Getötete Joggerin: Tierschützer fassungslos über Geldstrafe statt Haft
Die Berichte über die Umwandlung der fünf Monate Haft für Kerstin N., deren Hunde am 2.10.2023 eine Joggerin getötet haben, in eine lächerliche Geldstrafe von 1.800,- Euro, machen Jürgen Stadler vom Verein Pfotenhilfe fassungslos. Dieser hatte zwei Tage nach dem Vorfall Screenshots mit Beweisen veröffentlicht, dass die Verurteilte versucht hat, ihre Hunde zu lebenden Waffen zu machen. „Aus unserer Sicht ist das ein beispielloser Justizskandal und ein Affront gegen Angehörige, Nachbarn, Tierfreunde und alle Menschen, die noch einen Funken Vertrauen in den Rechtsstaat hatten! Dass die Justiz jetzt von Milderungsgründen spricht, die zur Umwandlung der ohnehin schon geringen Haftstrafe in eine lächerliche Geldstrafe geführt hätten, nur weil die Hundehaftpflichtversicherung den Hinterbliebenen vertragskonform Schmerzensgeld gezahlt hat, verursacht bei den Menschen nur noch Kopfschütteln“, so Stadler.
Antrag auf Untersagung der Tierhaltung
Die Pfotenhilfe will daher jetzt mit verstörenden Auszügen aus dem Gerichtsakt wenigstens eine Untersagung der Tierhaltung gemäß Tierschutzgesetz § 12 erreichen. Aber auch nach dem OÖ Hundehaltegesetz müsse man „psychisch, physisch und geistig in der Lage“ sein. Denn, so das Landesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis vom 11.4.2024 wörtlich: „Das im Rahmen des Strafurteils als mildernd gewertete reumütige Geständnis war in den Ausführungen vor dem Verwaltungsgericht in Bezug auf die Hundehaltung an sich nicht zu erkennen.“ Und damit sei laut Stadler auch keine gesetzeskonforme Tierhaltereignung vorhanden. Die Richterin schreibt weiter, „dass sie (Anm.: die Täterin) im Wesentlichen an der Hundehaltung keine Änderungen vornehmen würde und diese in Ordnung fand. Professionelle Hilfe in Form eines Hundetrainers würde sie in Anspruch nehmen, dies stellt aber keinen wesentlichen Unterschied zur bisherigen Hundehaltung dar und konkretisiert auch nicht, in welche Richtung dieses Training gehen werde. Schon bisher absolvierte die Bf (Anm.: Kerstin N.) Ausbildungen mit Trainern – unter anderem eben auch die „versuchte Schutzhundeausbildung“. Auch das „Herantasten“ an die „Schutzhundeausbildung“ relativierte die Bf mit dem Verweis darauf, dass es sich lediglich um ein Spiel für die Hunde gehandelt habe […]. Einen allfälligen Zusammenhang dieser „Spiele“ mit dem tödlichen Bissvorfall am 02.10.2023 scheint die Bf dabei gar nicht in Erwägung zu ziehen. Im Gegenteil schloss es die Bf nicht dezidiert aus, auch bei einer künftigen Hundehaltung wieder die Schutzhundeausbildung zu versuchen.“
Lange Facebook-Postings mit gerichtlich widerlegten Inhalten
Auf Facebook versucht die Täterin derzeit mit langen Postings um Verständnis zu werben und schreibt, dass so etwas jedem passieren könne. Doch kürzlich meldete sich einer der Zeugen bei der Pfotenhilfe und gab an, „dass N. immer mit drei Hunden mit langen Leinen spazieren war und dabei Kopfhörer trug und telefonierte und dadurch vollkommen abgelenkt war und deshalb zuvor schon ihr Golden Retriever überfahren und dabei getötet wurde.“ Sie habe daraus nicht gelernt und genauso weitergemacht. N. gibt dazu passend über den Vorfall vom 2.10.2023 in einer Vernehmung an: „[…] ich bin mit den drei angeleinten Hunden gegangen und habe den Schrei der Dame hinter mir gehört und mich furchtbar erschrocken und bin dann über meinen Rüden gefallen“. Ebenso aus dem Gerichtsakt dazu: „Ein Golden Retriever der Bf wurde überfahren (im Jahr 2021) und es gab einen Vorfall, bei dem C (Anm.: eine der drei zubeißenden Hündinnen namens Cookie) durch ein Loch im Zaun ausgekommen ist und von einer Nachbarin zurückgebracht wurde.“
Massivste tödliche Verletzungen – trotzdem keinerlei Einsicht
Das Landesverwaltungsgericht zitiert auch ausführlich aus dem Urteil des Landesgerichts Linz vom 7.3.2024, wonach das Opfer durch „massivste Weichgewebszerstörungen im gesamten Gesichts- und Nackenbereich mit teils traumatischer Skelettierung des Gesichtes, einer lochartigen Bruchzone des Schädelknochens in der rechten hinteren Schädelgrube, zahlreiche bis tief ins Gewebe reichende Hautdurchtrennungen an den Extremitäten, Fingerknochen- und Zehenbrüche links, eine Gasembolie am Herzen, einen Bruch des linken Schildknorpeloberhornes mit Umblutung, einen Rippenserienbruch rechts in mittlerer Schlüsselbeinlinie (IV. bis VIII. Rippe), erlitt und noch am Ort des Vorfalles an Blutverlust und einer Gasembolie im Gefolge massiver Gewebszerstörungen bei multiplen Gewalteinwirkungen vornehmlich im Kopf-, Hals-/Nacken- und Extremitätenbereich, verstarb.“ Und: „Auf die Frage, warum ich dann trotzdem noch auch mit Blick auf die Lichtbilder des Opfers von der Obduktion und vom Tatort noch immer Hunde […] halten möchte, verweigere ich eine Antwort.“
„Solche furchtbaren Szenen kennt man eigentlich nur aus Horrorfilmen. Das macht jedenfalls sicher kein normaler Hund, der liebevoll und gewaltfrei gehalten wird“, so Stadler. „Es ist vollkommen undenkbar, dass einem unserer Hunde so etwas auch nur im Traum einfallen würde! Die hätten die Joggerin freudig begrüßt und höchstens noch abgeschleckt.“
Aktenkundliche Verdunkelungsversuche
Stadler stellt auch erschüttert fest, dass es neben diesen ungeheuerlichen aktenkundlichen Fakten eine Reihe weitere, wie etwa die Verdunkelungsversuche gebe: „Anfangs war die Erhebung des Aufenthalts und die Sicherstellung der Hunde schwierig, wie im allgemeinen die Aufklärung erschwert ist – kurz nach dem Vorfall Stilllegung des facebook-Accounts mit Bildern vom Hundetraining, Entsorgung der blutigen Kleidung […] samt Hundeleine des E (Anm.: Hund Elmo) in einem Mistkübel in Linz und Mitteilung an die Polizei erst nach Entleerung des Mülls dort“.
Quelle: LVwG-Erkenntnis vom 11. April 2024: https://www.lvwg-ooe.gv.at/Entscheidungen/2024/050303_19.pdf
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