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26. Wiener Gemeinderat (2)

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Das Thema der „Aktuellen Stunde“ hatten die Grünen eingebracht. Es lautete: „1,4 Milliarden Darlehen der Stadt Wien zur Sicherung der Liquidität des Wiener Stadtwerke Konzerns durch den Bürgermeister im Wege der Notkompetenz ohne unverzügliche Information der zuständigen Gremien. Ist das das Verständnis von Transparenz, Kontrolle und Nachvollziehbarkeit der rot-pinken Stadtregierung?“ 

GR David Ellensohn (GRÜNE) stellte die öffentliche Befürwortung des Bürgermeisters zum Informationsfreiheitsgesetz auf Bundesebene mit seinem Vorgehen rund um die Wien Energie gegenüber. Sein Vorgehen zeige: Die Opposition dürfe zwar Fragen stellen, könne aber vom Bürgermeister keine Antworten erwarten, meinte Ellensohn. Es gebe kein Verbot für den Bürgermeister, Informationen zur Situation der Wien Energie weiterzugeben. Transparenz sei nur ein Lippenbekenntnis in der rot-pinken Koalition, so Ellensohn – auch bei NEOS, dem Koalitionspartner der Bürgermeister-Partei SPÖ. Im Gegensatz zu den Regierungsparteien sei es für die Grünen während ihrer Regierungszeit Usus gewesen, Rechtsgutachten und Berichte zu veröffentlichen, betonte Ellensohn. Informationen seien von der Bürgermeister-Partei als auch vor dem Koalitionspartner zurückgehalten worden. Die Situation jetzt sei der „Elchtest“ für die NEOS, wie ernst sie es mit der Transparenz nehmen würden, sagte Ellensohn. Das Interesse der Öffentlichkeit und der Presse bedeute auch ein „Fenster“, um mit einer Initiative mehr Offenheit und Informationsfreiheit zu erreichen. Er verwies auf die von der Opposition angestrebte Untersuchungskommission zur Wien Energie, bei der auch beleuchtet werden sollte, wie die Notkompetenz des Bürgermeisters bei der Vergabe von Finanzmittel für die Wien Energie genutzt worden sei. 

StR Dominik Nepp, MA (FPÖ) ortete im Zusammenhang mit der Wien Energie einen „Milliardenskandal der SPÖ“. Der Bürgermeister hätte sich für die Rettung des städtischen Energieversorgers auf eine Notkompetenz berufen, die ihm nicht zugestanden hätte, so Nepp. Nach Bekanntwerden der angeblichen finanziellen Turbolenzen der Wien Energie sei der Bürgermeister „tagelang auf Tauchstation“ gegangen. Er kritisierte den Bürgermeister für die fehlende Information der Opposition, des Gemeinderats und sogar des Stadtsenats und offenbar des Koalitionspartners. Die Notkompetenz des Bürgermeisters sei gar nicht notwendig gewesen, der Gemeinderat hätte jederzeit im Sommer tagen können, ebenso der zuständige Finanzausschuss, so Nepp. Er folgerte daraus, dass der Bürgermeister „Amtsmissbrauch“ begangen hätte; der Bürgermeister sei „rücktrittsreif“, so Nepp. 

GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS) betonte, dass die NEOS „Transparenz leben“ würden; dieses Bekenntnis zur Transparenz finde sich auch im Koalitionsabkommen mit der SPÖ. Die NEOS seien die einzige Partei, die alle Einnahmen, Spenden und Ausgaben „für alle einsehbar auf einer Homepage“ veröffentlichten. Innerhalb der rot-pinken Fortschrittskoalition würden die NEOS auch konsequent für mehr Transparenz eintreten – andere Parteien würden jetzt „die Moralkeule schwingen“, hätten aber während ihrer Koalitionszeit jedoch selbst wenig unternommen. Sie verwies außerdem auf die gesetzlichen Änderungen rund um die Einberufung einer Untersuchungskommission, die von der „Fortschrittskoalition“ beschlossen wurden und die es der FPÖ und ÖVP jetzt erleichtern würden, eine Untersuchungskommission einzurichten. Sie stimmte der Opposition zu, dass mehr Einblick in ausgelagerte Unternehmungen und Betriebe der Stadt wünschenswert sei; „daran arbeiten wir jetzt“. Unter anderem würde der Unterausschuss im Gemeinderat zu den Stadtwerken jetzt öfter zusammentreten. 

StR Karl Mahrer (ÖVP) zeigte sich von den Ereignissen rund um die Wien Energie „erschüttert“: „Die Wien Energie und die Vorkommnisse sind nur die Spitze des Eisberges“, sagte Mahrer. Er kritisierte „das System SPÖ“ in der Stadtregierung und den „Alleingang“ von Bürgermeister Ludwig bei der Freigabe von insgesamt 1,4 Milliarden Euro für die Wien Energie „ohne Information und Einblick“. In Notfällen hätte der Bürgermeister die Möglichkeit, sich auf die Notkompetenz zu berufen, die Voraussetzungen seien im Sommer bei der Vergabe der insgesamt 1,4 Milliarden Euro aber nicht gegeben gewesen: Der Gemeinderat hätte jederzeit zusammentreten können; auch sei schon länger klar gewesen, dass die Stadtwerke und Wien Energie durch galoppierende Energiepreise Finanzhilfen brauchen würden. Die NEOS seien ein „Anhängsel der SPÖ-Regierung“; auch sie seien – bis auf einen Anruf – nicht vom Bürgermeister informiert worden.  

GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ) betonte, dass der Rückgriff durch den Bürgermeister auf seine Notkompetenz „zulässig und notwendig“ gewesen sei. Er zitierte aus der Anfragebeantwortung des Bürgermeisters dazu aus der Fragestunde. Durch die Unsicherheit an den Energiebörsen nach dem Ausfall der Gas-Pipeline „Nord Stream 1“ seien die Preise kurzfristig gestiegen, die Wien Energie hätte „unmittelbar“ Kautionen an der Börse hinterlegen müssen. Die Versorgungssicherheit von zwei Millionen Wiener*innen sei auf dem Spiel gestanden. Die Notkompetenz des Bürgermeisters sei vorgesehen, wenn eine Stadtsenatssitzung in angemessener Zeit nicht stattfinden kann, erinnerte Stürzenbecher. Die Nutzung der Notkompetenz sei also eindeutig gerechtfertigt gewesen, dieser Meinung seien auch mehrere Rechtsexpert*innen, die den Sachverhalt geprüft hätten, so Stürzenbecher. Die Vorwürfe der Opposition würden also nicht den Tatsachen entsprechen. 

GR Maximilian Krauss, MA (FPÖ) meinte, die NEOS würden sich „wohl auch ein bisschen schämen, für das was hier passiert ist“. Die NEOS hätten in Interviews kritisiert, sie hätten keinerlei Informationen zur Nutzung der Notkompetenz; jetzt würden sie dem Koalitionspartner „die Mauer machen und schützen– und damit wohl auch ihre Posten in der Regierung“, mutmaßte Krauss. Die NEOS in Wien seien zu einer „Sektion der SPÖ, vormals bekannt als die NEOS“ geschrumpft: „Die NEOS gibt es nicht mehr, daher auch ein neues Türschild“, meinte Krauss. Beim laut FPÖ-Gemeinderat „größten Finanzskandal den die Stadt Wien je erlebt hat“, sei Transparenz und Aufklärung notwendiger denn je, so Krauss. Stattdessen würde die Regierung „mit Tricksen, mit Fragen ablehnen und mit Rechtsgutachten“ versuchen, die Aufklärung zu verhindern, sagte Krauss. 

GR Markus Ornig, MBA (NEOS) ortete wie Ellensohn ein „window of opportunity“, dieses „Fenster der Möglichkeit“ sei auch von den NEOS genutzt worden. Die NEOS würden alle Fragen zur Wien Energie in den passenden Gremien diskutieren und hinterfragen. Mit einem jetzt neu geschnürten „Transparenzpaket“ werde das Interpellationsrecht der Opposition neu definiert und das Fragerecht unter anderem auch auf Unternehmungen – mit mindestens 50 Prozent-Anteil der Stadt – ausgeweitet. Außerdem würde ein neuer „Public Corporate Governance-Kodex“ für die städtischen Unternehmungen eingeführt; der Stadtwerke-Unterausschuss werde gestärkt und würde künftig öfter tagen und ein Compliance Officer im Landtag installieren.  

StR Peter Kraus, BSc (GRÜNE) konterte, dass keine der von Ornig genannten Punkte „auch nur irgendetwas bei der Causa Wien Energie geändert“ hätte. Die Wien Energie sei ein Unternehmen der Daseinsvorsorge und spiele in der Energiewende eine wichtige Rolle. Er ortete „katastrophales Krisenmanagement, patzige Kommunikation und fehlende Transparenz bei diesem so wichtigen Unternehmen“. Es gelte nun Fragen rund um das Risikoverhalten der Wien Energie an den Börsen zu klären; ebenso zur „Verheimlichung und Verschleppung“ auf politischer Ebene, so Kraus. 1,4 Milliarden an Steuergeld seien „freihändig an allen Gremien vorbei“ vergeben worden, so Kaus. „Wenn schon früh im Sommer eine Notverordnung durch den Bürgermeister auf den Weg gebracht worden ist, warum hat man dann so lange gewartet, bis man auf die Bundesregierung zugeht, um notwendiges Geld zu bekommen? Das ist für mich Verschleppung, die die Stabilität der Wien Energie gefährdet hat“, sagte Kraus. 

GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP) warf der SPÖ vor, die Versorgungssicherheit der Wiener*innen gefährdet zu haben: „Ohne die Hilfe des Bundes und ohne die Notkredite der Stadt wäre die Wien Energie schon pleite“, sage Wölbitsch-Milan. Die Notkompetenz des Bürgermeistes könne nicht einfach so gezogen werden, meinte Wölbitsch-Milan: Beschlüsse müssten grundsätzlich im Gemeinderat zu Stande kommen, wenn es dringend sei, dann könne der Stadtsenat Beschlüsse treffen. Nur wenn der Stadtsenat nicht zusammenkommen könne, dürfe der Bürgermeister die Notkompetenz ziehen, argumentierte Wölbitsch-Milan. Wenn es sich herausstellen würde, dass der Bürgermeister die Notkompetenz wissentlich unnötig gezogen habe, dann müsse es auch Konsequenzen geben – das zu ermitteln, sei die Aufgabe der Gemeinderätlichen Untersuchungskommission. Die Wiener*innen hätten sich eine umfassende Aufklärung verdient, sagte Wölbtisch-Milan. (Forts.) ato 

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