FPÖ fordert in Dringlichem Antrag Abschaffung der „ORF-Zwangssteuer“
Seit 1. Jänner 2024 müssten die Österreicherinnen und Österreicher einen „durchpolitisierten ORF“ unabhängig vom Besitz eines Empfangsgeräts mit einer „Zwangssteuer“ finanzieren. So sieht die FPÖ die neue ORF-Haushaltsabgabe, wie sie in einem in der heutigen Nationalratssitzung eingebrachten Dringlichen Antrag ausführen. Was angesichts der Teuerung für viele Bürger:innnen eine Mehrbelastung darstelle, bedeute für den ORF nun Einnahmen von rund 800 Mio. € bzw. ein Plus von 18 % gegenüber dem Vorjahr.
Dieses Geld fließt laut Antrag unter anderen in „Gehaltsexzesse“ und „Luxus-Pensionen“. 19 % der Mitarbeiter:innen des Rundfunks würden über 100.000 € brutto im Jahr verdienen, während sich in der gesamtösterreichischen Arbeitnehmerschaft lediglich 4 % in diesem Gehaltssegment wiederfänden. Am Küniglberg sei im geschützten Bereich ein „Gagenparadies“ entstanden, wie die Freiheitlichen anprangern. Besonders deutlich zeige sich dies bei den dortigen Spitzenverdiener:innen, deren Gehälter ohne die Einberechnung von Nebeneinkünften jenseits der 400.000 € lägen.
Gleichzeitig kritisiert die FPÖ die Qualität des ORF-Programms und spricht unter anderem von „Regierungspropaganda und Bevormundung“, „Serien-Wiederholungen in Dauerschleife“, „Genderwahn“ sowie „steuergeldfinanzierten Staatskünstlern“. Eine Motivation zu Reformen in Richtung eines konkurrenzfähigen Programms und einer objektiven Berichterstattung könne beim ORF aufgrund der gesicherten Einnahmen durch die ohnehin zu entrichtenden „Zwangssteuer“ nicht entstehen. Die Freiheitlichen sprechen sich daher für die Abschaffung der Haushaltsabgabe aus. Der Antrag blieb in der Minderheit.
Staatssekretärin Claudia Plakolm entgegnete Antragstellerin Dagmar Belakowitsch (FPÖ) im Plenum, dass der ORF-Beitrag für die große Mehrheit der Menschen nun günstiger geworden sei und betonte die demokratiepolitische Bedeutung einer unabhängigen und vielfältigen Medienlandschaft. Zudem seien gerade bei den „völlig überzogenen“ Spitzengehältern die Transparenzverpflichtungen verschärft worden.
ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS unterstrichen ebenfalls die Relevanz unabhängiger Medien und warfen der FPÖ vor, einerseits vor eigenen Skandalen ablenken und andererseits die Medienfreiheit zu ihren Gunsten einschränken zu wollen.
Belakowitsch: „Privilegien-Stadl“ ORF schröpft die Bürger:innen
Antragstellerin Dagmar Belakowitsch bezeichnete es als „schäbig“, dass sich die Spitzenverdiener:innen im ORF ihren „Privilegien-Stadl“ etwa von Mindestpensionist:innnen oder jungen Familien bezahlen lassen würden, vollkommen unabhängig davon, ob diese das Programm konsumieren oder nicht. Das von Medienministerin Raab „verpfuschte“ Gesetz bewirke, dass nun 700.000 Personen, die vorher gar nichts bezahlt haben und 300.000, die lediglich einen Beitrag für das Radio-Programm entrichtet haben, nun ebenfalls „geschröpft“ werden können. Als Ungerechtigkeit empfand Belakowitsch auch, dass ein großer Teil der ORF-Mitarbeiter:innen in prekären Beschäftigungsverhältnissen ausgebeutet würden, während sich die Top-Verdiener:innen „die Taschen vollfüllen“.
