Welt-Toilettentag 2024: Umfrage zeigt Lücken beim Therapiezugang für CED-Patient:innen
Anlässlich des Welt-Toiletten-Tags 2024 am 19. November präsentiert die Patientenstimme GmbH in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Morbus Crohn / Colitis ulcerosa Vereinigung (ÖMCCV) aktuelle Marktforschungsergebnisse. Diese beleuchten die vielfältigen Herausforderungen, denen Menschen mit Chronisch Entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa in Österreich gegenüberstehen. 387 CED-Patient:innen liefern wertvolle Einblicke, unter anderem zum Zugang zu notwendigen Therapien, Lebensqualität sowie den Bedarf an zusätzlichen Unterstützungsmaßnahmen. Die Ergebnisse zeigen dringenden Handlungsbedarf, daher fordern die Patientenstimme GmbH und die ÖMCCV gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Therapiebedingungen und eine Erleichterung bei administrativen Hürden. Dies könnte die reduzierte Lebensqualität von CED-Patient:innen signifikant erhöhen und den belastenden Alltag erleichtern.
CED – Wenn der Darm chronisch krank ist
Chronisch Entzündliche Darmerkrankungen (CED) sind chronisch verlaufende Erkrankungen des Verdauungstrakts, die durch wiederkehrende Entzündungen gekennzeichnet sind. Die beiden Hauptformen sind Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Morbus Crohn kann den gesamten Verdauungstrakt betreffen, von der Mundhöhle bis zum After, tritt jedoch meist im Dünn- oder Dickdarm auf. Die Entzündung kann alle Schichten der Darmwand durchdringen und führt oft zu Durchfall, Bauchschmerzen und Gewichtsverlust. Colitis ulcerosa hingegen beschränkt sich auf den Dickdarm (Colon) und den Enddarm (Rektum). Die Entzündung betrifft vor allem die oberste Schleimhautschicht und verläuft kontinuierlich, ohne gesunde Abschnitte dazwischen. Typische Symptome sind blutige Durchfälle, Bauchkrämpfe und Schleimabsonderungen. CED treten meist zwischen dem 25. und dem 39. Lebensjahr auf und ist aktuell nicht heilbar. Betroffene müssen ein Leben lang damit zurechtkommen. Schätzungen zufolge gibt es in Österreich 40.000 bis 80.000 Betroffene. Therapieansätze zielen darauf ab, Entzündungen zu kontrollieren, Symptome zu lindern und Rückfälle zu verhindern, oft durch Medikamente wie Immunmodulatoren, Biologika oder operative Eingriffe.
Österreichweite Umfrage / Die Ergebnisse im Überblick
Therapiebedarf und Bewilligungsprobleme
Fast 60% der 387 befragten CED-Patient:innen werden derzeit mit Biologika behandelt – modernen Medikamenten, die darauf abzielen, die Krankheitsaktivität zu reduzieren. Dennoch berichten über 50%, dass sie in den letzten zwei Jahren mindestens einmal die Therapie wechseln mussten, sei es aufgrund nachlassender Wirksamkeit oder Verträglichkeitsproblemen. „Die Umfrage zeigt deutlich, dass es für Patient:innen mit Chronisch Entzündlichen Darmerkrankungen nicht die „eine“ richtige Therapie gibt. Das Ansprechen auf Therapien ändert sich mit der Zeit, und Patient:innen benötigen im Laufe ihres Lebens viele verschiedene Medikamente. Selbst Betroffene, die in den letzten 5 Jahren diagnostiziert wurden, haben im Median bereits 3 verschiedene Medikamente erhalten. In diesem Kontext ist es umso wichtiger, Betroffenen den Zugang zu neuen Therapien zu ermöglichen“
, so Mag.a Eva Brosch, Managing Director Patientenstimme GmbH.
Zahlreiche Patient:innen haben zudem mit bürokratischen Hürden bei der Bewilligung ihrer Dauertherapie zu kämpfen: ein Drittel der Patient:innen benötigt für jedes Rezept eine Genehmigung durch die Chefärzt:innen, was den Zugang zu diesen wichtigen Medikamenten häufig verzögert oder erschwert. Trotzdem halten 74% der Small Molecule-Patient:innen und 62% der Biologika-Anwender:innen ihre Einnahmevorgaben genau ein.„Die Umfrage zeigt deutlich: CED-Patient:innen sehen sich oft durch bürokratische Hürden bei der Genehmigung ihrer lebenswichtigen Therapien ausgebremst – eine Vereinfachung der Prozesse wäre ein entscheidender Schritt zur Verbesserung ihrer reduzierten Lebensqualität“
, so Ing.in Evelyn Groß, Präsidentin der Österreichischen Morbus Crohn / Colitis ulcerosa Vereinigung.
