33. Wiener Landtag (2)
LAbg. Dipl.-Ing. Huem Otero Garcia (GRÜNE) meinte, man müsse etwas reparieren oder ersetzen, wenn man es kaputt gemacht hat. So verhalte es sich auch mit dem ökologischen Raum und der Umwelt: Menschen hätten den Lebensraum von Tieren und Pflanzen Schritt für Schritt zerstört. Es brauche diese Lebensräume jedoch dringend, betonte Garcia. Deshalb sei die EU-Renaturierungsverordnung notwendig. Die Wiederherstellung sei für künftige Generationen lebenswichtig. Die Dringlichkeit der Verordnung sei von vielen Stakeholdern unterstrichen worden: Unter anderem habe es einen offenen Brief von Umweltanwält*innen gegeben, der WWF habe die Abschwächung einiger Punkte im überarbeiteten Entwurf kritisiert und auch Tausende Wissenschafter*innen hätten sich für die EU Renaturierungsverordnung ausgesprochen. „Alle haben es Ihnen gesagt“, sagte Garcia und trotzdem habe man bei der Landeshauptleutekonferenz dem alten Entwurf zugestimmt. Das wiederum habe die Bundesministerin Gewessler gebunden, obwohl „eh schon klar war, dass das so nicht umgesetzt wird“, kritisierte Garcia. Die Verantwortung liege somit bei den Landeshauptleuten und nicht bei der Bundesministerin, meinte Garcia. Nach vielen Forderungen verschiedener Stakeholder habe die Überarbeitung dann „Fahrt aufgenommen“. Die Frage sei, ob die aktuellen Äußerungen und der Antrag der SPÖ zu diesem Zeitpunkt ausreiche. Die Stadtregierung wolle nun einen selbst verursachten Brand löschen, so Garcia. Und man sei nicht in der Lage, einen Fehler einzugestehen, sondern schiebe die Schuld auf andere. Garcia kritisierte zudem, dass die ÖVP auf europäischer Ebene alles getan habe, um die Verordnung zu kippen: Sie sei Sprachrohr der Agrarlobby, die wiederum kein Interesse an dem Renaturierungsgesetz habe. Es sei daher noch abzuwarten, ob es hier zu einer Einsicht komme. Die Stadtregierung habe jedenfalls noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft und es gebe noch einiges zu tun, so Garcia.
LAbg. Mag. Josef Taucher (SPÖ) meinte, der Stadtregierung seien die Probleme in der Umwelt bewusst und Wien betreibe seit Jahren aktiven Klima- und Umweltschutz. Die Stadt setze zahlreiche Maßnahmen, auch im Bereich der Renaturierung: Als Beispiele nannte Taucher den Biosphärenpark, den Liesingbach oder auch den Ausbau des Wienerwalds. Taucher ging in seiner Rede auf die Landeshauptleutekonferenz ein: Hier gehe es um die Fassung gemeinsamer Beschlüsse und um die Einstimmigkeit. Wien sei immer solidarisch mit anderen, wenn es um gemeinsame Anliegen geht, so Taucher. Landeshauptmann Ludwig gehe auch immer über Parteigrenzen, um etwas zu verändern. Die Bundesregierung sei jedoch nicht in Bewegung gekommen. „Und jetzt geht es darum, Wien alles anzuhängen“, sagte Taucher. Er kritisierte zudem, dass die Grünen mittlerweile nur mehr eine „Kampagnenmaschine“ seien. Die Grünen müssten in der Bundesregierung mit der ÖVP reden sowie mit den ÖVP-Landeshauptleuten, um die EU-Renaturierungsverordnung auf den Weg zu bringen, forderte Taucher. Wien werde jedenfalls weiterhin dafür kämpfen und stehe für den „ehrlichen Weg des Konsens“.
LAbg. Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE) zufolge müsse man versuchen, das Thema ernsthaft zu diskutieren. Als gelernte Biologin sei sie weniger optimistisch als Politiker*innen. Im Hinblick auf den aktuellen EU-Wahlkampf der Grünen meinte Kickert: „Das ist mir wurscht, ich habe wirklich andere Prioritäten“ und thematisierte die EU-Renaturierungsverordnung: Kickert sei immer schon für die Verordnung gewesen, sie werde daher auch der überarbeiteten, „verwässerten“ Verordnung zustimmen, denn letztlich brauche es diese, auch wenn sie in einigen Punkten abgeschwächt worden sei. Es gebe viele Änderungen, die Kickert zufolge „Verwässerungen“ in der Verordnung seien, aber immerhin würden jetzt alle Parteien zustimmen. Geändert habe sich in den überarbeiteten Entwürfen unter anderem, dass Landwärt*innen doch nicht verpflichtet seien, Moore wieder zu vernässen. Das, was hier getan wird, sei vorbildhaft, meinte Kickert. „Wir müssen besser werden“, sagte Kickert, aber man müsse auch sehen, dass die Verordnung nicht nur Wien betreffe, sondern die gesamte EU. Die Verordnung könne ein wenig Verbesserung für die Erde herbeiführen – und nur darum gehe es, betonte Kickert. Ihr wäre es lieber gewesen, dass sich der Wiener Landtag deutlich für die EU-Renaturierungsverordnung ausspricht, doch der Landtag begrüße nur die Zustimmung des Landeshauptmanns Ludwig. Kickert kündigte die Zustimmung der Grünen an. Sie wünschen sich aber, dass darauf Taten folgen und, dass es im „Rad der EU“ zu einer Mehrheit für die Verordnung kommt: „Denn wir brauchen sie“, schloss Kickert.