Scharfe Kritik übte Belakowitsch auch an der Arbeitsweise der für die Einhebung der Haushaltsabgabe zuständigen ORF-Beitrags Service GmbH (OBS) – sie sprach von eine „Sauhaufen“. Diese würde etwa ohne Grundlage eines Bescheids Rückstandsausweise zustellen, weshalb die betroffenen Bürger:innen auch keinen Einspruch erheben könnten. Generell bezweifelte Belakowitsch die verfassungsrechtliche Grundlage der Haushaltsabgabe. Zu Herstellung der Rechtmäßigkeit müsste der Generaldirektor die Höhe des Beitrags festsetzen, was nicht geschehe.
Schließlich beanstandete Belakowitsch die Berichterstattung des ORF als „alles andere als objektiv“. Der Rundfunkt stelle eine „linke Echokammer“ dar, in der „Politaktivisten“ als unabhängige Expert:innen präsentiert würden. Als öffentlich-rechtlicher Sender habe der ORF jedoch seinem Informationsauftrag nachzukommen und die „Breite der Gesellschaft“ zu repräsentieren. Auch hier versage der Generaldirektor, so Belakowitsch.
Plakolm: Bundesregierung bekennt sich zu öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Der Beitrag für den ORF sei seit Anfang des Jahres für die große Mehrheit der Menschen günstiger geworden, hielt Staatssekretärin Claudia Plakolm Belakowitsch entgegen. Der Rundfunk werde mit der – aufgrund eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichthofs – erfolgten Neuregelung des ORF-Gesetzes, „sparsamer, schlanker und transparenter“. Zudem seien Inhalte nun länger und schneller verfügbar, wie Plakolm ausführte. Gerade in Zeiten von Fake News und versuchter ausländischer Einflussnahme bekenne sich die Bundesregierung klar zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk, so Plakolm.
Sie betonte auch die Bedeutung einer unabhängigen und vielfältigen Medienlandschaft für eine funktionierende Demokratie. Fast 90 % der Österreicherinnen und Österreicher würden die Angebote des ORF in irgendeiner Form nutzen, 80 % sogar täglich. Klar sei aber auch, dass mit den Beitragsgeldern „sauber und sparsam“ umgegangen werden müsse, weshalb es nun auch mehr Transparenzverpflichtungen insbesondere bei den „völlig überzogenen“ Spitzengehältern gebe, wie Plakolm erklärte.
FPÖ: ORF agiert parteiisch und nicht objektiv
Die Staatssekretärin habe den FPÖ-Antrag offensichtlich nicht verstanden, kritisierte Hannes Amesbauer (FPÖ). Er richte sich nicht gegen die Medienlandschaft an sich, sondern gegen die ORF-Haushaltsabgabe. Diese „Zwangssteuer“ bringe für andere Medien eklatante Wettbewerbsnachteile und müsse auch von Haushalten bezahlt werden, die den ORF nicht konsumieren. Sie sei ein Anachronismus und müsse abgeschafft werden. Da das ORF-Gesetz schwere handwerkliche Mängel aufweise, hätten Klagen dagegen gute Erfolgsaussichten, womit dem ORF hohe Rückzahlungen drohen würden, meinte der FPÖ-Abgeordnete.
„Fassungslos“ macht laut Amesbauer das unverhältnismäßig hohe Niveau der Gehälter im ORF. Daher sei eine Totalreform des ORF dringend notwendig. Zudem zeige der ORF eine starke politische Schlagseite und trete parteiisch auf. Vor allem die FPÖ und ihre Vertreter:innen würden vom ORF, der keine objektiven Informationen biete, massiv verunglimpft.
Die Freiheitlichen würden an der Seite der Menschen stehen und seien der Garant, dass die anderen Parteien mit den Menschen nicht machen können, was sie wollen, so Michael Schnedlitz (FPÖ). Es könne nicht sein, dass die Menschen in Zeiten der Teuerung mit dieser „Strafsteuer“ für hohe Gagen und Privilegien im ORF zahlen müssen.
