Untersuchungsausschüsse zu „COFAG“ und „Rot-Blauem Machtmissbrauch“ offiziell beendet
Mit der Behandlung der Abschlussberichte in der heutigen Nationalratssitzung sind der COFAG-Untersuchungsausschuss und der Rot-Blaue Machtmissbrauch-Untersuchungsausschuss nun offiziell beendet. Beide Berichte wurden einstimmig zur Kenntnis genommen. Sie umfassen jeweils einige hundert Seiten und bestehen aus dem auf Basis eines Entwurfs von Verfahrensrichterin Christa Edwards erstellten Ausschussbericht, den jeweiligen Fraktionsberichten und Stellungnahmen betroffener Personen. Die Parteien ziehen zum Teil sehr unterschiedliche Schlüsse, wie auch in der Debatte im Plenum deutlich wurde.
Die Verfahrensrichterin selbst sieht die frühere Kritik des Rechnungshofs an der COFAG-Gründung bestätigt, während ihrer Einschätzung nach eine Bevorzugung von ÖVP-nahen Milliardär:innen nicht direkt festgestellt werden konnte. Im Bericht zum Rot-Blauen Machtmissbrauch-Untersuchungsausschuss wird unter anderem die Einsetzung eines „Russland-Untersuchungsausschusses“ zu den im Raum stehenden Spionagevorwürfen empfohlen.
Abschlussbericht des COFAG-Untersuchungsausschusses
Der COFAG-Untersuchungsausschuss trat insgesamt 17 Mal zusammen und befragte 16 Auskunftspersonen. Das gelieferte Aktenmaterial umfasste rund 1,4 Mio. Seiten. Im Abschlussbericht wird die Kritik des Rechnungshofs an der COFAG-Gründung bestätigt. Eine Bevorzugung von ÖVP-nahen Milliardär:innen konnte nicht direkt festgestellt werden. Aber: Untersuchte Steuerakte rund um René Benko würden mitunter „einen schalen Beigeschmack“ hinterlassen, heißt es im Bericht.
Das Team rund um Verfahrensrichterin Christa Edwards empfiehlt, keine Boni und Dividenden auszahlen zu lassen, wenn Unternehmen Förderungen bekommen haben und eine wissenschaftliche Begleitung von Ausnahmeprojekten, wie die COFAG eines war. Außerdem sollte die Rolle der Verfahrensrichter:innen gestärkt werden.
Fazit der Parteien fällt unterschiedlich aus
Klaus Fürlinger (ÖVP) hob zwei für ihn wichtige Erkenntnisse aus dem Untersuchungsausschuss hervor. Positiv sei, dass es keine politischen Interventionen bei der Finanzverwaltung gegeben habe und etwaige Versuche erfolglos gewesen wären. Thomas Schmid habe zwar versucht, Einfluss zu nehmen, sei damit aber nicht durchgedrungen. Erschreckend fand Fürlinger jedoch eine „Neiddebatte gegen führende Unternehmen des Landes“. Er sei stolz darauf, dass es in Österreich Weltmarken gebe, die tausende Mitarbeiter:innen beschäftigen und hunderte Millionen an Steuern zahlen. Auch Carina Reiter (ÖVP) zufolge habe der Untersuchungsausschuss keinen Hinweis gefunden, dass bestimmte Personen von der Vollziehung durch Bundesorgane, insbesondere durch die COFAG, bevorzugt behandelt worden seien. Es habe klar keine Einflussnahme gegeben, so Reiter.
Ein gegenteiliges Fazit zog jedoch Kai Jan Krainer (SPÖ). Die Frage, ob Milliardär:innen steuerlich besser behandelt werden, müsse man leider mit „Ja“ beantworten. Jene, denen es besonders gut gehe, zahlen nur halb so hohe Steuern wie alle, die für ihr Einkommen arbeiten gehen, so der Abgeordnete. Krainer führte ebenso wie Michaela Schmidt (SPÖ) an, dass eine Selbstdiagnose der Finanzverwaltung gezeigt habe, dass die Steuerprüfung von Superreichen nicht ausreichend funktioniere. Entsprechende Empfehlungen seien nicht umgesetzt worden. Der Untersuchungsausschuss habe klar gezeigt, dass es eine Zweiklassenverwaltung gebe, sagte auch Reinhold Einwallner (SPÖ). In Bezug auf die COFAG kritisierten Krainer und sein Fraktionskollege Christoph Matznetter, dass es sich um eine Blackbox gehandelt habe. Es seien nicht ÖVP-nahe Milliardär:innen bevorzugt worden, sondern alle, so Krainer.
