Bundesrat befürwortet Maßnahmen zu Gasversorgungssicherheit, Wasserstoff und Energiepreistransparenz
Drei Beschlüsse zur Energieversorgung hat der Bundesrat teils mehrheitlich, teils einstimmig auf den Weg gebracht. Mit einem Paket zur Versorgungssicherheit sollen unter anderem Gasversorger dazu verpflichtet werden, Versorgungssicherheitskonzepte zu erstellen. Eine weitere Vorlage zielt darauf ab, Energieversorgungsunternehmen Einkaufs- oder Verkaufspreise oder sonstige Geschäftsbedingungen zu verbieten, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ergeben würden. Mit einem neuen Gesetz zur Förderung der Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff sollen Bundesmittel im Ausmaß von bis zu 820 Mio. € für Wasserstofferzeugungsprojekte zur Verfügung gestellt werden.
Einhellig grünes Licht gaben die Bundesrät:innen für zahlreiche Anpassungen der Datenschutzregeln für den Bereich der Gesetzgebung.
Gewählt wurden außerdem die Vizepräsident:innen, Schriftführer:innen und Ordner:innen des Bundesrats für das zweite Halbjahr 2024. Der Vorsitz in der Länderkammer geht am 1. Juli auf Oberösterreich über. Den Vorsitz wird demnach Franz Ebner (ÖVP/O) übernehmen. Erster Vizepräsident bleibt Dominik Reisinger (SPÖ/O). An die Stelle der zweiten Vizepräsidentin tritt Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S).
Gasversorger werden zu Versorgungssicherheitskonzepten verpflichtet
Sowohl für den Fall eines Ausfalls von Gaslieferungen als auch zur schrittweisen Reduktion der Abhängigkeit von russischem Erdgas werden Gasversorger ab einer bestimmten Größe dazu verpflichtet, Versorgungssicherheitskonzepte zu erstellen. Ein entsprechender Gesetzesantrag der Koalitionsparteien passierte den Bundesrat mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit.
Enthalten ist in dem Paket etwa auch eine Verlängerung der strategischen Gasreserve sowie eine Verlängerung des Ausgleichs von Mehrkosten von Energieunternehmen durch den Ausstieg aus russischem Erdgas. Außerdem soll der Anreiz zur Einspeicherung von Gas für den eigenen Bedarf weiterhin aufrechterhalten werden. Die Verpflichtung zur Erstellung der Versorgungssicherheitskonzepte soll laut Erläuterungen entfallen, wenn ein Versorger gegenüber der Regulierungsbehörde nachweisen kann, dass die Gasmengen der größten einzelnen Bezugsquelle nicht-russischer Herkunft sind, wenn es sich nicht um Gasmengen unbekannter Herkunft handelt oder der Ausfall keinen wesentlichen Einfluss auf die Erfüllung der Lieferverpflichtungen des Versorgers hätte.
Die Anpassungen würden dazu dienen, die Versorgungssicherheit weiterhin zu gewährleisten, sagte Sandra Lassnig (ÖVP/K). Die Versorger müssten die entsprechenden Konzepte heuer bis 31. Oktober der E-Control übermitteln. Derzeit seien die Gasspeicher mit ca. 80 % gut gefüllt, trotzdem gelte es, am Thema Versorgungssicherheit dranzubleiben.
Bettina Lancaster (SPÖ/O) kritisierte ähnlich wie Michael Bernard (FPÖ/N), dass es zu der Materie keine Begutachtung gegeben habe. Eine solche Umsetzung mit der „Brechstange“ verursache auch „Kollateralschäden“, meinte Lancaster. Zudem fehle aus ihrer Sicht noch der verpflichtende Ausstieg aus russischem Gas. Die SPÖ stimme dem Paket trotzdem zu, um sich als Opposition konstruktiv einzubringen, wie sie sagte. Bernard warf der Bundesregierung insgesamt vor, Bürokratie und „Versorgungsposten“ zu schaffen, anstatt Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Die österreichische Bevölkerung habe sich zudem eine Ausgewogenheit zwischen Versorgungssicherheit, Leistbarkeit und Wirtschaftlichkeit verdient.
Adi Gross (Grüne/V) wies auf eine Reihe an Förderungen und Maßnahmen der Bundesregierung zur Unterstützung des Umbaus auf erneuerbare Energie und zur Versorgungssicherheit hin. Eine „Brechstange“ könne er nicht erkennen. Nunmehr gelinge es endlich auch, einen Teil der Verantwortung für sichere Gasversorgung an die Gasversorger zu übertragen.
Auch aus Sicht von Umwelt- und Energieministerin Leonore Gewessler sei es wichtig, dass nunmehr alle Gasversorger und Importeure verpflichtet werden, für den Fall eines Ausfalls der größten Gasbezugsquelle Konzepte zu erstellen. Damit würden sich nunmehr auch die Unternehmen besser auf einen etwaigen Ausfall von Gaslieferungen aus Russland vorbereiten.
