Gesundheitsausschuss: Rückblick auf die Kosten der Pandemiebekämpfung und Ausblick auf mögliche Reformen
Im Laufe der Pandemie hat das Gesundheitsressort insgesamt rund 8,66 Mrd. € für Kostenersätze an die Länder und die Sozialversicherungsträger aufgewendet. Die höchsten Ausgaben entfallen dabei auf das Testen mit 4,26 Mrd. € (ohne Schulen und Betriebe), das Impfen (1,4 Mrd. €), die Refundierung von Verdienstentgängen für an COVID-19 erkrankte Mitarbeiter:innen (1,27 Mrd. €), den Ankauf von Schutzausrüstung (586,2 Mio. €), die Bereitstellung von COVID-19-Arzneimitteln (265,75 Mio. €) sowie für das Abwassermonitoring (1 Mio. €). Das geht aus einem heute im Gesundheitsausschuss behandelten Bericht des Ressorts von Minister Johannes Rauch hervor, der erstmals eine zusammenfassende Darstellung der Zahlen bis Ende Dezember 2022 bietet. Es wird dabei jedoch darauf hingewiesen, dass die Angaben den Stand der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Abrechnungen der Länder und SV-Träger wiedergeben.
Neben einer Reihe von Oppositionsanträgen stand auch eine Petition auf der Tagesordnung, die auf die schwierige Situation von Menschen hinweist, die unter dem Chronischen Erschöpfungssyndrom (ME/CFS) leiden. Es handle sich dabei um eine schwere Multisystemerkrankung, deren Symptome teilweise auch bei Long-Covid-Patient:innen festgestellt wurden. Schätzungen gehen davon aus, dass in Österreich bis zu 80.000 Personen betroffen sein könnten, wobei deren Leistungsfähigkeit teils extrem eingeschränkt sei. Darauf basierend brachte die ÖVP einen eigenen Entschließungsantrag ein, in dem sowohl der Gesundheits- als auch der Wissenschaftsminister ersucht werden, sich für eine bessere diagnostische und therapeutische Versorgung, die stärkere Berücksichtigung von postviralen bzw. postinfektiösen Syndromen in medizinischen Leitlinien, die Einrichtung eines Beratungsgremiums sowie die Förderung des interdisziplinären Austauschs einzusetzen. Diese Initiative fand die Zustimmung aller Fraktionen.
Debatte über effizienten Mitteleinsatz und über Reformvorschläge
Bei der Debatte über den aktuellen Monatsbericht gemäß COVID-19-Transparenzgesetz (III-889 d.B.), der mit den Stimmen von ÖVP und Grünen zur Kenntnis genommen und somit enderledigt wurde, entspannte sich eine Debatte darüber, welche Lehren aus der Coronakrise für künftige Pandemien gewonnen werden können. Die Redner der Regierungsfraktionen lobten die transparente und umfassende Gesamtdarstellung der Pandemie-Kosten. Es sei legitim, die Ausgaben kritisch zu hinterfragen, merkte etwa Ralph Schallmeiner (Grüne) zwar an, aber eine Gesamtevaluierung sei ohnehin gerade am Laufen.
Aus Sicht der Freiheitlichen wurde viel zu Geld "verschleudert und verschenkt". Diese Mittel bräuchte man jetzt, um die vielen Probleme im Gesundheitswesen angehen zu können, meinte Gerald Hauser. Es sei bekannt, dass sich viele Firmen und Einzelpersonen "eine goldene Nase" verdient hätten, ergänzte Peter Wurm (FPÖ). Der Rechnungshof habe zudem beklagt, dass es bei der Vergabe der Gelder an Transparenz und Effizienz gemangelt habe, gab Gerhard Kaniak (FPÖ) zu bedenken.
Abgeordneter Gerald Loacker (NEOS) stellte zahlreiche Detailfragen, die von der Effizienz der Impfkampagne bis zur Ausschöpfung des Pflegefonds reichten. Bezüglich der Impfstoffspenden führte er kritisch ins Treffen, dass Österreich zwar viele Dosen an "diktatorische Länder verschenkt" habe, aber wohl aus Angst vor China, Taiwan nichts bekommen habe. Es sei aber gerade Taiwan gewesen, das Österreich zu Beginn der Pandemie mit Masken ausgeholfen habe. Was die Milliardenbeträge für die Tests betrifft, so habe man diese auf Basis eines subjektiven Sicherheitsgefühls, aber nicht anhand von Fakten durchgeführt, urteilte Loacker. In Hinkunft sollte man sich auch überlegen, die Abwicklung von Verdienstentgängen der ÖGK zu überantworten, zumal die Länder nicht über die dazu nötigen Lohnverrechnungskenntnisse verfügen würden.