Von der FPÖ bezeichnete Christian Hafenecker (FPÖ) den COFAG-Untersuchungsausschuss als Beginn der Aufklärung der „Corona-Katastrophe“. Das Budget sei außer Rand und Band, zukünftige Generationen durch „widersinnige Maßnahmen“ belastet. Hafenecker unterstrich die Forderung von Herbert Kickl nach einem Corona-Untersuchungsausschuss.
Nina Tomaselli (Grüne) konzentrierte sich in ihrem Fazit auf die Causa René Benko. Dass die „Luftschlösserkonstruktion“ Benkos gescheitert sei, sei nicht überraschend gekommen, so Tomaselli. Benko sei aber weder für seinen Aufstieg noch für seinen Niedergang alleine verantwortlich. Die Politik trage eine Mitverantwortung, zeigte sie sich überzeugt. Denn Vertreter:innen fast jeder Fraktion hätten „dem Wunderwuzzi aus Tirol gerne den roten Teppich ausgerollt“. Am schlimmsten wiege für sie das „Wohlfühlprogramm im ÖVP-geführten Finanzministerium“. Es gelte, Lehren aus der Signa-Pleite zu ziehen und das System resilienter gegen „Hütchenspieler à la Benko“ zu machen.
Auch Yannick Shetty (NEOS) ortete Strukturen in der staatlichen Verwaltung, die eine systematische Bevorzugung von Benko ermöglicht hätten. Hier brauche es eine Aufarbeitung. Shetty kritisierte Tomaselli jedoch für ihren ausschließlichen Fokus auf Benko. Denn auch ein System wie jenes der COFAG dürfe es nicht mehr geben. Hier sei eine Blackbox ohne parlamentarische Kontrolle geschaffen worden, mit der Berater:innen und Parteifunktionär:innen bedient worden seien. In der Geschäftsführung der COFAG sei auch von den Grünen ein Posten besetzt worden, so Shetty. Er sprach sich für strengere Vorgaben bei Postenbesetzungen und Reformen in der Finanzverwaltung aus.
Bericht des Rot-Blauen-Machtmissbrauch-U-Ausschusses
14 Sitzungen, zwölf Befragungen, elf nicht erschienene Auskunftspersonen und 3,4 Mio. Seiten Aktenmaterial – das ist die Bilanz des Rot-Blauen-Machtmissbrauch-Untersuchungsausschusses. Beleuchtet wurden Vergaben, Postenbesetzungen und Organisationsreformen während Regierungsbeteiligungen von SPÖ und FPÖ. Das Ergebnis: Unter dem früheren Innenminister Herbert Kickl seien Inseratenvergaben zwar vor allem an Medien gegangen, die inhaltliche oder personelle Berührungspunkte mit der FPÖ gehabt hätten, echte Besonderheiten hätten aber nicht zutage gebracht werden können, wie es im Bericht heißt. Bei Vergaben im Innenministerium seien Aufträge teils gezielt intransparent gestaltet worden, was eine Untersuchung durch den Ausschuss teilweise verhindert habe. Im Sozialministerium sei es unter SPÖ- und FPÖ-Minister:innen zu Direktvergaben ohne Vergleichsangebote gekommen.
In den Empfehlungen findet sich ein Ruf nach einem neuen Untersuchungsausschuss: Verfahrensrichterin Edwards spricht sich für die Einsetzung eines „Russland-Untersuchungsausschusses“ aus, um den Verdacht des Verkaufs von Staatsgeheimnissen zu untersuchen. Empfohlen werden außerdem Novellen des Bundesarchivgesetzes und des Bundesvergabegesetzes.
Hitzige Debatte zum Untersuchungsausschuss
Andreas Hanger (ÖVP) legte dar, dass man sich aufgrund der kurzen Dauer des U-Ausschusses rasch auf die Untersuchung des „blauen Machtmissbrauchs“ konzentriert habe. Hanger zeigte sich überzeugt, das „System Kickl“ in mehreren Bereichen demaskiert zu haben. So habe man aufgedeckt, wie Regierungsinserate an „rechte Medien“ vergeben worden seien und Postenschacher im Innenministerium betrieben worden sei. Machtmissbrauch warf Hanger den Freiheitlichen auch mit Blick auf die Causa FPÖ Graz vor. Kickl habe außerdem mit einer rechtswidrigen Hausdurchsuchung im BVT den Verfassungsschutz zerstört und Egisto Ott in den Geheimdienst setzen wollen. Der ÖVP-Abgeordnete warf der FPÖ weiters eine Russlandnähe und Kickl verdeckte Unternehmensbeteiligungen bei der Werbeagentur „Ideenschmiede“ vor. Hanger bezeichnete den freiheitlichen Klubobmann als „Gagenkaiser“ und „Volksverräter“. Für letzteren Ausdruck kassierte er einen Ordnungsruf. Auch Corinna Scharzenberger (ÖVP) kritisierte Kickl und die Freiheitlichen scharf.
