Janisch: Es geht um ein vollständiges Bild der 24-Stunden-Betreuung
Erfreut zeigt sich der Obmann der Fachgruppe Personenberatung und Personenbetreuung in der Wirtschaftskammer Wien, Harald G. Janisch, dass das Thema der 24-Stunden-Betreuung zunehmend Beachtung findet: „Wir freuen uns, dass dieses wichtige Thema stetig wahrgenommen und über Verbesserungen nachgedacht wird. Wir als gesetzliche Vertretung der Betreuerinnen und der Organisationen von Personenbetreuung möchten zu wichtigen Inhalten ergänzend Stellung zu nehmen. Einige Aspekte erscheinen mir aus dem Blickwinkel der unmittelbar betroffenen Betreuerinnen und den Betreibern von Organisationen von Personenbetreuung besonders wichtig, um ein möglichst vollständiges Bild der 24-Stunden-Betreuung zu haben.“
So berichtet die Vertreterin der Personenbetreuerinnen in der Wirtschaftskammer Wien, Bibiana Kudziova, dass der Job als Betreuerin in Österreich eine gute und praktikable Möglichkeit ist, Geld zu verdienen. Kudziova: „Tausende Frauen, die überwiegend aus dem osteuropäischen Raum kommen, sind froh, dass sie diese Einkommensmöglichkeit hier in Österreich haben. Manchmal wird das unzulässigerweise ja geradezu so dargestellt, als ob jemand in Österreich die Frauen zwingt, ihre Familien wochenweise zu verlassen, um hier zu arbeiten. Das Gegenteil ist der Fall. Die Betreuerinnen kommen gerne zu den von ihnen betreuten Klienten und in das familiären Umfeld, in dem sie dann arbeiten.“
Tasotti: Anstellung von Betreuerinnen – praktikable und finanzierbare Modelle bitte auf den Tisch
Mario Tasotti, stellvertretender Fachgruppenobmann und Inhaber einer Organisation von Personenbetreuung, bezieht sich auf ein weiteres, in der Vergangenheit medial oftmals in Diskussion stehendes Thema – das der Anstellung von 24-Stunden-Betreuerinnen. Tasotti: „Ich bin für Gespräche offen. Ich habe sogar in meinem eigenen Unternehmen vor etwas mehr als 10 Jahren versucht, ein System mit angestellten Betreuerinnen einzuführen und musste dies jedoch bald aufgrund der herrschenden Rahmenbedingungen aufgegeben. Wer eine Anstellung will, müsste daher zuallererst ein in die Praxis umsetzbares und finanzierbares Modell auf den Tisch legen. Dieses Modell müsste dann natürlich auch von den betroffenen Betreuerinnen akzeptiert werden.“
Eine Anstellung bedeutet rund 3 bis 4 mal höhere Kosten für die betreuungsbedürftigen Personen und ist damit für jene österreichischen Familien, die Betreuerinnen engagieren, mit den derzeitigen Unterstützungen der öffentlichen Hand, nicht annähernd finanzierbar. Zusätzlich brächte eine Anstellung viele organisatorische und administrative Herausforderungen, wie die Einhaltung der Arbeitszeitgesetze, sowie die Unterbringung und Versorgung der bei einer Anstellung täglich erforderlichen drei BetreuerInnen pro Klienten mit sich.
Ein Fairnessbonus und eine Förderung für Qualitätssicherung bringen mehr als jahrelange, ergebnislose Diskussionen über Anstellungen
Tasotti betont auch, dass eine Anstellung eine Vielzahl an zusätzlichen Betreuerinnen erfordern würde. Es gibt aber schon jetzt Probleme, den Bedarf an Betreuerinnen zu decken, erinnert Tasotti und fährt fort: „Mangels eines umsetzbaren Angestelltenmodells versuchen wir, die Rahmenbedingungen für selbständige Betreuerinnen zu verbessern. So fordern wir seit Jahren eine zweckgebundene Förderung zur Finanzierung höherer Betreuerinnen-Honorare – Stichwort Fairnessbonus – und zur fachlichen Unterstützung der Betreuerinnen eine ebenfalls zweckgebundene Förderung für die Qualitätssicherung durch diplomierte Fachkräfte. Eine rasche Umsetzung dieser Forderungen würde unseren Betreuerinnen wesentlich mehr bringen, als der seit Jahren ergebnislose Diskurs über die Rechtsform der Beschäftigung.“
Tasotti weist auch darauf hin, dass allfällig auftretende Missstände im Verhältnis Betreuerin-Klient-Organisation von Personenbetreuung nichts mit der Rechtsform der Beschäftigung zu tun haben, wie das aber schon in der öffentlichen Diskussion angedeutet worden ist. So ist z. B. die Gefahr von Konflikten über die Arbeitsbedingungen oder über die Höhe der Honorierung bei Angestellten genauso gegeben wie bei Selbständigen.
Sowohl Kudziova als auch Tasotti berichten darüber, welche Schritte die Fachgruppe bereits umgesetzt hat, um Missstände abzustellen: „So haben wir von der Fachgruppe in der Wirtschaftskammer eine eigene Schlichtungsstelle eingerichtet und es wurde eine enge Kooperation mit der Verbraucherschlichtung Austria ins Leben gerufen. Da geht es darum Konflikte rasch aus der Welt zu schaffen und Lösungen zu finden, damit sich die Betreuerinnen wieder voll auf ihre Arbeit konzentrieren können.“
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