Täglich werden tausende Menschen mit Behinderung in Österreich durch Barrieren diskriminiert | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Täglich werden tausende Menschen mit Behinderung in Österreich durch Barrieren diskriminiert

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Graz (OTS) – Menschen mit Behinderung haben das Recht, gleichberechtigt am Leben teilzuhaben. Seit 2016 müssen Produkte und Dienstleistungen für alle Menschen gleichberechtigt zugänglich sein.

Die Realität ist, das für mindestens 1,3 Mio. Menschen mit Behinderungen (15 % der österr. Bevölkerung) nach wie vor sehr viele Gebäude, Wohnungen, Geschäfte, Arztpraxen, Lokale, öffentliche Verkehrsmittel udgl. nicht zugänglich und nutzbar sind. Außerdem ist Barrierefreiheit für ältere und pflegebedürftige Menschen, Pflege-und Betreuungspersonal, Menschen mit Kinderwagen, nach Unfällen mit temporären Beeinträchtigungen sowie schweren Lasten notwendig.

Ein Großteil der älter werdenden Bevölkerung möchte ihren Lebensabend in ihrem gewohnten Wohnumfeld verbringen und nicht in einem Heim. Auch der Umzug in eine andere Wohnung ist nicht zumutbar. Wenn der Gesetzgeber nicht rasch dafür Sorge trägt, dass Wohnungen grundsätzlich Barrierefrei gebaut werden oder zu mindestens eine Anpassung des Wohnbereiches im Falle einer Behinderung möglich ist, werden auch weiterhin Menschen gegen ihren Willen in Heime gedrängt, die ein Vielfaches der häuslichen Pflege bzw. einer mobilen Betreuung kosten.

Hürden bei der barrierefreien Gestaltung von Wohnungen sind z.B. dass die Errichtung einer Rampe oder der Einbau eines Liftes die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft benötigt. Auch wenn es sich dabei um eine Aufwertung der Liegenschaft handelt, kann die Verweigerung der Zustimmung rechtlich nicht als verbotene Diskriminierung beurteilt werden.

Aber auch in öffentlichen Gebäuden, Geschäften, Lokalen, Gesundheits- und Freizeiteinrichtungen, Tourismusbetrieben etc. und bei öffentlichen Verkehrsmitteln gibt es nach wie vor großen Nachholbedarf.

Der Grund warum es immer noch viele Barrieren gibt liegt an „zahnlosen“ Behindertengleichstellungs- und Antidiskriminierungsgesetzen, zu unkonkreten Vorgaben und sich widersprechenden Vorschriften auf Bundes- und Länderebene.

Argumentiert wird oft mit fehlenden finanziellen Mitteln. Barrierefreiheit scheitert aber auch an Ignoranz und Unwissenheit. Laut einer Studie kostet die barrierefreie Gestaltung im Neubaubereich gleich viel wie die Bauendreinigung. Und auch im Altbestand bringt sie mehr als sie kostet.

Barrierefrei ist mehr als Rollstuhlgerecht

Viele Architekten, Planer sowie Verantwortliche im Bauwesen, in Verwaltung und Politik haben beim Thema Barrierefreiheit automatisch jemanden im Rollstuhl vor Augen. Anders kann es nicht erklärt werden, warum sehr viele Bauwerke als barrierefrei bezeichnet werden und es gar nicht sind. So wichtig Lifte, breite Türen, Stufenlose Wege und Rampen für Menschen mit Gehbehinderungen sind, so notwendig sind für die ca. 400.000 stark sehbehinderten Menschen in Österreich tastbare Bodenleitsysteme, Schilder und kontrastreiche Treppen- und Glasflächenmarkierungen, um eine selbstbestimmte bzw. gleichberechtigte und sichere Orientierung zu ermöglichen. Ebenfalls vergessen wird oft auf die ca. 500.000 schwerhörigen Menschen in Österreich, die auf akustisch optimierte Räume, gut sichtbare Informationen und Induktionsanlagen angewiesen sind.

Es können bereits kleine Maßnahmen wie größere Schriften, zusätzliche Handläufe, kontrastreiche Gestaltung oder ein geschultes Personal viel Bewirken und zur Sicherheit beitragen.

