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Sozialausschuss: Bildungsbonus wird auf Sozialhilfebezieher:innen ausgeweitet

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Anfang 2024 wurde der sogenannte Bildungsbonus für Bezieher:innen von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe neu geregelt. Dabei handelt es sich um einen Zuschlag zum Arbeitslosengeld bzw. zur Notstandshilfe, dessen Höhe sich nach der Dauer einer vom AMS angebotenen Weiterbildungs- bzw. Umschulungsmaßnahme richtet. So wird aktuell für eine mindestens viermonatige Schulung ein Bonus von 224 € pro Monat gewährt, für eine mindestens einjährige Ausbildung sind es bis zu 374 €. Der Grundbetrag liegt bei 2,49 € pro Tag bzw. 75 € im Monat. Nun soll für Sozialhilfebezieher:innen ein ähnliches System eingeführt werden. Der Sozialausschuss des Nationalrats hat heute mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und Grünen eine entsprechende Novelle zum Sozialhilfe-Grundsatzgesetz gebilligt. Damit sollen höhere Lebenshaltungskosten abgedeckt werden. Zudem sieht Grünen-Sozialsprecher Markus Koza den Bonus als Anreiz für Fortbildungsmaßnahmen.

Ebenfalls den Sozialausschuss passiert hat das Sozialarbeits-Bezeichnungsgesetz 2024. Es regelt, wer Berufsbezeichnungen wie "Sozialarbeiterin" oder "Sozialpädagoge" führen darf, wobei der ursprüngliche Gesetzentwurf mittels eines gesamtändernden Abänderungsantrags im Ausschuss umfassend überarbeitet wurde. Eine unbefugte Verwendung dieser Berufsbezeichnungen kann künftig mit bis zu 15.000 € bestraft werden. Auf Anregung der FPÖ wird außerdem das Heimopferrentengesetz novelliert, um finanzielle Ansprüche von Betroffenen abzusichern.

Bildungsbonus für Sozialhilfebezieher:innen

Beantragt wurde die Novellierung des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes von den Koalitionsparteien (3816/A), wobei der ursprüngliche Antrag in Bezug auf die Höhe des Bonus nochmals adaptiert wurde. Damit wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass das AMS Schulungsteilnehmer:innen – unabhängig von der Dauer der Schulungsmaßnahme – bereits jetzt eine Beihilfe in Höhe des Grundbetrags zur Deckung des Lebensunterhalts gewährt und Doppelförderungen vermieden werden sollen. Sozialhilfebezieher:innen werden demnach künftig – zusätzlich zur bestehenden Beihilfe – einen monatlichen Bonus von 136,2 € für mindestens vier Monate dauernde Schulungen bzw. von 272,4 € für länger als ein Jahr dauernde Bildungsmaßnahmen erhalten. Sowohl die Beihilfe als auch die Zuschläge sind nicht auf die Sozialhilfe anzurechnen.

Außerdem sollen gemäß den Erläuterungen auch subsidiär Schutzberechtigte, die lediglich Leistungen aus der Grundversorgung erhalten, vom Schulungszuschlag profitieren. Die Länder bekommen sieben Monate Zeit, ihre Mindestsicherungsgesetze an die neuen Bestimmungen anzupassen.

SPÖ und NEOS sehen Gesetzentwurf kritisch

In der Debatte erinnerte Grünen-Sozialsprecher Koza daran, dass der Bildungsbonus eingeführt wurde, um Arbeitslose, die längere Qualifizierungsmaßnahmen besuchen, ökonomisch in die Lage zu versetzen, diese auch abzuschließen. Auch Sozialhilfebezieher:innen würden von längeren Ausbildungen profitieren, da qualifizierte Personen leichter einen Job finden, machte er geltend. Durch den vorgesehenen Schulungszuschlag werde die Mindestsicherung damit tatsächlich "zu einem Trampolin". Koza rechnet außerdem mit einer nachhaltigen Entlastung der Sozialhilfebudgets der Länder durch eine sinkende Zahl von Bezieher:innen.

Enttäuscht zeigte sich Koza über die Ablehnung des Gesetzentwurfs durch die SPÖ. Diese klage ständig darüber, dass die Sozialhilfe und das Arbeitslosengeld zu niedrig seien, stimme nun aber zum wiederholten Mal gegen Verbesserungen, kritisierte er.

Alois Stöger (SPÖ) hatte zuvor gemeint, dass es sinnvoll gewesen wäre, das Gesetz einer Begutachtung zu unterziehen, damit die Länder wissen, was auf sie zukomme. Er befürchtet außerdem "bürokratische Problemlagen", nachdem es mit dem AMS und den Ländern zwei Auszahlungsstellen für den Schulungszuschlag geben wird.

Kritik am Gesetzentwurf kam auch von NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker. Österreich habe im internationalen Vergleich ohnehin eine "großzügige" Sozialhilfe, da müsse man nicht auch noch einen Bildungszuschuss "drauflegen", erklärte er. Damit wird seiner Ansicht nach "Nichtarbeit" gefördert. Man dürfe bei Gesetzesbeschlüssen außerdem nicht immer nur die Seite der Leistungsbezieher:innen sehen, sondern müsse auch die Zahler:innen im Blick haben, mahnte Loacker. Der Abgeordnete sprach zudem von einem "Kuhhandel": Ihm zufolge hat die ÖVP im Gegenzug eine Erhöhung des Kirchensteuer-Absetzbetrags erwirkt.