Einstimmigkeit für Gesetz gegen potenziellen Preismissbrauch am Energiesektor
Großen Energieversorgern sollen zumindest bis Ende 2027 Einkaufs- oder Verkaufspreise oder sonstige Geschäftsbedingungen untersagt werden, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ergeben würden. Für eine entsprechende Gesetzesinitiative von ÖVP und Grünen für ein „Bundesgesetz zur Abmilderung von Krisenfolgen und zur Verbesserung der Marktbedingungen im Falle von marktbeherrschenden Energieversorgern“ sprachen sich die Bundesrät:innen einstimmig aus.
Wettbewerb am Energiemarkt sei von wesentlicher Bedeutung, damit nicht kartellrechtliche Bedingungen entstehen, meinte Ferdinand Tiefnig (ÖVP/O). Mit dem nunmehrigen Gesetz müssten künftig die Energieversorger im Verdachtsfall beweisen, dass die Energiekosten angemessen sind.
Auch wenn es sich „einmal mehr um einen legistischen Schnellschuss“ der Bundesregierung handle, werde die SPÖ zustimmen, so Sandra Gerdenitsch (SPÖ/B). Sie werte die Vorlage allerdings als Eingeständnis der Bundesregierung, bei der Teuerungsbekämpfung versagt zu haben, und sieht das damit ähnlich wie Klemens Kofler (FPÖ/N). Aus seiner Sicht wäre die einzig sinnvolle Maßnahme eine massive Senkung der Verbrauchsteuer auf Energie, und zwar auch für den Wirtschaftsstandort. Die FPÖ stimme trotzdem zu, weil ein paar sinnvolle Punkte enthalten seien.
Bei Verdacht auf Missbrauch müsse künftig der Versorger Beweise erbringen, dass dem nicht so ist, was Adi Gross (Grüne/V) als fundamentales Anliegen bezeichnete. Entgegen der Kritik erinnerte er an zahlreiche Maßnahmen, die die Bundesregierung eingeführt habe, wie etwa eine Gewinnabschöpfung und die Strompreisbremse.
Die krisenhaften Entwicklungen der letzten Jahre haben Energieministerin Leonore Gewessler zufolge wiederum verdeutlicht, wie wichtig Wettbewerb am Energiemarkt sei. Zudem sei der heimische Energiemarkt von hoher Konzentration gekennzeichnet. Der neue rechtliche Rahmen trage dazu bei, Missbrauch hintanzuhalten und „schwarze Schafe“ sanktionieren zu können, so die Ministerin.
Förderung von erneuerbarem Wasserstoff
Mit Mehrheit hat sich die Länderkammer für das Gesetz zur Förderung der Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff ausgesprochen. Damit sollen Bundesmittel im Ausmaß von bis zu 820 Mio. € für Wasserstofferzeugungsprojekte zur Verfügung gestellt werden. Gefördert werden soll die Erzeugung von Wasserstoff, dessen Energiegehalt aus erneuerbaren Energiequellen mit Ausnahme von Biomasse stammt. Durch diese Bereitstellung nationaler Mittel können den Erläuterungen zufolge zusätzliche nationale Projekte bei den Ausschreibungen im Rahmen des EU-Innovationsfonds gefördert werden. Wird die Möglichkeit einer Auktion über den EU-Innovationsfonds allerdings nicht in Anspruch genommen, kann demzufolge auch die Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws) als Abwicklungsstelle mit der Durchführung einer Auktion mittels Ausschreibung betraut werden.
Anpassungen an die DSGVO für Nationalrat und Bundesrat
Nachdem Parlamente infolge eines EuGH-Urteils die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) anzuwenden haben, muss ergänzend zum Informationsordnungsgesetz und zum Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrats auch die Geschäftsordnung des Bundesrats entsprechend geändert werden. Zudem erhält das Parlament mit dem Parlamentarischen Datenschutzkomitee eine eigene Aufsichtsbehörde. Einen gemeinsamen Bundesratsantrag von ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grünen und NEOS befürwortete die Länderkammer ebenso einstimmig wie die Änderungen zum Informationsordnungsgesetz, zum Datenschutzgesetz und einigen weiteren Gesetzen, die zuvor bereits der Nationalrat abgesegnet hatte. Dies umfasst auch eine Änderung der Bundesverfassung sowie Sonderregelungen, die für den Rechnungshof und die Volksanwaltschaft gelten werden.
Mit dem Bundesratsantrag werden die datenschutzrechtlichen Bestimmungen analog zu den geplanten Bestimmungen für den Nationalrat festgelegt. Eine der speziellen weiteren Neuregelungen zielt beispielsweise darauf ab, dass die öffentlichen Teile des EU-Ausschusses des Bundesrats mittels Livestream übertragen bzw. die Aufzeichnung in der Mediathek des Parlaments bereitgestellt werden können. Mit einem Abänderungsantrag im Geschäftsordnungsausschuss des Bundesrats wurden zu der umfassenden Materie noch Präzisierungen vorgenommen. (Fortsetzung Bundesrat) mbu
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
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