COVID-19: Laut Gesundheitsminister Rauch bisher 412 Anträge nach dem Impfschadengesetz bewilligt
Bisher haben 2.324 Personen nach einer COVID-19-Impfung einen Antrag nach dem Impfschadengesetz gestellt. Davon wurden bislang 412 Anträge bewilligt. Das teilte Gesundheitsminister Johannes Rauch heute in der Fragestunde des Bundesrats mit. In den meisten Fällen – 316 Mal – wurde eine einmalige Pauschalentschädigung gewährt, 78 Personen erhalten eine befristete bzw. eine laufende Rentenzahlung. Insgesamt wurden laut Rauch in Österreich rund 21 Millionen COVID-19-Impfstoffdosen verabreicht, 615.000 in der letzten Impfsaison seit Herbst 2023. Dadurch hätten rund 25.000 Todesfälle vermieden werden können. Die Zahl der vernichteten Impfdosen wegen Überschreitung des Haltbarkeitsdatums bezifferte der Minister mit 17,8 Millionen.
Weitere Themen der Fragestunde waren der Zugang zur Gesundheitsversorgung in Österreich, die HPV-Impfung, die Bezahlung von Menschen mit Behinderung in betreuten Werkstätten, die Pensionsaliquotierung und die tierärztliche Versorgung im ländlichen Raum. Zudem wurden von den Bundesrätinnen und Bundesräten Konsumentenschutzthemen wie Täuschungen bei Verpackungsfüllmengen angesprochen. Laut Rauch hat der Verein für Konsumenteninformation (VKI) eine weitere Klage wegen Irreführung durch „Shrinkflation“ eingereicht, sie betrifft ein Produkt von Iglo.
Vor Beginn der Fragestunde gedachten die Bundesrätinnen und Bundesräte in einer Trauerminute dem ehemaligen Bundesratspräsidenten Gerd Klamt. Der vor kurzem verstorbene Kärntner FPÖ-Politiker führte im 1. Halbjahr 2001 den Vorsitz in der Länderkammer.
Rauch: Dritte COVID-19-Impfung hatte größte Wirkung auf Reduktion von Todesfällen
Die Fragen zu den COVID-19-Impfschäden und zur Vernichtung von Impfdosen wurden von der steirischen FPÖ-Bundesrätin Andrea Michaela Schartel und ihrem Tiroler Fraktionskollegen Christoph Steiner gestellt. Laut Rauch konnten einer Studie zufolge durch die COVID-19-Impfungen 1,4 Millionen Todesfälle in Europa vermieden werden. 25.000 waren es in Österreich, wobei die dritte Impfung die größte Wirkung in Bezug auf die Reduktion von Todesfällen hatte. Zwischen 1. Februar 2021 und 18. November 2021 hätten 19.000 Krankenhausaufenthalte, rund 6.000 Aufenthalte in Intensivstationen und etwa 6.100 Todesfälle vermieden werden können.
Bei den Anträgen nach dem Impfschadengesetz nimmt laut Auskunft von Rauch COVID-19 mit 2.324 von 2.396 Anträgen die Spitzenposition ein. 9,7 Millionen COVID-19- Impfstoffdosen wurden gespendet. Die Kosten für die Vernichtung der 17,8 Mio. Dosen bezifferte er mit 129.000 €. Keine Daten gibt es darüber, wieviel ärztliches Personal oder Pflegepersonal das Gesundheitssystem infolge der Einführung der Impfpflicht verlassen hat. In Richtung des Salzburger SPÖ-Bundesrats Michael Wanner zeigte sich Rauch zuversichtlich, dass es bald zu einer Einigung zwischen Sozialversicherung und Ärztekammer in Bezug auf die Kostenübernahme von COVID-19-Tests in Arztpraxen kommen wird.