Sozialminister Johannes Rauch hielt fest, dass die Länder in die Ausarbeitung des Gesetzes eingebunden gewesen seien. Er verwahrte sich außerdem dagegen, Sozialhilfebezieher:innen Arbeitsbereitschaft abzusprechen. Der Prozentsatz jener, "die wirklich nicht wollen", ist ihm zufolge mit unter ein Prozent verschwindend gering.

Schutz von Berufsbezeichnungen im Bereich der Sozialarbeit

Das vom Ausschuss mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grünen an das Plenum weitergeleitete Sozialarbeits-Bezeichnungsgesetzes 2024 geht auf einen Gesetzesantrag der Koalitionsparteien (3814/A) zurück, der nicht zuletzt in Reaktion auf Einwände der betroffenen Berufsverbände und der Arbeiterkammer nochmals überarbeitet wurde. Ziel der Initiative ist es, Berufsbezeichnungen im Bereich der Sozialarbeit zu schützen. Sozialarbeiter:innen und Sozialpädagog:innen würden mit besonders vulnerablen Gruppen arbeiten, daher brauche es präzise gesetzliche Regelungen, argumentieren die Antragsteller:innen Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP) und Markus Koza (Grüne).

In diesem Sinn wird gesetzlich festgeschrieben, welche akademischen bzw. anderen einschlägigen Fachausbildungen zum Führen der Bezeichnungen "Sozialarbeiterin" bzw. "Sozialarbeiter" sowie "Sozialpädagogin" bzw. "Sozialpädagoge" berechtigen. Für alle anderen Personen wird diese Bezeichnung verboten, davon sind auch Kurzausbildungen umfasst. Wer die gesetzlichen Vorgaben ignoriert oder eine einschlägige Ausbildung vortäuscht, riskiert laut Gesetzentwurf eine Verwaltungsstrafe von bis zu 15.000 €.

In der Debatte äußerten sich unter anderem Kira Grünberg (ÖVP) und Josef Muchitsch (SPÖ) positiv zum Gesetzentwurf. Durch den Abänderungsantrag sei es der SPÖ möglich, zuzustimmen, sagte Muchitsch. Auch die FPÖ begrüßte das Vorhaben grundsätzlich, wiewohl es nach Meinung von Abgeordnetem Peter Wurm nichts dazu beiträgt, den Personalmangel im Bereich der Sozialarbeit zu beheben. Er hinterfragte außerdem die "sehr ungleiche Bezahlung" von Sozialarbeiter:innen in den einzelnen Bundesländern.

Abgelehnt wurde der Gesetzentwurf von den NEOS. Der Bezeichnungsschutz habe keinerlei Mehrwert für Betroffene, sondern könnte im Gegenteil sogar einen negativen Einfluss auf potentielle Quereinsteiger:innen haben, gab Abgeordnete Fiona Fiedler zu bedenken. Sie vermisst außerdem einen Berufsschutz für Sozialarbeiter:innen und Verbesserungen im Ausbildungsbereich.

Auf eine Frage von FPÖ-Abgeordnetem Peter Schmiedlechner teilte Sozialminister Rauch mit, dass die Nostrifikation ausländischer Ausbildungen bei den Fachhochschulen angesiedelt sei. Bei der Geldstrafe handle es sich um eine Höchststrafe, hob er hervor. Insgesamt sieht er das Gesetz als ersten Schritt Richtung Berufsgesetz.

Breite Zustimmung zur Novellierung des Heimopferrentengesetzes

Auf den Weg gebracht hat der Sozialausschuss außerdem eine Novelle zum Heimopferrentengesetz, die von der FPÖ angeregt worden war. Mit dem Beschluss reagieren die Abgeordneten auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs, der es in einem konkreten Fall als zulässig gewertet hat, am Konto liegende Rentennachzahlungen als Vermögen einzustufen und somit einen Antrag auf Mietbeihilfe abzuweisen. Die Abgeordneten sehen dadurch die finanziellen Ansprüche der betroffenen Bezieher:innen beschnitten, zumal Heimopferrenten ausdrücklich nicht als Einkommen im Sinne der Sozialhilfe- bzw. Mindestsicherungsgesetze gelten. Nun wird ergänzend dazu ausdrücklich normiert, dass Nachzahlungen von Heimopferrenten und angesparte Rentenbeträge sowie andere Entschädigungsleistungen für Heimopfer im Bereich der Sozialhilfe nicht als Vermögen zu werten sind.

Eingebracht und beschlossen wurde der Gesetzesantrag von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen. Dieselbe Mehrheit erhielt ein dem Beschluss zugrundeliegender Entschließungsantrag der FPÖ (3344/A(E)).

Es sei nicht einzusehen, dass geblockte Zahlungen anders behandelt werden als regelmäßige Leistungen, begründeten Markus Koza (Grüne) und Christian Ragger (FPÖ) die Initiative. Alois Stöger verwies darauf, dass dies auch die ursprüngliche Intention des Gesetzes gewesen sei. Wenn Höchstgerichte die Bestimmungen anders interpretieren, sei es "nur logisch", diese zu präzisieren, betonte er.

Kritisch beurteilten hingegen die NEOS die Gesetzesnovelle, wobei Gerald Loacker weniger die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs als vielmehr eine OGH-Entscheidung im Fokus hatte. Es sei nicht angebracht, sich über nicht genehme höchstgerichtliche Entscheidungen "hinwegzuhanteln" und den Obersten Gerichtshof zu "überdribbeln", sagte er.  (Fortsetzung Sozialausschuss) gs


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