Jiří Friml zum FWF-Wittgenstein-Preisträger 2024 gekürt
Österreichs höchstdotierte Wissenschaftspreise sind vergeben: Der Wissenschaftsfonds FWF zeichnet auf Empfehlung einer internationalen Fachjury den Zellbiologen Jiří Friml vom Institute of Science and Technology Austria (ISTA) mit einem FWF-Wittgenstein-Preis sowie acht Forschende mit FWF-START-Preisen aus. Wissenschaftsminister Martin Polaschek und FWF-Präsident Christof Gattringer übergaben heute den mit 1,7 Millionen Euro dotierten FWF-Wittgenstein-Preis an Jiří Friml, der damit seine Forschung auf globalem Spitzenniveau weiterentwickeln wird. Insgesamt bringt der FWF durch das Wittgenstein- und das START-Programm Forschungsvorhaben mit einem Volumen von rund 11 Millionen Euro ins Rollen.
„Der Preis ist eine große Auszeichnung für mich und mein Team. Er bestärkt uns, unseren wissenschaftlichen Weg weiterzuverfolgen, und gibt uns gleichzeitig die Möglichkeit, auch etwas radikal Neues auszuprobieren. Beides ist zentral für erfolgreiche Forschung“, so Jiří Friml in einer ersten Reaktion. „Der FWF-Wittgenstein-Preis gibt mir und meiner Gruppe am ISTA die Möglichkeit, weiter an sehr grundlegenden Fragen dazu, wie Pflanzen ihr Wachstum steuern, zu forschen. Wir fokussieren uns auf neue Ansätze, um Methoden der Zell- und Entwicklungsbiologie, Genetik, Biochemie und Bioinformatik zu kombinieren“, so Friml weiter.
„Durch seine bahnbrechende Forschungsarbeit auf dem Gebiet der Zellbiologie hat Jiří Friml wesentlich zum Fortschritt in seiner Disziplin und zum besseren Verständnis der Mechanismen hinter dem Wachstum von Pflanzen beigetragen. Ich gratuliere herzlich zur verdienten Auszeichnung mit dem FWF-Wittgenstein-Preis. Der hochdotierte Wissenschaftspreis rückt jedes Jahr herausragende österreichische Forschende ins Rampenlicht und würdigt ihre exzellente Arbeit vor einer breiten Öffentlichkeit. Zudem ermöglicht er den Preisträgerinnen und Preisträgern bestmögliche Flexibilität und eine Vertiefung ihrer Forschung. Damit schaffen wir ideale Rahmenbedingungen für weitere bahnbrechende Erkenntnisse in der Grundlagenforschung“, so Martin Polaschek, Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung.
„Mit Jiří Friml zeichnet die internationale Jury einen Vorreiter der Grundlagenforschung aus, der bisher unentdeckte Mechanismen erforscht, wie Pflanzen ihr Wachstum steuern. Seine Arbeiten besitzen außerordentlichen Pioniercharakter und lassen uns tief in die evolutionäre Entwicklung der Pflanzenwelt blicken. Die Auszeichnung markiert einen weiteren Meilenstein in einer bemerkenswerten wissenschaftlichen Laufbahn, die auch zukünftig vielversprechende neue Erkenntnisse erwarten lässt“, würdigt FWF-Präsident Christof Gattringer den diesjährigen Preisträger. „Zudem möchte ich allen acht Forschenden, die wir mit den FWF-START-Preisen auszeichnen, ebenso herzlich gratulieren. Sie werden in den kommenden Jahren gänzlich neue Forschungsfragen in verschiedenen Bereichen ergründen.“
„Jiří Friml beschreitet mit seiner Forschung immer neue Wege. Er erforscht mit seiner Gruppe am ISTA Mechanismen, wie sich Pflanzen an ihre Umwelt anpassen. In seinen wegweisenden Arbeiten hat er so die universelle Bedeutung des Hormons Auxin in Pflanzen entdeckt“, betont Martin Hetzer, Präsident des Institute of Science and Technology Austria (ISTA). „Mit Jiří Friml haben wir bereits fünf FWF-Wittgenstein-Preisträger und -Preisträgerinnen am ISTA. Die Auszeichnung ist für uns ein weiteres Signal, dass unser Fokus auf neugiergetriebene Grundlagenforschung der richtige Weg ist.“
