AKNÖ-Wieser: Studie bestätigt Dringlichkeit der Pflegereform, aber Regierung tut viel zu wenig
Bereits jede/r vierte Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegebereich in Niederösterreich denkt an einen Berufswechsel. Die Beschäftigten sind körperlich und psychisch erschöpft, obwohl sie ihre sinnvolle Tätigkeit schätzen. Die laufend anwachsenden beruflichen Belastungen sind eine wesentliche Ursache dafür. Das sind die Ergebnisse einer von der AK Niederösterreich beauftragten Studie des wissma-Marktforschungsinstituts unter 2.900 Beschäftigten des Gesundheits- und Pflegepersonals, die im Dialogforum „Versorgungssicherheit in der Pflege“ am Donnerstag vorgestellt und diskutiert wurde. „Wir brauchen endlich nachhaltige Lösungen für die Arbeitnehmer:innen im Gesundheits- und Pflegebereich. Das betrifft Arbeitsbedingungen, das Personal und natürlich auch das Entgelt“, sagt AK Niederösterreich-Präsident und ÖGB Niederösterreich-Vorsitzender Markus Wieser. „Die Bundesregierung hat eine Pflegereform groß angekündigt, sie ist weder bei den Beschäftigten noch bei den betroffenen Familien angekommen. Das ist ein Zustand, der nicht hinzunehmen ist“, so Wieser, der betonte: “Mir ist besonders wichtig, wie es den Arbeitnehmer:innen im Gesundheitssystem geht. Denn sie gehören zu denen, die das Land am Laufen halten.“
Das Format „Dialogforum“ wurde 2016 von Präsident Wieser ins Leben gerufen, um aktuelle Themen mit maßgeblichen Expert:innen tiefgehend und umfangreich zu diskutieren und um konkrete, passende Lösungen auszuarbeiten.
Pflegenotstand ist Realität
„Österreichs Bevölkerung wächst beständig, und wir werden auch immer älter, aber nicht unbedingt gesünder“, so AK Niederösterreich Vizepräsidentin Gerda Schilcher in ihren einleitenden Worten beim Dialogforum. „Bis 2030 brauchen wir 76.000 zusätzliche Pfleger:innen, und das ist erst der Anfang. Tatsächlich haben wir heute schon einen „Pflegenotstand“.
Bernhard Rupp, Leiter der Abteilung Gesundheitspolitik der AK Niederösterreich, verwies auf die große Belastung pflegender Angehöriger. Sie benötigen mehr Unterstützung. Zudem wollen laut Umfragen die meisten Menschen im Falle von Pflegebedürftigkeit in den eigenen vier Wänden bleiben. Hier müsste es passende Unterstützungen u.a. für pflegegerechte Umbauten geben.
Katja Meier-Pesti, Geschäftsführerin der wissma Marktforschungs GmbH, die mit der Umfrage der Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegebereich beauftragt worden war, legte die wichtigsten Ergebnisse dieser Untersuchung vor. Demnach denken 9 Prozent der insgesamt 2.900 Befragten täglich an Jobwechsel, ein Viertel denkt zumindest einmal pro Woche daran. Wobei viele der Befragten sich „den Job schönreden“, weil sie kaum Alternativen kennen. Diese „Resignative Arbeitszufriedenheit“ ist gut für die psychische Stabilität, weist aber auf eine noch höhere Belastung der Beschäftigten hin.
41 Prozent der Befragten glauben nicht, dass sie ihren Beruf bis zur Pension ausüben können. Gewünscht werden von den Pflegekräften neben einem höheren Einkommen eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, kürzere Arbeitszeiten bei vollem Gehalts- und Personalausgleich sowie berufliche Weiterentwicklungsmöglichkeiten.
Monika Riedel Senior Researcher und Sprecherin für Pflege am IHS betonte, dass die Anzahl der Pensionsbezieher:innen in den kommenden Jahre und Jahrzehnte im Vergleich zu den Beschäftigten übermäßig steigen wird. Um den „Generationenvertrag“ weiter einzuhalten muss es ausreichend viele (junge) Erwerbstätige geben, die ausreichend produktiv sind.
Bei der Podiumsdiskussion „Was braucht es für eine sichere Pflegeversorgung“ war eine hochkarätige Runde versammelt. Neben Monika Riedel vom IHS, Vizepräsidentin Gerda Schilcher und Abteilungsleiter Bernhard Rupp diskutierten unter Leitung von Moderator Gerald Gross Ulrike Königsberger-Ludwig, Landesrätin für Soziale Verwaltung, Gesundheit & Gleichstellung, sowie Migrationsforscherin Gudrun Biffl.
Vor allem ging es in der Diskussion um strukturelle und konkrete Änderungen der Rahmenbedingungen für Beschäftigte im Gesundheits- und Pflegebereich, um diese Berufe attraktiver zu machen.
Eine andere Art der Ausbildung für Pfleger:innen ist zum Beispiel notwendig, um den Betroffenen eine langfristige Karriereplanung zu ermöglichen. In anderen Ländern lernen Pflegekräfte Tätigkeiten, die bei uns in Österreich ausschließlich Ärzt:innen machen dürfen.
Als Verbesserungen würden sich auch bessere Entlohnung während der Ausbildung, Dienstplansicherheit und bessere Bezahlung bzw. 32 Stunden bei vollem Lohnausgleich anbieten.
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