nächstes Jahr der Differenzbetrag.

Die Aufteilung der Mittel zwischen den Bundesländern erfolgt laut Regierungsvorlage nach einem speziellen Schlüssel, der sich an den von den Ländern eingemeldeten Mehrkosten orientiert. Die meisten Zuschüsse werden demnach die Steiermark und Oberösterreich erhalten. Basis der Berechnung bilden laut Wurm neben der Einwohnerzahl eine Landes dessen spezifische Unterschiede im Pflegewesen wie die Pflegebettenzahl oder die Höhe der Pflegesätze. Insgesamt, resümierte der FPÖ-Abgeordnete, sei es mit dieser pragmatischen Finanzierung möglich, in Würde zu altern, „ohne alles im Vorfeld zu verteilen“. Wurm spielte mit dieser Bemerkung auf die Zeit vor Abschaffung des Pflegeregresses 2017 an, als ihm zufolge von älteren Menschen häufig das gesamte Vermögen verschenkt wurde, um Regressforderungen der öffentlichen Hand zu entgehen, sollten sie pflegebedürftig werden.

Kritik von SPÖ und NEOS an Finanzierungsmodell

„Die Abschaffung des Pflegeregresses war ein sozialpolitisch großer Schritt“, unterstrich SPÖ-Sozialsprecher Alois Stöger. Die von der SPÖ angedachten flankierenden Maßnahmen seien jedoch beim damaligen Koalitionspartner ÖVP auf Widerstand gestoßen. Neben einer Pflegemilliarde zur Verbesserung der Ausbildung, der mobilen Dienste, der Situation von pflegebedürftigen Menschen mit Behinderung und einer Valorisierung des Pflegegelds nannte Stöger die Schaffung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer. Eine Finanzierung der Pflege über Zweckzuschüsse sei nämlich nicht nachhaltig. Außerdem sieht Stöger am Zahlungsfluss in Richtung Bundesländer ein Problem, weil die Pflegekosten ja von den Gemeinden getragen würden und somit nicht sicher sei, dass das Geld an der richtigen Stelle ankommt.

Für die NEOS kritisierte Irmgard Griss das Finanzierungsvorhaben als „verantwortungslos“, wie es auch die rasche Abschaffung des Pflegeregresses im Vorfeld der Nationalratswahl 2017 gewesen sei. Weder eine Erbschaftssteuer noch das seitens der ÖVP propagierte Vorgehen gegen Sozialbetrug durch ein Foto auf der E-Card reichten aus, die Pflege – „ein finanzielles Fass ohne Boden“ – langfristig sicherzustellen. Vielmehr verzeichneten die Länder seit letztem Jahr einen drastischen Anstieg der Nachfrage nach Pflegeheimplätzen, kritisierte Griss, obwohl die meisten Betroffenen keine stationäre Pflege wollten. Sie hoffe sehr, dass die Ministerin wie versprochen bis Jahresende ihr umfassendes Pflegekonzept vorlegt, um die Gefahr der „tickenden Zeitbombe“ zu bannen, so die NEOS-Rednerin.

Lob von ÖVP, FPÖ und JETZT für Pflegeunterstützung vom Bund

Die Vorhaltungen der Abgeordneten Griss (NEOS) versuchte Ernst Gödl (ÖVP), mit Daten und Fakten zu widerlegen. Laut Statistik würden 85% der PflegegeldbezieherInnen zuhause versorgt, sagte er. 6,5% dieser Personen nähmen die 24-Stunden-Betreuung und ganze 20% mobile Dienste in Anspruch. Bei der Abschaffung des Pflegeregresses habe der Bundesgesetzgeber sichergestellt, dass Länder und Gemeinden schadlos gehalten werden, so Gödl unisono mit seinem Parteikollegen Christoph Zarits. Dieser fügte an, „es ist die Aufgabe der Politik, hochwertige Pflege zu garantieren“. Dementsprechend würden die Mehrkosten den Bundesländern fair abgegolten. Zarits wies dabei auch auf den Erfolg der Verhandlungen mit Finanzminister Hartwig Löger hin.

Für die FPÖ machte Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch klar, der Sozialministerin sei für ihre Einigung mit den Bundesländern und dem Finanzministerium zu gratulieren, denn nun gebe es ein „tragfähiges Konzept“ der Pflegefinanzierung. Ein „Meilenstein“ sei die Abschaffung des Pflegeregresses im Vorjahr gewesen, doch der damalige sozialdemokratische Sozialminister Stöger habe es unterlassen, echte Lösungen der Finanzierungsfrage anzubieten. Mit der von ihm vorgeschlagenen Erbschaftssteuer als „Millionärssteuer“ wären weniger als 100 Mio. € pro Jahr an den Staat gegangen – zu wenig, um das Pflegesystem zu finanzieren. Folglich hätte es zur Pflegefinanzierung eine neue Massensteuer gebraucht, was die aktuelle Regierung nicht wolle. Nachdem man nun die Pflege „auf solide Beine“ gestellt habe, wie Belakowitsch meinte, gehe das Sozialministerium die leistbare Versorgung mit der 24-Stunden-Betreuung an sowie die Erhöhung des Pflegegelds der Pflegestufe IV ab 2021.

JETZT-Mandatarin Daniela Holzinger-Vogtenhuber will allerdings eine Pflegegelderhöhung schon ab der Pflegestufe 1 realisiert sehen, wie sie im Plenum verdeutlichte. Eine alleinige Erhöhung der höchsten Pflegestufe stellt für sie eine „Hintergrundsubvention“ stationärer Pflegeeinrichtungen dar. Abgesehen davon pflichtete Holzinger-Vogtenhuber den RednerInnen von FPÖ und ÖVP aber bei, die Bundesländer dürften mit den Pflegekosten nicht alleine gelassen werden. Grundsätzlich deckte sich in puncto Abschaffung des Pflegeregresses ihre Meinung mit allen übrigen Fraktionen außer den NEOS. Der staatliche Zugriff auf das gesamte Vermögen eines pflegebedürftigen Menschen sei einer Enteignung oder „100-prozentigen Erbschaftssteuer“ gleichgekommen, die als ungerecht abzulehnen sei.

Eine Ungerechtigkeit der anderen Art, nämlich in Bezug auf PflegerInnen für die Betreuung daheim, zeigte Efghani Dönmez, Abgeordneter ohne Fraktion, auf. An mehreren Beispielen schilderte er, wie zumeist Frauen aus osteuropäischen Ländern von lokalen Agenturen für die Pflege in Österreich mit unverständlichen Verträgen angeworben würden, und diese Pflegerinnen dann für ein geringes Entgelt schwerste Arbeit verrichten müssten. „Das ist moderne Sklaverei“, analysierte Dönmez und appellierte an das Plenum, gemeinsam dagegen aufzutreten. Bundesministerin Hartinger-Klein überreichte er überdies ein Konvolut mit Vorschlägen zur Reform in der Personenbetreuung. (Fortsetzung Nationalrat) rei

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