Abgeordnete befragen Nehammer zu aktuellen Themen in Wirtschaft, EU und Asyl
Die Stärkung von Österreichs Wirtschaft und dem Wohlstand im Land war heute im Nationalrat eines der zentralen Themen der Fragestunde mit Bundeskanzler Nehammer. Die Abgeordneten interessierten sich außerdem für das Bundesbudget, europäische Themen, Asyl und Jugendkriminalität.
Fragen zu Österreichs Wirtschaft und Wohlstand
Philip Kucher (SPÖ) warf Nehammer vor, dass Österreich unter der schwarz-grünen Regierung mit einem Wohlstandsverlust von 2,4 % pro Kopf die schlechtestes Wirtschaftsentwicklung in Westeuropa aufweise. Der sozialdemokratische Klubobmann fragte nach den Gründen dafür. Nehammer nannte globale Krisen als Grund für eine Seitwärtsbewegung der Wirtschaft in Österreich und auf der ganzen Welt. Im EU-Vergleich liege Österreich beim Wohlstand nach realem BIP pro Kopf aber seit Jahren gut. Durch Unterstützungsmaßnahmen während der Krisen sei es gelungen, die Kaufkraft zu steigern, so Nehammer.
Auf Nachfrage von Peter Haubner (ÖVP) zog Kanzler Nehammer Bilanz über die gesetzten Maßnahmen, um Wohlstand zu sichern. Er führte die ökosoziale Steuerreform und die Abschaffung der kalten Progression als wichtige Meilensteine an. Auch Maßnahmen wie die Stromkostenbremse, die Übergewinnsteuer für Energielieferanten, der Wohn- und Heizkostenzuschuss sowie der Klimabonus hätten die Menschen entlastet.
Für Kai Jan Krainer (SPÖ) hat der Kanzler sein Wahlversprechen gebrochen, die Steuer- und Abgabenquote zu senken. Die Österreicher:innen müssten jetzt mehr Steuern zahlen als vor seiner Regierung. Nehammer sah das anders. Durch die Abschaffung der kalten Progression habe man die Menschen nachhaltig entlastet.
Eva Maria Holzleitner (SPÖ) wollte wissen, wieso der Kanzler Eingriffe in die Preise verhindere. Die Regierung habe sich für einen „Weg der Mitte“ entschieden, erläuterte Nehammer. Es brauche einen Maßnahmenmix, der der Marktwirtschaft die Freiheit lasse, sich selbst weiterzuentwickeln. Auf Nachfrage von Elisabeth Götze (Grüne) führte er aus, dass Preiseingriffe wie eine Senkung der Umsatzsteuer oder der Mineralölsteuer „die klassische Gießkanne“, also nicht treffsicher seien.
Johann Singer (ÖVP) fragte nach Maßnahmen zur Steigerung der Eigentumsquote. Die Abschaffung der Grundbuch- und Pfandrechtseintragungsgebühr für das Eigenheim sowie das Wohnbaupaket mit der Förderung von Eigentumswohnungen seien wichtige Schritte gewesen, sagte der Kanzler. Eigentum bedeute Selbstständigkeit und Freiheit und müsse daher gefördert werden, zeigte er sich überzeugt.
Von Angela Baumgartner (ÖVP) auf Vorhaben zur Entlastung der arbeitenden Mitte angesprochen, befürwortete Nehammer eine Senkung des Eingangssteuersatzes auf 15 % sowie einen Vollzeitbonus.
Kanzler gibt Auskunft zu Budget und Schulden
Karin Doppelbauer (NEOS) fragte den Bundeskanzler nach Schritten, um die Maastricht-Defizitgrenze von 3 % nicht wie prognostiziert zu überschreiten. Die Regierung gehe derzeit davon aus, dass die Maastricht-Grenzen eingehalten werden, sagte Nehammer. Abgerechnet werde am Jahresende. Einsparungen erwarte er sich dadurch, dass Unterstützungsleistungen zur Krisenbewältigung zurückgenommen werden könnten.
Gabriel Obernosterer (ÖVP) bat den Kanzler um einen Ausblick zur Schuldenentwicklung. Nehammer sprach sich daraufhin für systemische Änderungen aus, etwa durch einen Stopp der Zuwanderung in das österreichische Sozialsystem.
Julia Herr (SPÖ) wollte Nehammer dazu bewegen, sich für einen Kassasturz durch den Finanzminister einzusetzen. Das Finanzministerium übermittle dem Parlament monatlich einen Budgetbericht, der auch auf der Website des Ministeriums abrufbar ist, entgegnete der Bundeskanzler. Er unterstütze das weitere Vorgehen des Finanzministers.
Renaturierung und weitere EU-Themen von Interesse
Aus Sicht von Petra Steger (FPÖ) hat der Kanzler die Zustimmung von Klimaministerin Leonore Gewessler zum EU-Renaturierungsgesetz zu verantworten. Er habe auf einen Rechtsbruch der Energieministerin hingewiesen, konterte Nehammer. Er sei auch gegen die Verordnung, betonte der Kanzler. Er habe aber versprochen, dass es bis zur Wahl kein Chaos geben werde.
