Rotes Kreuz: Rettungsdienst muss mehr sein als Transport ins Krankenhaus!
Als größter Leistungsträger im Rettungsdienst sieht sich das Österreichische Rote Kreuz zunehmend mit Herausforderungen konfrontiert: Die Menschen werden älter, und der Bedarf an medizinischer Versorgung steigt, genauso wie das Anspruchsverhalten an den Rettungsdienst.
ÖRK-Bundesrettungskommandant Gerry Foitik: „Als Alternative zu niedergelassenen Ärzt:innen wird oft der Notruf gewählt, und der Rettungsdienst transportiert die Patientinnen und Patienten in ohnehin bereits überfüllte Ambulanzen. Das verursacht hohe Kosten im Gesundheitssystem und nicht immer ist das nächstgelegene Krankenhaus der ‚best point of service‘.“
Primärversorgungszentren, niedergelassene Ärzte und Pflege zuhause sind Maßnahmen, um Krankenhäuser zu entlasten. Und auch im Rettungsdienst sieht Foitik Chancen, einen Beitrag zur Entlastung der Ambulanzen zu leisten. „Ein wichtiger Schritt wäre die Anerkennung von Kompetenzen zur Belassung der Patientinnen und Patienten zuhause bzw. zur Bestimmung des ‚best point of service‘ durch die Sanitäterinnen und Sanitäter.“
Notarztgestütztes Rettungswesen
Österreich setzt auf ein notarztgestütztes Rettungswesen. Es werden flächendeckend Notarztrettungsmittel eingesetzt, welche die bestmögliche präklinische Versorgung für Menschen in potenzieller Lebensgefahr bieten.
Rotkreuz-Chefarzt Dr. Wolfgang Schreiber: „In der Regel zählt nur ein Viertel aller Notarzt-Einsätze zu den kritischen Notfällen, wie etwa ein Atem-Kreislauf-Stillstand. In so einem Fall zählt dann aber jede Sekunde. Aufgrund der rettungsdienstlichen Planung ist die Eintreffzeit in Österreich sehr kurz. Von Team Österreich Lebensrettern, First Respondern, der Polizei bis hin zu den alarmierten Rettungsmitteln – sie alle bilden ein dichtes Hilfsnetz, das sich durch hohe Verfügbarkeit und kurze Wege auszeichnet.“
Ein zusätzliches kostengünstiges Tool, das sehr wirksam sein kann, ist die Telemedizin. Darunter versteht man eine notärztliche Telefonberatung für Notfall- und Rettungssanitäter:innen, die bei einem Einsatz, der nicht zeitkritisch ist, professionelle Unterstützung von Notärzt:innen hinzuziehen wollen.
„Ein Telenotarzt oder eine Telenotärztin kann in kürzester Zeit deutlich mehr Beratungen durchführen als Notärzt:innen, die zu jedem Berufungsort zu- und wieder wegfahren müssen. Dafür brauchen wir vom Gesetzgeber jedoch entsprechende rechtliche und finanzielle Möglichkeiten“, so Dr. Schreiber. Bundesrettungskommandant Gerry Foitik ergänzt: „Die lang erwartete Novellierung des Sanitätergesetzes lässt leider weiter auf sich warten…“
Erhalt der Freiwilligkeit
Von 75.400 Freiwilligen beim Roten Kreuz sind allein 42.300 im Rettungsdienst tätig.
„Als eine der größten Freiwilligenorganisationen in Österreich liegt uns der Erhalt der Freiwilligkeit auch im Bereich des Rettungsdienstes am Herzen. Freiwilligkeit und Rettungsdienst sind kein Widerspruch und der Personalmix von Hauptberuflichen, Freiwilligen, Zivildienstleistenden sowie Absolventinnen und Absolventen des Freiwilligen Sozialjahrs ist für das Rote Kreuz aber auch die Gesellschaft enorm bereichernd“, so Monika Stickler, Stv. Bundesrettungskommandantin beim ÖRK.
Die hohen Kompetenzlevels, die im Rahmen der Ausbildung zu erreichen sind, stellen für viele Freiwillige eine große Motivation dar. Durch die Anrechenbarkeit von Kursen beim Wechsel in Gesundheitsberufe, könnte diese Motivation noch weiter gestärkt werden.
Monika Stickler: „Die Anforderungen an den Rettungsdienst ändern sich und daher erwarten wir uns vom Gesetzgeber, dass das Sanitätergesetz auch an diese Anforderungen angepasst wird. Unsere Vorschläge haben wir dem Gesundheitsministerium bereits vor einiger Zeit übermittelt und wir freuen uns über eine Einladung zur Weiterentwicklung des seit dem Jahr 2002 bestehenden Gesetzes, um im gemeinsamen Dialog über mögliche Spezialisierungen, neue Karrierewege, den Ausbau der Telemedizin und den Rettungsdienst als Teil des Gesundheitssystems sprechen zu können.“
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