LAbg. Nikolaus Kunrath (GRÜNE) meinte, er sei im Ausschuss aufgrund von abgeschwächten Punkten gegen den überarbeiteten Entwurf gewesen. Manche Politiker*innen hätten dies nicht nachvollziehen können, weil sie sich den Inhalten der Verordnung nicht bewusst seien, kritisierte Kunrath. Es sei nicht verständlich, warum sein Vorredner Taucher (SPÖ) vom Feind spreche, anstatt Wege zu suchen, wie man gemeinsam arbeiten kann. Zudem kritisierte Kunrath, dass sein Vorredner Guggenbichler (FPÖ) heute „nur dreieinhalb Minuten lang“ über die EU-Renaturierungsverordnung berichtet habe – dies zeige, wie die FPÖ mit Klimathemen umgeht. Kunrath ging auch auf die Länderstellungnahme ein: Es sei zu hinterfragen, ob es Aufgabe einer Länderkommission bzw. sei, eine Länderstellungnahme abzugeben, etwa ob es zu unverhältnismäßigen Aufwendungen kommt. „Man muss hier wirklich gemeinsam etwas tun“, forderte Kunrath. Das gemeinsame Arbeiten sei notwendig, um weltweit deutliche Veränderungen für die Umwelt und das Klima herbeizuführen.
Laut LAbg. Kilian Stark (GRÜNE) sei dieser Schritt notwendig. Es brauche aber noch weitere Schritte. Die ÖVP dürfe nicht über das Thema der Enteignung sprechen, denn im Osten von Wiener Neustadt würden Landwirt*innen aufgrund von Versiegelungen der ÖVP gegen die Enteignung ihrer Äcker kämpfen. Das Bewusstsein über die Bedeutung die EU-Renaturierungsverordnung hätte es früher benötigt, meinte Stark. Es sei zwar gut, dass die vergangene Haltung von der SPÖ überdacht wurde, aber die Argumentation sei unaufrichtig. „Bitte tun sie nicht so, als wären Sie die Fahnenträger für den Umweltschutz“, sagte Stark in Richtung SPÖ. Wenn dies so wäre, hätte die EU bereits ein Gesetz zur Naturwiederherstellung, „und wir würden diese Debatte nicht führen“, betonte Stark. Es gehe hier nicht nur um Natur-, sondern auch um Menschenschutz. Denn man brauche Ökosysteme zum Überleben, und auch die Wirtschaft brauche die Natur: Stark zufolge seien 50 Prozent des Bruttoinlandsprodukts davon abhängig, dass die Natur intakt ist und ihre Dienstleistungen zur Verfügung stellt. Stark verwies in seiner Rede auf den Wienfluss: Hier gebe es bereits einen renaturierten Teil, wo sich Pflanzen und Tiere wieder ansiedeln würden. Es gehe auch um die Intaktheit des Wienerwalds, der für die Stadt eine große Bedeutung hat, unter anderem aufgrund des Hochwasserschutzes sowie der sauberen und kühlen Luft. Es gebe Tausende solche Beispiele in ganz Europa „und genau darum geht es“ beim EU-Renaturierungsverordnung, so Stark: um die Wiederherstellung von Biodiversität. Die Grünen würden darauf hoffen, dass nun Taten des Landeshauptmanns Ludwig folgen.
Abstimmungen: Die eingebrachten Anträge fanden nicht die notwendige Mehrheit.
Die 33. Sitzung des Wiener Landtags endete um 11:02 Uhr.
Service
In der Informationsdatenbank des Wiener Landtages und Gemeinderates (INFODAT) unter www.wien.gv.at/infodat können Reden, Debattenbeiträge, Beschlüsse, Anfragen, Anträge, Gesetzesentwürfe und Landesgesetzblätter nach verschiedenen Kriterien abgerufen werden. Dabei wird Zugriff auf die zugehörigen Videos und Originaldokumente (sofern elektronisch vorhanden) geboten. (Schluss) exm
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