Erhebliche Beeinträchtigung von CED-Betroffenen
Morbus Crohn und Colitis ulcerosa wirken sich erheblich auf das tägliche Leben der Betroffenen aus, selbst in entzündungsfreien Phasen und unter medikamentöser Therapie. Die Erhebung zeigt, dass besonders der imperative Stuhldrang, Inkontinenz, anhaltende Erschöpfung und mangelndes Verständnis im Umfeld als belastend wahrgenommen werden. Nahezu die Hälfte der Betroffenen denkt täglich an ihre Krankheit – und das trotz modernster und wirksamer Therapie, was die psychische Belastung deutlich macht. Zudem erhalten 20% der Patient:innen keine Kostenübernahme für die wichtige Calprotectin-Bestimmung zur Überwachung der Darmentzündung, weil keine einheitliche Regelung seitens der Krankenkassen vorliegt.
Conclusio der Umfrage:
Die Umfrageergebnisse verdeutlichen, dass CED-Patient:innen, die auf moderne Therapien wie Biologika oder Small Molecules angewiesen sind, oft mit Hürden bei der chefärztlichen Bewilligung konfrontiert sind. Deshalb ist ein umfangreiches Angebot an Therapieoptionen notwendig. Therapiewechsel aufgrund von Wirkverlusten und Unverträglichkeiten belasten viele zusätzlich, und obwohl die meisten mit der Therapie zufrieden sind, leiden sie im Alltag unter Symptomen wie Stuhldrang, Stuhlinkontinenz und Fatigue. Intensive Forschung zur Deckung dieser medizinischen Versorgungslücken ist notwendig. Leider fehlt es in der Gesellschaft noch immer an Verständnis für die belastenden, immer wiederkehrenden Beschwerden. Eine ganzheitliche Betrachtung der Symptome sowie die Vereinfachung administrativer Prozesse bei der Beschaffung von Medikamenten sowie konkrete Maßnahmen zur finanziellen, sozialen und vor allem psychologischen Unterstützung, könnten die reduzierte Lebensqualität der Betroffenen erheblich steigern. „Das Leben mit CED bedeutet tägliche Herausforderungen meistern zu müssen, die oft über die körperlichen Symptome hinausgehen. Eine bessere Unterstützung durch das Gesundheitssystem und ein höheres gesellschaftliches Verständnis sind dringend nötig, um die Belastungen der Betroffenen zu lindern“
, so Ing.in Evelyn Groß, Präsidentin ÖMCCV – Österreichische Morbus Crohn / Colitis ulcerosa Vereinigung.
Forderungen an die Gesundheitspolitik
- Bessere Infrastruktur im Alltag:
Zugang zu sauberen öffentlichen Toiletten und mehr Unterstützung bei Inkontinenzprodukten. - Stärkere Unterstützung durch das Gesundheitssystem:
Psychologische Betreuung auf Krankenkasse und effizientere Versorgung in spezialisierten CED-Ambulanzen zur Entlastung von Patient:innen. - Verbesserte soziale und finanzielle Hilfen:
Ein offizieller Behindertenstatus und flexible Arbeitsbedingungen wie Homeoffice zur Steigerung der Lebensqualität. - Leichterer Zugang zu Therapien:
Weniger bürokratische Hürden bei der Bewilligung von Langzeittherapien und eine bessere Information zu neuen Medikamenten. - Mehr gesellschaftliches Verständnis:
Mehr Aufklärung und Sensibilität in der Gesellschaft, um die alltäglichen Herausforderungen von Menschen mit CED besser zu verstehen.
Weiterführende Links:
ÖMCCV (Österreichische Morbus Crohn / Colitis ulcerosa Vereinigung: https://www.oemccv.at
CED-Kompass – eine Initiative der ÖMCCV: https://ced-kompass.at/
Patientenstimme GmbH: https://patientenstimme.eu/
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