Für Eva Maria Holzleitner (SPÖ) sei eine zentrale Erkenntnis aus dem Untersuchungsausschuss, dass die von ÖVP und FPÖ versprochene „Patientenmilliarde“ ein Marketing-Gag gewesen sei. Die ehemalige FPÖ-Gesundheitsministerin Beate Hartinger Klein habe dies im Ausschuss zugegeben. Außerdem seien rund um Herbert Kickl viele Fragen noch offen, insbesondere zu seiner Beteiligung an der Werbeagentur „Ideenschmiede“. Wie Holzleitner sprachen auch Maximilian Köllner, Sabine Schatz und Katharina Kucharowits (alle SPÖ) mit Blick auf die Einsetzung des Untersuchungsausschusses von einem „Ablenkungsmanöver“ durch die ÖVP. Man habe damit dafür sorgen wollen, dass der COFAG-Untersuchungsausschuss weniger Zeit zur Verfügung habe. Es sei außerdem noch immer nicht klar, ob der Untersuchungsgegenstand überhaupt verfassungskonform sei. Kucharowits forderte eine grundlegende Reform der Untersuchungsausschüsse und setzte sich insbesondere für eine Liveübertragung ein.
Von einem „verfassungswidrigen Untersuchungsausschuss der Regierung“ sprach Christian Hafenecker (FPÖ). Er warf den Grünen vor, im Geschäftsordnungsausschuss zugunsten der Einsetzung „die Hand gehoben zu haben“. Auch SPÖ und NEOS hätten sich „auf illegale Pfade begeben“ und mit der „Einheitspartei“ mitgemacht. Hafenecker meinte, seine Redezeit würde nicht reichen, um mit den „Blödsinnigkeiten“ aufzuräumen. Er wollte jedoch klarstellen, dass Egisto Ott unter ÖVP-Innenministern Karriere gemacht habe. Das Russland-Netzwerk sei so schwarz, „dass es ärger nicht geht“. Außerdem warf er der ÖVP die Vorlage von manipulierten Beweismitteln vor und sprach von „Schlammschlachten“. Auch Michael Schnedlitz (FPÖ) meinte, es gehe der „Einheitspartei“ nur um das „Anpatzen“ von Herbert Kickl.
Für Meri Disoski (Grüne) habe der Untersuchungsausschuss belegt, dass „die FPÖ einen Pakt gegen Österreich geschmiedet habe“. Die Freiheitlichen hätten sich ein „paralleles Medienuniversum“ aufgebaut, um rechte Propaganda mit Steuergeld zu nähren. Im Kickl-geführten Innenministerium habe außerdem ein „Gagenparadies“ geherrscht. Die versprochene Patientenmilliarde sei ein „kolossaler Flop“ gewesen und die FPÖ habe „Tür und Tor für den Kriegstreiber Putin“ geöffnet. Disoski sprach sich vor diesem Hintergrund für einen Russland-Untersuchungsausschuss aus.
Auch Yannick Shetty (NEOS) betonte, dass die NEOS einen solchen Russland-Untersuchungsausschuss schon lange forderten. Insbesondere die Causa Ott habe belegt, dass die FPÖ die „Freunde Putins in Österreich“ seien. Shetty zufolge sei es eine positive Überraschung gewesen, dass der Untersuchungsausschuss „relativ viele Erkenntnisse“ gebracht habe. Schließlich sei der Untersuchungsgegenstand in seiner Formulierung der schlechteste gewesen, den es je gegeben habe.
Angesichts der hitzigen Debatte und zahlreicher Zwischenrufe regte Eva Maria Holzleitner (SPÖ) den vorsitzführenden Dritten Nationalratspräsidenten Norbert Hofer an, Ordnungsrufe zu verteilen. Auch ÖVP-Klubobmann August Wöginger bat den Präsidenten, das Stenographische Protokoll der Debatte zu prüfen und Abgeordnete der FPÖ zur Ordnung zu rufen. „Entweder die Freiheitlichen benehmen sich, wie es sich gehört, oder wir haben das zu diskutieren“, sagte er. Hannes Amesbauer (FPÖ) hingegen sprach von einem Schauspiel. Die ÖVP könne nur austeilen, sagte er. Dritter Nationalratspräsident Norbert Hofer bezeichnete einige Zwischenrufe als „an der Grenze“. Er bat um das Protokoll der Debatte und kündigte an, falls nötig noch nachträglich Ordnungsrufe zu vergeben. (Fortsetzung Nationalrat) kar
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