Von der Kärntner SPÖ-Bundesrätin Claudia Arpa auf Lehren aus Fehlern der Regierung beim Pandemiemanagement angesprochen, meinte Rauch, die inzwischen gewonnenen Erkenntnisse seien in den Pandemieplan eingeflossen. Mittlerweile gebe es – auch durch umfassende Forschung – ein deutliches Mehr an Wissen. Dabei gehe es etwa um die Frage, ob die Schulschließungen tatsächlich in dem Ausmaß notwendig gewesen wären oder ob gezielte Tests nicht besser seien als Massentestungen. Ein Corona-Entschädigungsfonds nach dem Vorbild Niederösterreichs, wie von FPÖ-Bundesrätin Schartel zur Diskussion gestellt, ist laut Rauch nicht geplant.
Gratis-HPV-Impfung: Rauch strebt dauerhafte Aufnahme in das nationale Impfprogramm an
Von Bundesrätin Bernadette Geieregger (ÖVP/NÖ) auf die Ausweitung der kostenlosen HPV-Impfung bis zum 30. Lebensjahr angesprochen, hielt Rauch fest, dass eine Grundsatzeinigung über eine zeitlich begrenzte Nachholimpfaktion erzielt worden sei, mit einer gesicherten Finanzierung für vorerst zwei Jahre. Er hofft allerdings, die Impfung im nationalen Impfprogramm dauerhaft bis zum 30. Lebensjahr verankern zu können, derzeit ist sie lediglich bis zum 21. Lebensjahr gratis. Laut Rauch konnte die Krankheit in Australien durch eine hohe Durchimpfungsrate ausgerottet werden. In Österreich habe es vor Einführung der Gratisimpfung pro Jahr rund 55.000 HPV-Impfungen gegeben, mittlerweile habe sich diese Zahl verdoppelt, mit steigender Tendenz.
Verbesserung der ärztlichen Versorgung
Auf die Frage von Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/OÖ), was er im Kampf gegen die „Zwei-Klassen-Medizin“ unternehme, verwies der Gesundheitsminister auf verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung der ärztlichen Versorgung der Bevölkerung wie 100 zusätzliche Kassenstellen und den Ausbau von Primärversorgungseinrichtungen sowie auf neue Auflagen für Wahlärzt:innen. Insgesamt stünden durch das von der Regierung geschnürte Paket 1 Mrd. € pro Jahr zusätzlich für die Gesundheitsversorgung zur Verfügung.
Allgemein müsse es darum gehen, die Attraktivität von Kassenstellen zu erhöhen, betonte Rauch. Das sei auch Aufgabe der Sozialversicherung. Er kann sich etwa vorstellen, Spitalsärzt:innen zu ermöglichen, eine Teilzeit-Kassenarztpraxis aufzumachen. Ob es künftig auch möglich sein wird, spezielle Primärversorgungszentren für Gynäkologie oder Interne Medizin zu eröffnen, werde erst nach einer Evaluierung entschieden, hielt Rauch in Richtung Bundesrat Günther Ruprecht (ÖVP/St) fest.
Novelle zum Tierschutzgesetz: Stellungnahmen werden eingearbeitet
Ähnliche Probleme wie bei der Gesundheitsversorgung sieht Rauch auch bei der tierärztlichen Versorgung im ländlichen Raum. Auch hier gelte es, ein attraktives Umfeld zu schaffen, etwa was Entlohnung und Arbeitsbedingungen betrifft, hielt er gegenüber Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP/OÖ) fest. Dabei sieht er insbesondere die Bundesländer in Zusammenspiel mit der Tierärztekammer gefordert. Gesetzlich habe man bereits etliche Maßnahmen gesetzt, so seien auch im Bereich der Tierärzt:innen Gruppenpraxen oder angestellte Dienstverhältnisse möglich.
Von den 800 Stellungnahmen, die zur geplanten Tierschutzgesetz-Novelle eingelangt sind, werden laut Auskunft Rauchs gegenüber der oberösterreichischen SPÖ-Bundesrätin Bettina Lancaster rund 60 aufgrund ihrer Relevanz genauer geprüft und gegebenenfalls in den Gesetzentwurf eingearbeitet.
