Medikamentenabgabe auch in der Ordination: Patientenfreundlich, einfach und diskret | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Medikamentenabgabe auch in der Ordination: Patientenfreundlich, einfach und diskret

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„Eine Kuh hat es in Österreich in einer Hinsicht besser als der Mensch – sie bekommt ihr Antibiotikum direkt vom Tierarzt“, fasste Dietmar Bayer, stellvertretender Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte, pointiert die aktuelle Situation der Medikamentenabgabe zusammen. Es sei für ihn unverständlich, warum es diesen „Luxus“ für Menschen nicht geben könne. „Nehmen wir das Beispiel eines Hausbesuches am Samstagabend mit der Diagnose Bronchitis. Wenn hier sofort das richtige Medikament vom Arzt verabreicht wird, dann muss daraus keine Lungenentzündung werden. Davon abgesehen, dass der Patient, der ja ohnehin schon so krank ist, dass er auf den Hausbesuch angewiesen ist, keine weiten und beschwerlichen Wege auf sich nehmen muss“, streicht Bayer die Vorzüge des Dispensierrechtes hervor. Dazu kämen aber noch einige andere eminent wichtige Zusatzeffekte: „Zum einen ist es klimafreundlich, unnötige Wege zu vermeiden, es erhöht die allgemeine Verkehrssicherheit, wenn kranke Menschen nicht hinters Steuer gezwungen werden und falls sie doch als Alternative öffentliche Verkehrsmittel nutzen können, erspare man sich die Gefahr neuer Infektionsketten. „Kranke Menschen in die vor allem in der Vorweihnachtszeit meist gut gefüllten öffentlichen Verkehrsmittel zu zwingen – das sagt einem schon der Hausverstand, dass das nichts mit Patientensicherheit oder Patientenservice zu tun hat“, unterstrich Bayer.  

Einzig der Widerstand und das Lobbying der Apothekerkammer würden diesen großen Schritt in Richtung besserer und moderner Patientenversorgung verhindern. Stichhaltige Argumente gebe es nicht, so Bayer. Er könne und wolle auch nicht einsehen, dass bei allen Veränderungen im Gesundheitssystem nur das Monopol der Apotheken zur Medikamentenabgabe bleiben solle. Dabei sei dieses Konzept nicht nur verstaubt, sondern auch überholt, sagte Bayer.  

Es sei daher im Sinne der Patientinnen und Patienten höchst an der Zeit, auch hier neue Wege zu beschreiten. „Medikamentenabgabe auch in der Ordination und natürlich auch beim Hausbesuch – das ist patientenfreundlich, einfach und diskret“, fasste Bayer zusammen: „Die Ärzteschaft steht auch in dieser Hinsicht ganz klar an der Seite ihrer Patientinnen und Patienten und sieht sich verpflichtet, für die optimale Patientenversorgung einzustehen – egal, wie groß der Gegenwind auch sein mag.“ 

Hutgrabner: Starre Regeln ergeben kuriose Schildbürgerstreiche und verhindern Patientenservice  

„Im Zentrum der Gesundheitspolitik muss der Mensch stehen“, plädierte auch Silvester Hutgrabner, Leiter des ÖÄK-Referates für Hausapotheken und Medikamentenangelegenheiten: „Eigentlich sollte das selbstverständlich sein, aber die aktuelle Gesetzeslage verursacht statt menschenzentrierter Versorgung eher Schildbürgerstreiche am laufenden Band“, urteilte Hutgrabner. Viele davon drehen sich um die Kilometergrenze, die den Abstand zwischen öffentlichen Apotheken und Hausapotheken reglementiert. Im Apothekengesetz ist dazu festgehalten, dass im Umkreis von vier Straßenkilometern einer öffentlichen Apotheke gar keine ärztlichen Hausapotheken bewilligt werden, im Umkreis zwischen vier und sechs Kilometern nur in Form einer Nachfolgepraxis. Konsequenterweise müssen auch langjährig bestehende ärztliche Hausapotheken geschlossen werden, wenn – aus welchen Gründen auch immer – innerhalb von vier Kilometern eine Konzession für eine neue öffentliche Apotheke erteilt wird. „Es ist auf den ersten Blick klar, dass es hier schon lange nicht mehr um die Bedürfnisse unserer Patientinnen und Patienten geht“, fasste Hutgrabner zusammen. 

Die Lösung für die Verbesserung der derzeitigen Situation mit dem Kassenärztemangel ist aus Sicht der Österreichischen Ärztekammer die Streichung der gesetzlichen Regelung zur verpflichtenden Zurücknahme der Hausapotheken-Bewilligung (§29 Absatz 3 Apothekengesetz), unterstrich Hutgrabner. 

Wutscher: PVE ohne Medikamentenabgabe sind nur halbe Sache 

„Die aktuelle Entwicklung ist alarmierend, patientenunfreundlich und zementiert einen Stand aus dem vorigen Jahrtausend ein“, fasste Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, zusammen. Nach wie vor müssten Ärztinnen und Ärzte ihre Patientinnen und Patienten nach dem Hausbesuch mit dem Rezept alleine lassen und damit zulassen, dass kranke Menschen für die einfachsten Medikamente zig Kilometer zurücklegen müssen. „Das hat mit moderner Medizin im 21. Jahrhundert nichts mehr zu tun“, ist Wutscher empört.  

Zudem dürfe man eines nicht mehr außer Acht lassen: „Aktuell sind fast 300 Kassenstellen unbesetzt, davon 179 für Allgemeinmedizin. Dazu hat die Regierung 100 neue Kassenstellen versprochen, für die man noch Ärzte finden muss“, sagte Wutscher: „Mit einem Federstrich könnte man einen riesigen Beitrag für die Verbesserung der Situation leisten. Eine kürzlich durchgeführte Studie bestätigt: Der Ausbau von ärztlichen Hausapotheken könnte bis zu 400 neue Kassenärztinnen und Kassenärzte bringen.“

Irritierend ist für Wutscher auch, dass Neuerungen in der Gesundheitspolitik nicht zu Ende gedacht werden. Ein Beispiel ist für ihn der geplante Ausbau von Primärversorgungseinheiten. „Laut Gesundheitskasse sind das die neuen Organisationsformen für eine umfassende Gesundheitsversorgung. Ich kann mich als Patient dann dort von der Physiotherapeutin massieren lassen, aber ich bekomme dort nicht meine Medikamente. Dieser groteske Fehler muss dringend behoben werden“, forderte Wutscher. Ebenso müsse dringend Klarheit bei der Bildung von Primärversorgungsnetzwerken geschaffen werden. „Immer wieder kommt diese PVE-Variante, die für den ländlichen Raum deutlich besser geeignet ist, nicht zustande, weil Ärztinnen und Ärzte um ihre Hausapotheke bangen müssen – das muss ein Ende haben!“

Zusammenfassend gilt für den ÖÄK-Vizepräsidenten: „Der Maßstab für alle Regelungen in der Versorgung müssen die Bedürfnisse der Bevölkerung sein, und nicht das Eigeninteresse der Apothekenbranche. Die unmittelbare Abgabe von Medikamenten beim Arzt gleich nach der Diagnose bedeuten mehr Service, mehr Lebensqualität, raschere Gesundung, Vermeidung vieler unnötiger Kilometer im Auto.“

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