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VIRUS: Rechtswidrige Umweltgesetze heute im Umweltausschuss

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Wien (OTS) – Wie die Umweltorganisation VIRUS mitteilt, stehe im heutigen Umweltauschuss des Nationalrates das regierungskoalitionäre Abwinken von Umweltgesetzen auf der Tagesordnung. Sprecher Wolfgang Rehm: „Dazu zählen eine bisher im Windschatten des viel kritisierten Standortentwicklungsgesetzes weitgehend verborgen gebliebene Novelle des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G) und ein Aarhus Beteiligungsgesetz, beide sind rechtswidrig und dringend überarbeitungsbedürftig“.

Aus Anlass einer seit 2014 fälligen aber bereits bei drei Novellen des UVP-G ignorierten Anpassung an eine neue EU-Richtlinie sei eine weitere Abänderung des UVP-G erforderlich. „Es wäre aber nicht die Republik Österreich, tatkräftig befeuert von der Wirtschaftskammer, wenn man eine derartige Gelegenheit verstreichen ließe, ohne im Gegenzug wieder weitere Anschläge auf den Umweltschutz einzubauen“, kritisiert Rehm. Neben einer „Lex-VW Skandal“ zur Nichtberücksichtigung des Standes der Technik zum Entscheidungszeitpunkt und verstärkter Zurückhaltung von Information auf Kosten der Nachvollziehbarkeit der Umweltuntersuchungen habe man sich eine weitere Einschränkung von Parteienrechten einfallen lassen. Diese Parteien seien aufgrund des Verfahrensablaufschemas schon jetzt gezwungen, ohne verbindlichen bzw. aktualisierten Zeitplan mitunter jahrelang zu warten, bis sich die Projektwerber bequemten, ihre unfertigen Einreichungen zu ergänzen und die Gutachter der Behörde lieferten. Es folgten eine mündliche Verhandlung und knapp davor das für die Entscheidung ausschlaggebende absolut zentrale UVP-Gutachten, in vereinfachten Verfahren sei nicht einmal das gewährleistet. „Verfahrensparteien wird von den Höchstgerichten abverlangt ebenfalls Gutachter zu bestellen und auch die müssen bestellt und in Position gebracht werden und brauchen Zeit die nicht adäquat vorgesehen ist. Die Behörde kann das Ermittlungsverfahren in der Verhandlung schließen und tut das mitunter auch willkürlich,“ so Rehm. Haben die Verfahrensparteien bisher danach jedenfalls noch vier Wochen Zeit, solle jetzt dieses „letzte Zipfelchen der UVP-Decke“ auch noch gestrichen werden, die bisher im Gesetzestext festgeschriebene Wahrung des Rechtes auf Parteiengehör ist in jenem der Regierungsvorlage nicht mehr vorgesehen. Ein strukturiertes Verfahrens mit klarem Zeitplan gerechter Zeitverteilung und der von der Europäischen Menschenrechtskonvention geforderten „Waffengleichheit“ sehe anders aus.

„Wird das nicht noch abgeändert entsteht erneut Rechtsunsicherheit. Wir werden alle zu Gebote stehenden Mittel dafür einsetzen, dass im Beschlussfall eine derartige Einschränkung des von der Bundesverfassung gewährleisteten Rechtes auf ein faires Verfahren so schnell wie möglich zur Aufhebung beim Verfassungsgerichtshof landet,“ kündigt Rehm an.

Keine Verfahrensbeschleunigung, neues fünftes Rad am Wagen

Argumentiert werde dieser Schritt vorhersehbar erneut mit Verfahrensbeschleunigung. Der ebenfalls dem Umweltausschuss vorgelegte 7. UVP-Bericht zeige aber, dass in der Gesamtstatistik kein Verfahrensdauerproblem existiert.

Allenfalls gebe es einige wenige Ausreißer, die wegen schlecht gemachter bzw. problematischer Projekte sowie nicht entscheidende Behörden überlang dauerten. „Hier ist aber wohl offensichtlich, dass mit der ersatzlosen Streichung einer vierwöchigen Frist nicht jahrelange Versäumnisse an anderer Stelle kompensiert werden könnten,“ erläutert Rehm.