Jiří Friml: Entdecken, wie Pflanzen ihr Wachstum steuern
Jiří Friml leitet die Forschungsgruppe „Pflanzliche Entwicklungs- und Zellbiologie“ am Institute of Science and Technology Austria (ISTA). Der Biochemiker, Zellbiologe und Genetiker studierte in Brünn, Köln und Tübingen. Er hielt Professuren an der Universität Göttingen, am Vlaams Instituut voor Biotechnologie und an der Universiteit Gent, bevor er 2012 ans ISTA wechselte. Zu seinen zahlreichen wissenschaftlichen Auszeichnungen gehören zwei ERC Advanced Grants, die er 2017 und 2024 erhielt. 2015 wurde er mit dem Erwin-Schrödinger-Preis der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ausgezeichnet. Aktuell leitet Friml das FWF-Projekt „Guanylatcyclasen-Aktivität der Auxinrezeptoren TIR1/AFBs“.
Die von Jiří Friml geleitete Forschungsgruppe ist auf die Erforschung des Hormons Auxin in Pflanzen spezialisiert. Die pflanzeneigenen Verbindungen regulieren Wachstum und Umweltanpassung der Pflanzen, indem sie auf äußerliche Reize wie Licht oder Temperatur reagieren. Friml und Kolleg:innen kombinieren Methoden aus der Zell- und Entwicklungsbiologie, Genetik, Biochemie und Bioinformatik, um Auxin-Transport, Auxin-Signalweg, Zellpolarität und weitere Mechanismen der Anpassung der Pflanze zu erklären.
Pflanzen sind in ihrer Umgebung verwurzelt und haben kein Nervensystem, um Informationen aus der Umwelt zu verarbeiten. Dadurch haben sie eigene Umweltanpassungs- und Überlebensstrategien entwickelt. Jiří Friml und sein Team haben entdeckt, dass das Pflanzenhormon Auxin das wichtigste und universellste Signal für die Informationsvermittlung zwischen Pflanzenzellen ist. Der Auxin-Signalweg integriert sowohl endogene Signale als auch Signale aus der Umwelt und übersetzt sie in eine Entwicklungsveränderung je nach Zelltyp. Das Auxin-Signal kann also Wachstum der Wurzeln nach unten und der Sprossen nach oben oder zum Licht auslösen, sowie die Herausbildung neuer Organe wie Blüten und Blätter – oder sogar das Wachstum stoppen.
Diese Erkenntnisse könnten in Zukunft Anwendung in der Landwirtschaft finden und diese effizienter und nachhaltiger gestalten. So könne man die gezielte Steuerung des Auxin-Signalwegs zum Beispiel nutzen, damit Nutzpflanzen auf dem Feld ihre Energie nicht für den gegenseitigen Wettbewerb, sondern für das eigene Wachstum nutzen.
Jurybegründung: Bahnbrechende Beiträge zur Zellbiologie
„Jiří Friml ist ein Pionier auf dem Gebiet der Pflanzenbiologie, insbesondere in der Frage, wie das Hormon Auxin als das wichtigste koordinative Signal zur Regulierung von Pflanzenwachstum und -entwicklung funktioniert. Dank seiner Arbeiten verstehen wir heute, wie Auxin das gezielte Wachstum von Pflanzenorganen wie Wurzeln steuert. Seine Arbeiten prägen den aktuellen Stand der Forschung und bieten der Pflanzenbiologie neue Perspektiven. Mit der Verleihung des FWF-Wittgenstein-Preises an Jiří Friml ehrt Österreich einen der kreativsten Forscher auf einem Gebiet, in dem Österreich eine führende Rolle spielt. Er ist eine treibende Kraft in der globalen Pflanzenbiologie“, so die internationale FWF-Jury.