36 Mio. € Förderung für „Lohn statt Taschengeld“
Im Bereich Soziales ging es insbesondere um das Projekt „Lohn statt Taschengeld“, das auf eine bessere berufliche Integration von Menschen mit Behinderung abzielt und von den Bundesrätinnen Heike Eder (ÖVP/V) und Korinna Schumann (SPÖ/W) angesprochen wurde. Laut Rauch werden in einem ersten Schritt 36 Mio. € für Pilotprojekte zur Verfügung gestellt, wobei die Rückmeldungen der – eigentlich zuständigen – Bundesländer weitgehend positiv ausgefallen seien. In diesem Sinn zeigte sich der Minister zuversichtlich, „dass das eine Erfolgsgeschichte wird“. Im Moment werde an den Förderkriterien gearbeitet, wobei Rauch Bundesrätin Eder versicherte, dass auch bestehende Projekte miteinbezogen werden. In Kraft gesetzt werden soll die Förderrichtlinie noch vor dem Sommer.
Generelles Ziel sei es, Menschen mit Behinderung aus den klassischen Werkstätten heraus- und in den normalen Arbeitsmarkt hineinzubekommen, unterstrich Rauch gegenüber Bundesrätin Schumann. Eine noch „offene Baustelle“ sei die pensionsrechtliche Absicherung, gestand Rauch gegenüber dem Tiroler FPÖ-Bundesrat Christoph Steiner zu. Es gehe darum, die Absicherung der Betroffenen auch nach Pensionsantritt sicherzustellen. Die geschätzten „saldierten“ Gesamtkosten des Projekts bei einer kompletten Umstellung bezifferte Rauch gegenüber Simone Jagl (Grüne/NÖ) mit 191 Mio. € pro Jahr.
Keine Pläne gibt es laut Rauch dahingehend, die Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung gänzlich abzuschaffen, wie dies Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ/W) gefordert hatte. Ob es zu einer weiteren Aussetzung der Aliquotierung oder anderen Eingriffe kommen wird, wird ihm zufolge erst nach Vorliegen einer validen Inflationsschätzung feststehen. Auch eine etwaige Verlängerung der Inflations-Schutzklausel hänge davon ab.
Klagen gegen „Shrinkflation“
Von Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ/B) auf die Täuschung von Konsument:innen durch verringerte Füllmengen bei gleichbleibenden Packungsgrößen angesprochen, meinte Rauch, das Thema beschäftige die gesamte EU. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) habe viele Daten gesammelt und würde bei besonders krassen Fällen von „Shrinkflation“ auch klagen. So habe der VKI eine Klage gegen Manner gewonnen. Eine zweite Klage ist laut Rauch Ende 2023 gegen die Firma Iglo eingebracht worden. Für ihn ist es ein klarer Fall von Irreführung, wenn die Verpackung – mit Ausnahme der klein aufgedruckten Füllmenge – komplett gleichbleibt, der Inhalt aber schrumpft. Im Falle von Iglo erwartet er ein Urteil in der zweiten Jahreshälfte 2024.
Auf EU-Ebene erwartet sich Rauch Vorschläge von Seiten der EU-Kommission, wobei er dafür plädierte, sich das französische Modell genauer anzuschauen. Dieses könnte seiner Meinung nach eine „Blaupause“ sein. Während des EU-Ratifizierungsverfahrens habe Polen als einziges Land Bedenken angemeldet.
Auch was eine verpflichtende Herkunfts-Kennzeichnung bei verarbeiteten Lebensmitteln betrifft, ein Thema, das von Bundesrätin Johanna Miesenberger (ÖVP/OÖ) angeschnitten wurde, sieht Rauch die EU-Kommission gefordert, wobei er auf sehr unterschiedliche Interessen in dieser Frage – auch in Österreich – verwies. So sei etwa strittig, was genau ausgewiesen werden müsse. Im Alleingang umsetzen könnte Österreich Rauch zufolge eine Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie, auch hier gelte es jedoch, noch Überzeugungsarbeit zu leisten. Insbesondere die Wirtschaftskammer leiste Widerstand. Nach Meinung von Rauch wäre eine Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie allerdings keine „Hürde“, sondern ein Asset. (Fortsetzung Bundesrat) gs
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