Er nehme alle Verbesserungsvorschläge mit, versicherte Bundesminister Johannes Rauch. Was es jedenfalls brauche, sei ein neues Epidemiegesetz und ein Pandemieplan. Dem Abgeordneten Gerald Loacker gegenüber teilte der Ressortchef mit, dass die Apotheken derzeit noch über neun Millionen Selbsttests zur kostenlosen Abgabe verfügen würden. Er gehe davon aus, dass diese bis zum Ende der Corona-Maßnahmen verbraucht werden. Bezüglich der Spenden von Impfdosen an verschiedene Staaten stellte Rauch klar, dass keine Länder diskriminiert worden seien. Die Impfkampagne in Österreich hielt er für notwendig, auch wenn die Effekte nicht genau berechnet werden könnten. Bei den Masken gebe es noch Restbestände. Diese werden dem strategischen Lager des Verteidigungsministeriums zur Verfügung gestellt.
FPÖ: Schlussstrich unter alle Corona-Maßnahmen und Etablierung eines Corona-Wiedergutmachungsfonds auf Bundesebene
In einem Entschließungsantrag traten die Freiheitlichen erneut dafür ein, einen "unmittelbaren Schlussstrich unter alle Corona-Maßnahmen" zu setzen. Dieser soll eine Amnestie für alle Betroffenen von coronabedingten Verwaltungsstrafverfahren, eine Rücküberweisung aller bisher in diesem Zusammenhang eingehobenen Geldstrafen, eine finanzielle Wiedergutmachung für alle gesundheitlich, sozial und wirtschaftlich Geschädigten sowie die Untersuchung aller damit zusammenhängenden politischen Entscheidungs- und Beschaffungsprozesse umfassen. Obwohl die Corona-Pandemie spätestens mit Ende 2022 national und international für beendet erklärt werden hätte müssen, würden auf Bundes- und Länderebene immer noch Corona-Maßnahmen aufrechterhalten, deren Notwendigkeit gesundheitspolitisch nie gegeben war bzw. längst nicht mehr gegeben sei, kritisieren die Antragsteller:innen. Eine "unheilige Allianz aus ÖVP, Grünen, SPÖ und NEOS" habe gesundheitlich, ökonomisch und rechtstaatlich schwere Schäden in Gesellschaft und Wirtschaft in Österreich angerichtet (3248/A(E)).
Nach dem Vorbild des Landes Niederösterreich wollen die Freiheitlichen zudem nun auch bundesweit einen Corona-Wiedergutmachungsfonds umgesetzt sehen (3303/A(E) ). Dieser solle auf zwei Jahre angelegt, mit mindestens 250 Mio. € dotiert sein und die Auswirkungen der Corona-Maßnahmen evaluieren bzw. "ausgleichen", so die Antragsteller:innen. Konkret sollen etwa Beratungsleistungen bei individuellen Schäden, medizinische Betreuung bei Impf-Beeinträchtigungen, die Behandlung psychischer Probleme, Heimunterricht und sonstige Unterstützungsleistungen für Kinder und Jugendliche finanziert werden, erläuterte Gerald Hauser (FPÖ). Bundesländer, die wie Niederösterreich bereits einen solchen Fonds vorgesehen haben, sollen die Kosten vom Bund erstattet bekommen, wird außerdem noch gefordert. Hauser wies zudem erneut auf eine Einschätzung eines Vorstand einer deutschen Krankenkasse hin, wonach sich 2,5 bis 3 Millionen Bürger:innen wegen Impfnebenwirkungen in ärztliche Behandlung begeben mussten. Umgelegt auf Österreich würde dies eine Zahl von bis 300.000 Menschen bedeuten. Gerhard Kaniak (FPÖ) präzierte noch, dass es nicht um die Diskriminierung von gesetzestreuen Bürger:innen gehe, sondern nur um jene Fälle, wo die Bestrafung nachträglich vom VfGH aufgehoben wurde.