FWF-Wittgenstein-Preis: Österreichs höchstdotierter Wissenschaftspreis
Der FWF-Wittgenstein-Preis richtet sich an exzellente Forscher:innen aller Fachdisziplinen. Die mit 1,7 Millionen Euro dotierte Auszeichnung unterstützt die Forschung des:der Preisträger:in und garantiert Freiheit und Flexibilität bei der Durchführung. Forschende können so ihre Forschungstätigkeit auf international höchstem Niveau vertiefen.
FWF-START-Preise: Je 1,2 Millionen Euro für aufstrebende Spitzenforscher:innen aus Graz, Innsbruck und Wien
Neben dem FWF-Wittgenstein-Preis vergab der Wissenschaftsfonds FWF auch die diesjährigen FWF-START-Preise. Insgesamt acht Wissenschaftler:innen konnten in dem hochkompetitiven Auswahlprozess aus 112 Anträgen reüssieren. Das Antragsvolumen betrug in Summe rund 141 Millionen Euro, davon kamen 46,4 Prozent der Anträge aus dem Bereich Naturwissenschaften und Technik, 27,7 Prozent aus dem Bereich Biologie und Medizin sowie 25,9 Prozent aus den Geistes- und Sozialwissenschaften. Die acht geförderten Projekte, vier davon werden von Frauen geleitet, kommen aus allen Fachdisziplinen und werden mit jeweils bis zu 1,2 Millionen Euro gefördert. Die FWF-START-Preise richten sich an aufstrebende Spitzenforschende, denen die Möglichkeit gegeben wird, auf längere Sicht und finanziell abgesichert ihre Forschungen zu planen.
Die neuen FWF-START-Preisträger:innen im Überblick
Die Grenzen der Mathematik ausloten
Juan P. Aguilera
Institut für Diskrete Mathematik und Geometrie, Technische Universität Wien
Wie Emotionen zu Sprachveränderungen führen
Svitlana Antonyuk
Institut für Slawistik, Universität Graz
Frühchristliche Figuren in der Literatur erkunden
Dan Batovici
Institut für Mittelalterforschung, Österreichische Akademie der Wissenschaften
Neue Perspektiven auf Quantensysteme erschließen
Uroš Delić
Institut für Quantenoptik und Quanteninformation Innsbruck, Österreichische Akademie der Wissenschaften
Mit Machine-Learning die Chemie nachhaltiger machen
Esther Heid
Institut für Materialchemie, Technische Universität Wien
Die Rolle von Stress bei Herzversagen verstehen
Senka Holzer
Universitätsklinik für Innere Medizin, Medizinische Universität Graz
Die zellulären Mechanismen bei Kinderkrebs erforschen
Polina Kameneva
St. Anna Kinderkrebsforschung
Ein neuer Blick in die „Blackbox“ Algorithmen
Yurii Malitskyi
Fakultät für Mathematik, Universität Wien
Lernen Sie Österreichs neue FWF-START-Preisträger:innen kennen
Weitere Informationen zu den FWF-START-Preisträger:innen finden Sie hier.
Österreichischer Wissenschaftsfonds FWF
Der Wissenschaftsfonds FWF ist Österreichs führende Organisation zur themenoffenen Förderung der Grundlagenforschung sowie der künstlerisch-wissenschaftlichen Forschung. In einem internationalen Peer-Review-Verfahren fördert der FWF jene Forschenden und Ideen, die aufgrund ihrer wissenschaftlichen Qualität wegweisend sind. Die gewonnenen Erkenntnisse stärken Österreich als Forschungsnation und legen eine breite Basis, um zukünftigen gesellschaftlichen Herausforderungen besser begegnen zu können.
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