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Trendumkehr bei Zinssätzen für Kredite und Einlagen

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Wien (OTS) – Die starke Anhebung der EZB-Leitzinsen um mittlerweile 350 Basispunkte seit Mitte 2022 infolge der hohen Inflation führte nach einer mehrjährigen Phase rückläufiger bzw. konstanter Zinsniveaus zu einer Trendwende bei den Kundenzinssätzen. Im Neugeschäft mit privaten Haushalten erreichten im Jänner 2023 sowohl die Kredite (ohne Überziehungen) mit durchschnittlich 3,95 % als auch gebundene Einlagen mit 2,03 % die höchsten Zinsniveaus seit über zehn Jahren. Aufgrund des hohen Anteils variabel verzinster Kredite nahmen auch die Zinsaufwendungen bestehender Kredite deutlich zu. Vor dem Hintergrund der gestiegenen Zinssätze gingen die Neukreditvergaben für den Wohnbau im zweiten Halbjahr 2022 deutlich zurück. Das höhere Zinsniveau führte auch zu einer zunehmenden Nachfrage nach gebundenen Einlagen.

Im Rahmen einer Pressekonferenz stellte Gottfried Haber, Vize-Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), einleitend fest: „Nach einer mehrjährigen Phase rückläufiger bzw. konstant niedriger Zinsniveaus hat im Euroraum infolge der Leitzinserhöhungen eine Trendumkehr bei Kredit- bzw. Einlagenzinssätzen in Richtung Normalisierung des Zinsniveaus stattgefunden. Aufgrund der hohen Liquidität im Bankensystem steigen die Einlagenzinssätze mit einer gewissen Zeitverzögerung gegenüber den Kreditzinssätzen.“ Der EZB-Hauptrefinanzierungssatz stieg von 0 % vor dem 27. Juli 2022 auf aktuell 3,5 % an, was folglich auch zu höheren Geldmarkt- und Kundenzinssätzen führte. Im Verlauf des Jahres 2022 konnten ab dem zweiten Quartal 2022 kontinuierliche Zinsanstiege bei neu vergebenen Krediten an private Haushalte beobachtet werden, während die Einlagenzinssätze vor allem gegen Ende des Jahres stark nachzogen. Insgesamt waren bis Jahresende 2022 ähnlich starke Zinsanstiege bei Krediten bzw. Einlagen im Neugeschäft mit privaten Haushalten zu beobachten.

Bei neu vereinbarten Wohnbaukrediten – der volumenmäßig größten Kategorie privater Haushalte – lag der kapitalgewichtete Durchschnittszinssatz in Österreich mit 3,33 % (Jänner 2023) deutlich über dem Vorjahreswert (Jänner 2022: 1,18 %). Die steigenden Zinssätze im Neugeschäft führten dazu, dass die Neukreditvergaben für Wohnbauzwecke im zweiten Halbjahr 2022 deutlich geringer ausfielen. Die Reduktion war in Österreich im Halbjahresvergleich mit
−41 % ähnlich hoch wie in Deutschland (−39 %) ausgeprägt. Gleichzeitig war auch eine Verringerung des gesamten Kreditwachstums in Österreich zu beobachten, wobei die Jahreswachstumsrate in Österreich auch 2022 weiterhin über dem Euroraum-Durchschnitt lag.

Aufgrund des (im internationalen Vergleich) hohen Anteils variabel verzinster Kredite wirkten sich die steigenden Kredit- und Referenzzinssätze in Österreich deutlich stärker auf die Verzinsung aushaftender Wohnbaukredite als im Euroraum aus. Berechnet man anhand der Bestandszinssätze die monatlich von privaten Haushalten aufzuwendenden Zinszahlungen, so haben sich diese innerhalb eines Jahres von 148 Mio EUR (Jänner 2022) auf 284 Mio EUR (Jänner 2023) nahezu verdoppelt.

„Die Zinssätze von neu abgeschlossenen Einlagen privater Haushalte mit vereinbarter Laufzeit stiegen im vergangenen Jahr deutlich und wiesen im Jänner 2023 mit 2,03 % das höchste Niveau seit mehr als 10 Jahren auf“, erklärte Johannes Turner, Direktor der Hauptabteilung Statistik in der OeNB. Mit den höheren Zinssätzen zog auch die Nachfrage nach gebundenen Einlagen wieder stärker an. Bei längerfristig gebundenen Einlagen (über zwei Jahre) waren es insbesondere Bauspareinlagen, bei Einlagen mit kürzeren Laufzeiten unterschiedlichste Einlageprodukte (wie z. B. Online-Produkte), die verstärkt nachgefragt wurden. Trotz steigender Konditionen lagen die Zinssätze in allen Segmenten aber weiterhin deutlich unter der Inflation (HVPI für Februar 2023: 11,0 %).

Auch bei Unternehmen waren bei Krediten deutlich anziehende Zinssätze beobachtbar. Während Österreich seinen Zinsvorteil im Kreditneugeschäft gegenüber dem Euroraum, aufgrund von ähnlich hohen Anstiegen der Zinssätze, behielt, stieg die Verzinsung der aushaftenden Unternehmenskredite in Österreich stärker als im Euroraum an. Mit einer durchschnittlichen Verzinsung von 3,14 % (Jänner 2023) bezahlten Unternehmen in Österreich erstmals mehr Zinsen auf ihr aushaftendes Kreditvolumen als im Euroraum-Durchschnitt (2,8 %). Ausschlaggebend dafür war abermals die im internationalen Vergleich höhere Bedeutung von variabel verzinsten Krediten.

Rückfragehinweise:
Oesterreichische Nationalbank
Dr. Christian Gutlederer
Pressesprecher
(+43-1) 404 20-6900
christian.gutlederer@oenb.at
www.oenb.at

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