NÖGKK fordert sachliche Diskussion und Einbindung der Betroffenen bei Kassenreform
St. Pölten (OTS) – Die soziale Krankenversicherung ist eine wertvolle Errungenschaft für das Land. Umfangreiche Änderungen in diesem Bereich müssen daher mit der gebotenen Seriosität bearbeitet werden. Die Expertise der Betroffenen sollte zum Gelingen von Reformen einbezogen werden.
Kürzere OP-Wartezeiten durch Kassenzentralisierung?
Es ist unsachlich, die vermeintliche Lösung einer Gangbettenproblematik oder die Reduktion von Operationswartezeiten mit der Zentralisierung der Krankenkassen zu begründen. Das ist populistisch und unseriös und stößt all jene vor den Kopf, die täglich ernsthaft am Funktionieren unseres Gesundheitswesens arbeiten.
Es ist polemisch, den Eindruck zu erwecken, dass mit „600.000 verschwundenen e-cards“ umfangreicher Missbrauch stattfindet und die Kassenzentralisierung dieses „Problem“ löst. Tatsächlich werden schadhafte, verlorene oder gestohlene e-cards im technischen System gesperrt und können nicht missbräuchlich verwendet werden. Am e-card-System würde die Zusammenlegung der Krankenkassen im Übrigen nichts verändern.
Sparprogramm und „Ausgabenbremse“ schwächen Gesundheitsversorgung
Die bisherigen Aktivitäten der Bundesregierung drohen, die Gesundheitsversorgung zu verschlechtern statt zu verbessern: Mit der kommenden Beitragssenkung für die Arbeitgeber in der Unfallversicherung, die über die Kassenfusion refinanziert werden soll, werden rund 500 Mio. Euro aus dem Gesundheitswesen herausgenommen, die für die Weiterentwicklung der öffentlichen Gesundheitsversorgung fehlen werden. Mit der gesetzlichen „Ausgabenbremse“ bei den Krankenkassen – die seit einer Woche in Kraft ist – werden wesentliche Weiterentwicklungen und Leistungsausweitungen für eineinhalb Jahre auf Eis gelegt. Investitionen in neue Ärzteverträge oder die Ausweitung der kassenfinanzierten Psychotherapie müssen nun abgeblasen werden. Damit geht wertvolle Zeit etwa im Kampf gegen den drohenden Ärztemangel verloren. Was hier passiert, geht eindeutig in die falsche Richtung und ist nicht ernsthaft geeignet, die „2-Klassen-Medizin“ zu bekämpfen – eher im Gegenteil. Sollte jetzt unter dem Titel „Kassenzusammenlegung“ noch eine weitere Milliarde Euro aus dem Gesundheitswesen herausgenommen werden, schwächt das nicht nur die öffentliche gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung, sondern ebnet den Weg für die Ausbreitung privater Gesundheitsanbieter. Am Ende einer solchen Entwicklung stehen dann „poor services for the poor“.
Ernsthafte Einbindung der Sozialpartner und der
Selbstverwaltung erhöht Erfolgsaussichten
Die Krankenkassen fordern eine ernsthafte Einbeziehung der Sozialpartner „auf Augenhöhe“ in den Erstellungsprozess einer Sozialversicherungsreform. Dabei sollte dringend auf die Expertise der Selbstverwaltung in den Kassen zurückgegriffen werden. Eine Zwangsfusion der Kassen in Form einer „feindlichen Übernahme“ führt nicht nur zu unnötigem Streit, sondern gefährdet die Funktionsweise der Krankenversicherung bis hin zu den vitalen Grundfunktionen unseres Sozialstaates, die von den Gebietskrankenkassen heute geleistet werden. Dazu zählen etwa die Evidenz über Versicherungszeiten und Beitragsgrundlagen für die Pensionsberechnung, die Administration des Kinderbetreuungsgeldes, die Bekämpfung von Schwarzunternehmertum oder die Einhebung der Beiträge für das AMS.
Eine Zwangsfusion gegen die betroffenen Institutionen und ihre Repräsentanten wird auch kostenmäßig in ein teures Debakel führen.
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