Die Corona-Berichterstattung des ORF sowie dessen internen Umgang mit Corona kritisierte Gerald Hauser (FPÖ). Die Regierung habe die Bevölkerung mit einer „faktenwidrigen Corona-Politik“ geschädigt und der ORF habe intern dieselbe Politik gemacht, argumentierte er.
ÖVP sieht Anfrage als Ablenkungsversuch von FPÖ-Problemen
Der Dringliche Antrag der FPÖ bringt für Kurt Egger (ÖVP) nichts Neues, sondern dokumentiert die bereits gut bekannte Abneigung der Freiheitlichen gegen den ORF. Für den ÖVP-Abgeordneten versuche die FPÖ, vor dem Hintergrund der nun bekannt gewordenen Spionageaffäre, von ihren eigenen Problemen abzulenken. Der Antrag lasse auch die Medienpolitik die FPÖ und ihre „Vorbilder Orban und Putin“ deutlich erkennen, meinte Egger. Die FPÖ habe mehrfach bewiesen, dass sie Probleme mit unabhängigen Medien und der Förderung von Qualitätsmedien habe.
Die ÖVP trete hingegen für einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk und gleichzeitig starke private Medienhäuser ein. In diesem Sinne sei das VfGH-Urteil zur GIS sehr sorgfältig umgesetzt und dafür gesorgt worden, dass der ORF vielfältiger, zeitgemäßer und transparenter werden könne. Transparenz sei zweifellos wichtig, solle aber nicht zu einer „Neiddebatte“ führen, meinte Egger. Er erinnerte daran, dass der Generalssekretär, der für 58 der 61 nun von der FPÖ kritisierten ORF-Verträge zuständig war, mit Zustimmung der Freiheitlichen eingesetzt worden sei.
Auch wenn jeder „genügend Kritikpunkte“ am ORF finden könne, wäre eine Medienlandschafft ohne ihn für Wolfgang Gerstl (ÖVP) nicht wünschenswert. Speziell die Abbildung regionaler Brauchtümer und Traditionen, wie sie durch die Landesstudios erfolge, würden große internationale Medienhäuser nicht leisten wollen.
SPÖ: Gehaltsdebatte zeigt Doppelmoral der FPÖ
Für Jörg Leichtfried (SPÖ) geht es der FPÖ weder um Medienpolitik noch um die Menschen im Land oder um die ORF-Gebühren. Das deutlich erkennbare Ziel sei ein Angriff auf die Medienfreiheit und letztlich ihre Einschränkung. Sie zeige eine klare Doppelmoral, sagte Leichtfried. Er zitierte dazu aus Chats von FPÖ-Politikern und FPÖ-nahen Personen. Diese würden belegen, dass es den Freiheitlichen nicht um faire Berichterstattung gehe, sondern darum, einen „Teil des Kuchens“ zu erhalten und „FPÖ-Sympathisanten im ORF in Position zu bringen“. Was sie anstrebe, sei eine „Meinungsdiktatur“. Wer Gehälter kritisiere, müsse bei sich selber beginnen, meinte Leichtfried. Hier zeige sich die Doppelmoral der FPÖ besonders deutlich, denn der FPÖ-Parteichef sei selbst ein beispielloser Spitzenverdiener, dessen Einkommen die ORF-Gehälter weit in den Schatten stelle.
Die Freiheitlichen seien gegen den ORF, weil es ihnen nicht gelungen sei, ihn unter ihre Kontrolle zu bekommen, meinte Muna Duzdar (SPÖ). Die Sozialdemokratin kritisierte „gewaltige Spitzengehälter“ im ORF bei gleichzeitig prekären Beschäftigungsverhältnissen und forderte eine Reform, die den ORF unabhängiger und transparenter macht.
Auch Eva-Maria Holzleitner betonte die Bedeutung einer unabhängigen Berichterstattung, bei der Politiker:innen aller Fraktion „nicht mit Samthandschuhen“ angefasst werden. Die FPÖ wünsche sich stattdessen „ungarische Verhältnisse“ in denen die Message Control die Berichterstattung bestimmt. Holzleitner brachte einen Entschließungsantrag ein, der auf die Ausweitung der Befreiungen vom ORF-Beitrag abzielt, um etwa Geringverdiener:innen oder junge Menschen bis zum 24. Lebensjahr angesichts der Teuerung zu entlasten. Die dadurch fehlenden Mittel sollen dem ORF aus dem Budget refundiert werden, heißt es in dem Antrag. Dieser blieb in der Minderheit.