Ebenfalls neu sei der viel propagierte Standortanwalt. „Was der tun soll ist trotz langer Vorlaufzeit immer noch völlig unklar. Bestenfalls entfalte er neben Zusatzkosten überhaupt keine Wirkung, im schlechteren Fall führt dieses fünfte Rad am Wagen zu weiterer Verfahrensverschleppung“, kritisiert Rehm das Festhalten an diesem kontraproduktiven Vorschlag. „Die Bundesregierung hat keine Skrupel, ein eigentlich nicht vorhandenes Problem zur gewünschten Lösung zu konstruieren und ideologisch motivierte Schikanen gegen Umweltorganisationen, die man gerne weghaben möchte aber aufgrund EU-rechtlicher Absicherung nicht loswerden kann, zum Einsatz zu bringen, “ so Rehm.

Stellungnahmen der Begutachtung unberücksichtigt

Zu dieser Ignoranz passe, dass die zahlreichen Stellungnahmen aus der Begutachtung bei der Regierungsvorlage nicht berücksichtigt worden. Die einzige relevante Änderung zum sommerlichen Begutachtungsentwurf sei, dass eine neu eingezogene wiederkehrende Überprüfung der Anerkennung von Umweltorganisationen statt alle fünf Jahre nun gar nur alle drei Jahre erfolgen soll. „Das heißt noch mehr Bürokratie auf allen Seiten, dabei gibt es schon jetzt Meldepflichten und kann das zuständige Ministerium bei Bedarf eine Prüfung einleiten“, so Rehm. Wenn dann neben der dreijährigen Prüfung noch auf Antrag von UVP-Behörden – wohl initiiert durch Projektwerber -weitere Überprüfungen initiiert werden können, kämen die Beteiligten aus der Dauerprüfung gar nicht mehr heraus. „Man erkennt die Absicht und ist verstimmt. Umweltorganisation müssen ihre Arbeit tun und werden sich so sicher nicht lahm legen lassen und auch das zuständige Ministerium braucht keine Beschäftigungstherapie aus niederträchtigen Motiven“, so Rehm.

Aarhus Bauernschläue

Die vor 17 Jahren unterzeichnete aber immer noch nicht vollständig umgesetzte „Aarhus Konvention“ erfordert unter anderem die Beteiligung der Öffentlichkeit und jedenfalls von Umweltorganisationen an Umweltverfahren, auch dann wenn keine UVP durchzuführen ist. Nach jahrelangem Versuch des Aussitzens hat die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet und der Europäische Gerichtshof mit der Entscheidung „Protect gegen BH Gmünd“ ein Machtwort gegen die Republik gesprochen. Nun wurde von der Bundesregierung ein „Arhus-Beteiligungsgesetz“ vorgelegt. „Anstatt reinen Tisch zu machen werden noch nicht einmal die europäischen Mindestanforderungen erfüllt, von einer Vollumsetzung der Konvention gar nicht zu reden. In lediglich drei Bundesgesetzen sollen inkonsistent und unvollständig Rechte eingeräumt werden, das ist nicht einmal viertelherzig,“ so Rehm. Das laut VIRUS problematischste Element daran: Per Übergangsfrist soll die Mehrzahl der durch jahrelange Blockade rechtswidrig verschlossen gebliebenen Verfahren unter den Tisch fallen. „Das ist klar europarechtswidrig, es ist nach der Rechtsprechung des EuGH unzulässig, aus der Nichtanwendung von Unionsrecht einen Vorteil ziehen zu wollen. Wird von diesem Ansinnen nicht abgelassen, ist der Bumerangeffekt vorprogrammiert“, warnt Rehm.

VIRUS appelliert an die im Umweltausschuss vertretenen Nationalratsabgeordneten den Gesetzesvorlagen eine Absage zu erteilen und eine Überarbeitung zu initiieren.

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