Sozialversicherung will Arzneimittelversorgung in Österreich und Europa stärken
Viele Faktoren in der Arzneimittelproduktion sind auch standortpolitisch relevant. Eine lückenlose und qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung ist nicht nur im Sinne der Versicherten, sie ist auch ein wesentlicher standortpolitischer Faktor. Vor dem Hintergrund der engen Verflechtung dieser beiden Bereiche widmete sich die Sozialversicherung am Dienstag im Rahmen des SV-Forums 2024 dem Themenschwerpunkt „Sicherstellung der Arzneimittelversorgung“. Vertreterinnen und Vertreter aus der Gesundheitsbranche und -politik diskutierten mit Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern im Dachverband der Sozialversicherungsträger (DVSV) darüber, welchen wechselseitigen Einfluss Standortsicherung und Gesundheitsversorgung aufeinander haben. Zentral wurde dabei darüber gesprochen, was es braucht, um die Arzneimittelproduktion in Österreich zu halten und Abhängigkeiten außerhalb Europas zu verringern.
„Heute sind fast 7.700 Arzneimittel allein im EKO gelistet und die Zukunft liegt in der Präzisionsmedizin. Die personalisierte Medizin, die „Die Pille nur für mich“ entwickelt, hat den Jahrzehnte währenden Fokus der Pharmabranche von den Blockbustern stark verschoben. Das ist nicht nur ein unglaublicher Fortschritt, sondern fordert das System auf eine neue Art und Weise“, erklärt Peter Lehner, Vorsitzender der Konferenz der Sozialversicherungsträger bei der Eröffnung des SV-Forums.
Arzneimittelverfügbarkeit ein Teilaspekt von Standortpolitik
Die Konzentration und Auslagerung von Produktionsstandorten, Parallelimporte sowie -exporte und externe Faktoren haben Einfluss auf die Verfügbarkeit von Arzneimitteln. Aufgrund der Auslagerung von Produktionsstätten und der Fragmentierung von Lieferketten ist auch in der Arzneimittelproduktion kein allumfassender Schutz vor Lieferschwierigkeiten und-engpässen gegeben. Laut Erhebungen der Sozialversicherung lag der Anteil nicht lieferfähiger Medikamentenpackungen im Mai 2024 bei 7,5 Prozent. Lieferengpässe sind dabei kein spezifisch österreichisches Problem, sondern ein Produkt internationaler Kooperationen und des globalen Wettbewerbs.
Gleichzeitig werden nur sehr wenige der nicht lieferbaren Produkte als Auslöser für einen möglichen Versorgungsengpass eingestuft. Dazu kommt, dass Versorgungsengpässe im Arzneimittelbereich in Österreich aufgrund der Dichte des Generikaangebots und der Verfügbarkeit therapeutischer Alternativen selten auftreten. 76 Prozent der im Erstattungskodex gelisteten und durch Lieferschwierigkeiten nicht lieferbaren Arzneimittel am Markt können durch Generika lückenlos ersetzt werden. Bei den restlichen 24 Prozent können für die Versicherten nicht stark ins Gewicht fallende Alternativen angeboten werden, zum Beispiel durch leichte Anpassungen bei Wirkstoffstärken (unter anderem durch Monatspackungen statt Kleinpackungen oder die Verschreibung der doppelten Menge bei halber Wirkstoffstärke).
Trotz dieser guten Versorgungsdichte in Österreich sind Lieferengpässe im Arzneimittelbereich sowohl aus medizinsicher und gesundheitspolitischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht nicht wünschenswert und bestenfalls zu vermeiden. Diesbezüglich wurde beim diesjährigen SV-Forum thematisiert, welche nationalen Maßnahmen in Österreich zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung wie auch Arzneimittelproduktion gesetzt wurden und noch geplant sind, was auf europäischer Ebene dazu forciert wird und welche Erwartungshaltungen es auf gesundheits- und wirtschaftspolitischer Seite gibt. Die europäische Ebene war vor Ort durch Vertreterinnen und Vertreter der neuen EU-Behörde HERA, die für die Krisenvorsorge und -reaktion unter anderem für Lieferschwierigkeiten gegründet wurde, sowie durch die Generaldirektion für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU (DG GROW) der Europäischen Kommission vertreten.
Sozialversicherung für Versorgungssicherheit
Auf nationaler Ebene setzt sich die Sozialversicherung mit vielfältigen Maßnahmen für eine möglichst lückenlose Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln ein. So steht der Dachverband mit dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) in regelmäßigem Datenaustausch zu Einschränkungen der Vertriebsfähigkeit bei Arzneimitteln. Das schafft Transparenz und zeigt Notwendigkeiten der Import- und Exportsteuerung auf. So werden in der Sozialversicherung auch die Kosten des Imports von therapeutisch notwendigen Arzneimitteln übernommen. Eine weitere Maßnahme der Sozialversicherung ist die Schaffung einer Schnittstelle zum Register des BASG, damit Ärztinnen und Ärzte bereits zum Zeitpunkt der Verschreibung über ihre Ordinationssoftware Informationen darüber erhalten können, ob ein Arzneimittel verfügbar ist oder nicht. Diese Verfügbarkeitsdaten werden auch in der App „Eko2go“ dargestellt. Damit zeigt die Sozialversicherung tagesaktuell nichtlieferfähige Produkte auf und unterstützt damit den gesamten Gesundheitsstandort mit Planungssicherheit.
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