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Zentralisierung: Regionale Versorgungsprojekte für Kinder und Jugendliche gefährdet

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Wien (OTS) – Die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) sieht die zukünftige regionale Versorgung von besonders sensiblen Personengruppen wie Kindern und Jugendlichen sowie Menschen, die psychotherapeutische Betreuung benötigen, in Gefahr. Im Gesetzesentwurf zur Reform der Sozialversicherung ist für Berufsgruppen wie Physio- und ErgotherapeutInnen sowie LogopädInnen und auch (Kinder-)psychotherapeutInnen und -psychiaterInnen eine zentrale Steuerung durch die zukünftige ÖGK verankert. Damit würden die Gebietskrankenkassen die Möglichkeit verlieren, das entsprechende therapeutische Angebot rasch und unkompliziert an die regionalen Erfordernisse im Sinne der Patientinnen und Patienten anzupassen und auszubauen. „Besonders für eine Großstadt wie Wien, wo diese Leistungen überdurchschnittlich oft in Anspruch genommen werden, droht damit eine Verzögerung und Verschlechterung der Versorgung“, warnt Ingrid Reischl, Obfrau der Wiener Gebietskrankenkasse.

Hintergrund: Beim vorliegenden Gesetzesentwurf steckt der Teufel im Detail. Unter dem Titel „sonstige Vertragspartner“ sollen Anbieter, die ihre Leistungen etwa über Vereinsstrukturen oder multiprofessionelle Zentren anbieten, künftig zentral verwaltet werden. Das hätte zur Folge, dass die ÖGK österreichweit geltende Musterverträge mit diesen Anbietergruppen erstellt, auf deren Basis sie selbst oder die Landesstellen in ihrem Auftrag entsprechende Verträge abschließen. Die Möglichkeiten der inhaltlichen Gestaltung auf regionaler Ebene – vom konkreten Leistungsumfang, der sich an den regionalen Bedürfnissen der Anspruchsberechtigten und übrigen Versorgungsmöglichkeiten orientiert bis zu den Tarifen– wäre somit dahin.

Kein Einfluss auf Angebote, Finanzierung und Bedarf

„Gerade im Bereich der Kinder- und Jugendpsychologie und –psychiatrie können wir auf eine langjährige gute Zusammenarbeit mit professionell aufgestellten Vereinen zurückblicken“, sagt Reischl. Allein im Vorjahr wurden rund 6.500 Betroffene in den unterschiedlichen Einrichtungen betreut. Bei den Erwachsenen haben sich Anbieter wiederum auf besondere Gruppen spezialisiert – etwa bei der psychotherapeutischen Behandlung von PatientInnen mit Krebserkrankungen oder Multipler Sklerose. Dieses fein strukturierte Versorgungsnetzwerk gelte es zu erhalten.

Der Gesetzesentwurf lässt allerdings das Gegenteil befürchten -und zwar aus mehreren Gründen:

1. Finanzierung: Derzeit planen und steuern die Gebietskrankenkassen
und Länder bei verschiedenen Projekten die Versorgung regional
gemeinsam und auf Basis unterschiedlichster Modelle der
Kofinanzierung. Würde hier in Zukunft über einen Kamm geschoren,
würde das in einzelnen Regionen nicht nur zu einer Nivellierung der
Angebote führen, sondern auch bestehende Kofinanzierungsmodelle
gefährden.
2. Versorgungsbedarf: Da weder die Versorgungskapazitäten, noch die
vorhandenen Angebotsressourcen in den einzelnen Bundesländern auch
nur annähernd vergleichbar sind, konterkariert eine zentrale
Steuerung mit einheitlichen Vorgaben das Ziel einer möglichst
kundennahen Gesundheitsversorgung. So können die Gebietskrankenkassen
derzeit beispielsweise relativ rasch zusätzliche Verträge mit
niedergelassenen TherapeutInnen oder anderen Vertretern von
Gesundheitsberufen abschließen, wenn Engpass droht. Diese Autonomie
ist künftig nicht vorgesehen.
3. Besonders dramatisch wirken die geplanten Änderungen vor dem
Hintergrund des steigenden Bedarfs entsprechender Angebote. Die
Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt, dass entwicklungsbedingte
Beeinträchtigungen ebenso wie psychische Störungen bei Kindern
zunehmen und der Behandlungsbedarf steigt. Seit 2011 hat die WGKK
ihre einschlägigen Angebote laufend ausgebaut. Die Anzahl der in den
diversen Einrichtungen betreuten Kinder ist seither um fast 50
Prozent gestiegen. Expertenprognosen lassen in Wien für den Bedarf
der kommenden Jahre ähnliche Zuwachsraten erwarten.

„Inwieweit eine zentrale Planung diesen Anforderungen gerecht werden kann, ist höchst fraglich. Daher sollte die Begutachtungszeit genutzt werden, um den Gesetzesentwurf so zu adaptieren, dass er den Bedürfnissen der Bevölkerung entspricht“, so Reischl abschließend.

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