AK Anderl zum EU-Ratsvorsitz: EU-Vorsitz als Chance für einen sozialen Kurswechsel nutzen
Wien (OTS) – „Am Sonntag übernimmt Österreich zum dritten Mal den Ratsvorsitz in der EU. Das könnte eine große Chance sein, in Europa die Weichen für einen sozialen und wirtschaftlichen Aufwärtskurs zu stellen, der bei allen Menschen ankommt“, sagt AK Präsidentin Renate Anderl. Und weiter: „Trotz der vielen ungelösten Probleme und Spannungen in der EU stehen die ÖsterreicherInnen mit großer Mehrheit zur EU-Mitgliedschaft. Und besonders die jungen Menschen glauben an dieses Europa. Enttäuschen wir sie nicht, indem hart erkämpfte bestehende Standards für Beschäftigte und KonsumentInnen unter dem Deckmantel von Subsidiarität und Gold Plating in Frage gestellt werden. Europa hat das Potenzial, alle Probleme und Herausforderungen zu bewältigen, wenn wir an einem gemeinsamen Strang ziehen und eines vor Auge haben: Es geht immer um die Menschen. Wohlstand, Vollbeschäftigung und sozialer Fortschritt müssen daher zu den wichtigsten Leitmotiven Europas werden.“
Die Wirtschaft ist im Aufschwung, doch bei Weitem nicht alle Menschen in Europa profitieren von dieser Entwicklung. Langzeitarbeitslosigkeit, die Bedrohung durch Armut, soziale Ausgrenzung, die Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse sowie mangelnder Schutz vor Lohn-, Sozial- und Steuerdumping stellen Österreich und die EU vor große Herausforderungen. Auch die Jugendarbeitslosigkeit ist in vielen EU-Staaten nach wie vor sehr hoch. „Bei der Bewältigung dieser Herausforderungen können und müssen die Sozialpartner eine wichtige Rolle spielen“, sagt die AK Präsidentin und weist darauf hin, dass die Sozialpartner sowohl in der Europäischen Säule sozialer Rechte als auch in der Erklärung zum 60. Jahrestag der Römischen Verträge besonders hervorgehoben wurden.
Anderl appelliert daher an die Bundesregierung, den mit 1. Juli beginnenden EU-Vorsitz dahingehend zu nutzen, um gemeinsam mit den Sozialpartnern die Weichen so zu stellen, dass der Aufwärtstrend auch bei allen Menschen in Europa ankommt. Konkret fordert die AK Präsidentin in folgenden Bereichen erkennbare Fortschritte im Rahmen des österreichischen EU-Ratsvorsitzes:
+ Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping: Das Ziel muss sein:
Gleicher Lohn und gleiche Arbeitsbedingungen für gleiche Arbeit am gleichen Ort. Die geplante Europäische Arbeitsbehörde kann hier wirksame Hilfe leisten. Diese Behörde in Österreich anzusiedeln, sollte ein gemeinsames Anliegen der Bundesregierung sein.
+ Engagement für ein Europa als globales Referenzmodell für sozialen Fortschritt: Nicht die Abschwächung bestehender Standards, sondern die Ausweitung und Weiterentwicklung verbindlicher sozialer Mindeststandards auf hohem Schutzniveau stärkt Europa. Durch ein Sozialprotokoll muss sichergestellt sein, dass soziale Grundrechte im Zweifel Vorrang vor Marktfreiheiten und Wettbewerbsregeln haben.
+ Ein Europa mit mehr und besseren Arbeitsplätzen: Maßnahmen, die Frauen am Arbeitsmarkt stärken, prekäre Arbeit eindämmen und die Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen sind ein Gebot der Stunde. Ein besserer Zugang zu Bildung und Ausbildung für alle Menschen ist eine wesentliche Voraussetzung zur Bewältigung des digitalen Wandels und die beste „Schutzimpfung“ gegen Arbeitslosigkeit.
+ Einführung einer goldenen Investitionsregel: Öffentliche Investitionen müssen von der restriktiven Budgetpolitik ausgenommen werden.
+ Mehr Steuergerechtigkeit: Steuerhinterziehung und -vermeidung müssen schärfer bekämpft werden und es braucht wirksame Maßnahmen gegen Steuerdumping.
+ EU-Budget stärker auf soziale Ziele ausrichten: Bekämpfung von Armut, sozialer Ausgrenzung und Arbeitslosigkeit, insbesondere der Jugendarbeitslosigkeit, muss Priorität haben. Ebenso die sozialverträgliche Gestaltung der Digitalisierung und des Klimawandels.
+ Brexit nicht auf Kosten der Beschäftigten: Das zukünftige Abkommen muss verbindliche Klauseln zum Schutz von ArbeitnehmerInnen, KonsumentInnen und der Umwelt enthalten. Das Vereinigte Königreich muss verpflichtet werden, weiterhin EU-Standards an-zuwenden, damit kein unfairer Wettbewerb entsteht.
Die Erwartungen und Forderungen der BAK an den österreichischen EU-Vorsitz sind in einem „Memorandum für ein soziales Europa“ zusammengefasst, abrufbar unter
http://www.akeuropa.eu/de/publication-full.html?doc_id=511&vID=37
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