Auch der nachträgliche Einbau von tastbaren Bodenleitsystemen ist problemlos möglich.

Arbeiterkammer Steiermark als positives Beispiel

„Uns ist es wichtig, dass in allen Gebäuden der Arbeiterkammer Steiermark die Serviceleistungen barrierefrei erreicht und in Anspruch genommen werden können“, sagt Ing. Jürgen Grabner von der AK-Bauplanung.

Eröffnung freiraum-europa Bildungs- und Beratungszentrum
Steiermark

Neben Linz, Wien, Salzburg, Innsbruck und Rosenheim eröffnet nun die Non-Profit-Organisation freiraum-europa ein Bildungs- und Beratungszentrum für die Steiermark in 8054 Graz, Kärntnerstraße 392.

Geboten wird kostenfreie Information und Erstberatung, Evaluierung, Fachberatung und Zertifizierung für Personen, Unternehmen und Organisationen. Weiters werden Produkte für eine barrierefreie Orientierung und Kommunikation entwickelt.

Die freiraum-europa Akademie schult jährlich viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Betrieben im kompetenten Umgang mit Kunden, Mitarbeitern oder Patienten mit Behinderung, führt Sensibilisierungsworkshops an Schulen durch, hält Vorträge und erarbeitet Studien und Publikationen.

Die 2003 gegründete NGO freiraum-europa setzt sich als Interessenvertretung für Design for All ein und vertritt 20.000 Vereinsmitglieder und 60 Organisationen in 28 Staaten.

Mit einem Notfallfonds unterstützt freiraum-europa jährlich hunderte Kinder mit Behinderung bei der Finanzierung von Hilfsmitteln und Therapien.

freiraum-europa führt das Spendegütesiegel der Kammer der Wirtschaftstreuhänder und Spenden sind steuerlich absetzbar.

Barrierefreiheit jetzt!

freiraum-europa Präsident Dietmar Janoschek setzt sich für einen besseren Diskriminierungsschutz von Menschen mit Behinderung ein. „Wir fordern eine rasche Umsetzung der bereits längst vorgesehenen Barrierefreiheit ein. Die Politik muss endlich die Verantwortung übernehmen und die erforderlichen Rahmenbedingungen, der durch die Demographie immer größer werdenden Gruppe von Menschen mit Behinderung, zur Durchsetzung verhelfen.

Menschen aufgrund einer Behinderung den Zugang zum gesellschaftlichen Leben oder zur eigenen Wohnung zu verweigern widerspricht nicht nur dem Bundesbehindertengleichstellungs- und den Antidiskriminierungsgesetzen, sondern auch der UN-Behindertenkonvention und ist auch betriebswirtschaftlicher Unsinn. Denn eine Rampe kostet beispielsweise etwa so viel wie ein Monat im Pflegeheim.“

Wir fordern:

  • Behörden müssen die Barrierefreiheit streng kontrollieren und Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit konsequent einfordern und Verstöße ahnden.
  • Gesetzliche Verankerung eines Durchsetzungs- bzw. Unterlassungsanspruches. Also nicht nur Schadensersatz sondern auch Anspruch auf die Beseitigung der Diskriminierung.
  • Deutliche Erhöhung des Schadensersatzanspruches bei Diskriminierungen.
  • Änderungen im Wohnungseigentumsgesetz, damit Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit als technische Verbesserung der Bausubstanz gelten und als solche von der Eigentümergemeinschaft geduldet werden müssen.
  • Öffentliche Gelder wie die Wohnbauförderungsmittel, sollen nur mehr dann gewährt werden, wenn auch die Barrierefreiheit umgesetzt wird.
  • Die Vereinheitlichung der Gesetze wie der Bauordnung in den Bundesländern mit einheitlichen Standards für Barrierefreiheit gemäß der Ö-Normen B 1600 und V 2102 bis V 2105.
  • Auch die barrierefreie Nutzung von Produkten wie z.B.
    elektronischen Geräten muss in die Behindertengleichstellungsgesetze integriert werden.

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