Auch die Frage Gerald Hauser (FPÖ) bezog sich auf die Europäische Union. Er wollte wissen, wieso der Bundeskanzler die Wiederwahl von Ursula von der Leyen zur Kommissionspräsidentin „trotz deren Verfehlungen“ unterstütze. Das Wahlprogramm Von der Leyens sei im Zeichen von Wettbewerbsfähigkeit, Deregulierung und mehr Kompetenzen für die Nationalstaaten gestanden. Diese Themen seien auch ihm wichtig, so Nehammer.
Michel Reimon (Grüne) thematisierte den ungarischen Ratsvorsitz und fragte vor diesem Hintergrund nach Schritten, um sicherzustellen, dass das Rechtsstaatlichkeitsverfahren gegen Ungarn fortgesetzt wird. Der Ratsvorsitz sei verpflichtet, als „ehrlicher Makler“ zu agieren, das gelte auch für Ungarn, hielt der Kanzler fest. Er gehe daher davon aus, dass sich auch der ungarische Vorsitz an die Vorgaben der Rechtsstaatlichkeit halten werde.
Abgeordnete thematisieren Asyl und Jugendkriminalität
Auf Nachfrage von Ernst Gödl (ÖVP) legte Nehammer dar, welche Maßnahmen gesetzt wurden, um die Asylantragszahlen zu senken. Es handle sich um ein Bündel an Maßnahmen mit dem Ziel, Schlepperei und organisierte Kriminalität zu unterstützen, sagte er. Er führte strenge Grenzkontrollen, polizeiliche Kooperationen, schärfere Kontrollen beim Familiennachzug sowie konsequente Abschiebungen an Beispiele an.
Von Michaela Steinacker (ÖV) wurde der Kanzler gefragt, mit welchen Maßnahmen die Regierung dem Anstieg von Delikten von strafunmündigen Jugendlichen entgegenwirken wolle. Es brauche neben anderen Maßnahmen auch eine Senkung der Strafmündigkeit auf zwölf Jahre, zeigte sich Nehammer überzeugt. Außerdem müssten die Eltern stärker in die Pflicht genommen werden.
Barbara Neßler (Grüne) führte an, dass Expert:innen einhellig der Meinung seien, dass nur Präventionsmaßnahmen wirksam gegen Jugendkriminalität seien. Vorbeugung sei immer anzustreben, unterstrich Nehammer. Es brauche aber auch eine Schließung der Rechtslücke und Konsequenzen für Straftäter:innen.
Laut Dagmar Belakowitsch (FPÖ) seien die steigenden Straftaten eine Folge der „unkontrollierten Migration“. Illegale Migration sei eine große Herausforderung, so der Kanzler. Er sprach sich hier insbesondere für Kooperation und Abkommen mit Drittstaaten aus.
Weitere Themen: Kinderbetreuung, Informationsfreiheit, Energiesicherheit
Norbert Sieber (ÖVP) thematisierte die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die für viele eine Herausforderung darstelle. Er wollte vom Bundeskanzler wissen, was die Regierung für den Ausbau der Kinderbetreuung unternimmt. Der Ausbau der Kinderbetreuung sei ein zentrales Element bei der Verhandlung des Finanzausgleichs gewesen, erläuterte Nehammer. Bis 2030 stelle der Bund über diesen Weg 4,5 Mrd. € zur Verfügung, sagte er mit Blick auf die Finanzierung, nach der sich auch Maximilian Linder (FPÖ) erkundigt hatte. Im Zukunftsfonds des Finanzausgleichs seien außerdem Ziele für die Bundesländer festgelegt, sagte er auch Nachfrage von Martina Künsberg Sarre (NEOS). Zu Christian Oxonitsch (SPÖ), der nach besonderer Unterstützung für Alleinerziehende gefragt hatte, sagte der Kanzler, man habe auf diese Gruppe bei der Verteilung des letzten Drittels aus der Abschaffung der kalten Progression besonders Rücksicht genommen.
Agnes Sirkka Prammer (Grüne) erkundigte sich nach Maßnahmen, um die Abschaffung des Amtsgeheimnisses mit Herbst 2025 vorzubereiten. Insbesondere sprach sie die notwendigen Adaptierungen in zahlreichen Verwaltungsbestimmungen an. Eine entsprechende Sammelnovelle werde zeitgerecht in Begutachtung geschickt und dem Parlament zugeleitet, versicherte der Kanzler.
Von Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP) nach notwendigen Anpassungen der Grundrechte mit Blick auf die digitale Transformation gefragt, sprach sich der Kanzler unter anderem für eine Klarnamenpflicht im Internet aus.
Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) thematisierte die österreichische Sicherheitsstrategie und wollte wissen, wann die Regierung insbesondere bei der Energiesicherheit eine Einigung erzielen werde. Das Kapitel sei noch in Verhandlung, erklärte der Kanzler. Der veränderten Sicherheitslage insgesamt habe man unter anderem mit einer Erhöhung des Verteidigungsbudgets Rechnung getragen. (Fortsetzung Nationalrat) kar
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