Grüne: Freiheitliche wollen gesteuerte Medien
Sigrid Maurer (Grüne) sah bei den Freiheitlichen starke „Nervosität“ aufgrund der Tatsache, dass immer mehr Verbindungen der FPÖ zum diktatorischen Putin-Regime bekannt würden. Die Bundesregierung trete für eine starke, unabhängige Medienlandschaft an. Sie fördere daher private Medien wie nie zuvor. Sie habe auch die Rahmenbedingungen für die Zukunft eines starken öffentlich-rechtlichen Rundfunks geschaffen. Der neue ORF-Beitrag sei fairer als die frühere GIS. Personen mit niedrigen Einkommen seien selbstverständlich von der Haushaltsabgabe befreit.
Maurer betonte, sie wolle lieber in einem Land leben, in dem Politiker:innen sich den kritischen Fragen eines unabhängigen Journalismus stellen müssten, auch wenn das „nicht immer lustig“ sei. Die Freiheitlichen würden hingegen gesteuerte Medien nach dem Vorbild Ungarns und Russlands anstreben. Herbert Kickl fürchte den kritischen Journalismus und lasse sich nur von FPÖ-Medien befragen, die im Übrigen von den Steuerzahler:innen finanziert würden. Wie die FPÖ die Berichterstattung zu eigenen Gunsten beeinflussen wolle, zeige sich deutlich in den Chats, die in den letzten Wochen bekannt geworden seien. Was dort zu lesen sei, sei „der Sprachgebrauch eines Diktators, nicht eines Demokraten“, befand Maurer.
Die Freiheitlichen würden eine Medienlandschaft wie bei Orbán und Putin anstreben und würden für eine „feindliche“ sowie „russische“ Propaganda stehen, kritisierte Michel Reimon (Grüne).
NEOS: ORF ist reformbedürftig, FPÖ will von sich selbst ablenken
Henrike Brandstötter (NEOS) unterstrich, dass unabhängige Medien und ein starker öffentlich-rechtlicher Rundfunk, zur „Grundausstattung“ der Demokratie gehören. Allerdings hätten sich ÖVP und Grüne bei der Einführung der Haushaltsabgabe einer notwendigen offenen Debatte über die Probleme des ORF verweigert. Unter anderem habe dieser eine nicht zu rechtfertigende Marktmacht und weise eine in vieler Hinsicht problematische Unternehmenskultur auf. Fragwürdig sind für die Abgeordnete auch Besetzungen der Publikumsräte und das Agieren einzelner Stiftungsräte. Was die FPÖ allerdings mit ihrer Anfrage biete, sei nur der Versuch, nach dem Motto „Haltet den Dieb!“ von der eigenen Mitverantwortung an diesen Missständen abzulenken. Die unterdessen bekannt gewordenen Chats zum ORF zeigten deutlich eine Reihe von Interventionen der FPÖ. Die Freiheitlichen versuchten, nicht nur den ORF, sondern den gesamten medialen Diskurs zu zerstören. Sie strebe gesteuerte Medien an, auf die sie zugreifen könne.
Die Freiheitlichen würden bloß kritisieren und Neid schüren und so Menschen gegeneinander aufwiegeln, aber keine Verbesserungsvorschläge liefern, beanstandete Josef Schellhorn (NEOS). Im FPÖ-eigenen FPÖ-TV sah Schellhorn „steuerfinanzierte Manipulation, Falschinformation, Fake News und Desinformation“ und schlug eine Halbierung der Parteienförderung zugunsten einer Medienförderung vor. (Fortsetzung Nationalrat) wit/sox/pst
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender. Pressedienst der Parlamentsdirektion – Parlamentskorrespondenz