Ralph Schallmeiner (Grüne) hielt dem Abgeordneten Hauser entgegen, dass zwischen vorübergehenden Symptomen nach einer Impfung und schweren, anhaltenden Gesundheitsproblemen unterschieden werden müsse. Für letzteres gebe es eine rechtliche Grundlage, nämlich das Impfschadengesetz. Was die Rücküberweisung von Strafen angeht, so verwies er auf die Aussagen des angesehen Verfassungsrechtlers Karl Stöger im Rahmen des Expertenhearings. Außerdem wurden die Maßnahmen nach bestem Wissen und Gewissen beschlossen, betonte Alexandra Tanda (ÖVP).
Auch Gerald Loacker (NEOS) erinnerte an das Impfschadengesetz, dass das von den Freiheitlichen angesprochene "Problem" schon jetzt löse. Überdies hätte es angesichts der hohen Anzahl an Impfungen nur "ganz, ganz wenige Fälle" gegeben. Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) zeigte kein Verständnis dafür, dass all jene Personen, die sich nicht an die Corona-Auflagen gehalten haben, im Nachhinein noch belohnt werden sollen.
Beide Anträge wurden mehrheitlich vertagt.
Chronisches Erschöpfungssyndrom (ME/CFS): Anerkennung der Krankheit und Ausbau der medizinischen Versorgung
Der Ausschuss befasste sich weiters mit einer Petition, in der Anerkennung, die medizinische Versorgung und die soziale Absicherung von ME/CFS-PatientInnen sowie die Finanzierung der Forschung zu dieser Krankheit gefordert wird (80/PET). Bei der Myalgischen Enzephalomyelitis bzw. dem Chronischen Fatigue Syndrom (ME/CFS) handelt es sich um eine schwere Multisystemerkrankung, von der in Österreich zwischen 26.000 und 80.000 Menschen betroffen sein sollen. Die Erkrankung führt, je nach Ausprägung, bei den meisten Patient:innen zu schweren körperlichen Einschränkungen und zum Verlust ihrer Arbeitsfähigkeit. Trotz der hohen Anzahl an Betroffenen und der Schwere der seit 1969 von der WHO anerkannten Krankheit, wäre diese wenig bekannt und unzureichend erforscht. Meist werde ME/CFS mit einer psychischen Erkrankung verwechselt, was nicht nur zu falscher, sondern oft auch schädigender Behandlung führe, zeigen die Einbringer:innen der Petition auf. Bis eine Diagnose erstellt werde, dauere es oft fünf bis acht Jahre, und auch danach würden die Betroffenen unzureichend versorgt und abgesichert. Es gebe weder öffentlich finanzierte Anlaufstellen, Beratungsangebote, Unterstützungsleistungen, noch Rehabilitations- und Betreuungseinrichtungen. Auch wenn die genauen Ursachen für ME/CFS durch die mangelnde Forschung und unzureichende Forschungsförderung noch nicht ausreichend geklärt werden konnten, würden die Daten aufzeigen, dass in einem Großteil der Fälle die Erkrankung mit einer Infektion beginnt. Internationale Studien setzen ME/CFS und Long Covid daher in Verbindung und zeigen große Übereinstimmungen bei Symptomen und zugrundeliegenden Mechanismen. Laut Petition benötigen die Betroffenen in vier Handlungsfeldern dringend Unterstützung: Bewusstseinsbildung durch Information und Aufklärung der Ärztinnen und Ärzte wie auch der Bevölkerung, Aufbau und Finanzierung medizinischer Behandlungs- und Versorgungsstrukturen, soziale Absicherung der Betroffenen sowie finanzielle Förderung der Forschung zu ME/CFS.
Die Petition zeige die schwierige Situation der von ME/CFS Betroffenen auf und weise auf die Dringlichkeit für Verbesserungen im Bereich der Versorgung- und Forschungsstrukturen hin, erklärte Abgeordnete Heike Grebien (Grüne). Durch den von ÖVP und Grünen eingebrachten Antrag sollen die zuständigen Minister ersucht werden, sich unter anderem für eine verbesserte Zusammenarbeit der Akteure im Gesundheitswesen und damit für eine bessere diagnostische und bedarfsorientierte therapeutische Versorgung von ME/CFS Betroffenen in Österreich einzusetzen.
Abgeordneter Gerald Hauser (FPÖ) gab noch zu bedenken, dass es über 900.000 Kinder und Jugendliche in Österreich gebe, die aufgrund der Corona-Politik der Bundesregierung teilweise massive "Kollateralschäden" davon getragen hätten.
Bundesminister Johannes Rauch zeigte viel Verständnis für das Anliegen. Ein einstimmiger Beschluss im Ausschuss sei ein klares Signal in Richtung der Betroffenen.
Der mit der Petition in Zusammenhang stehende Entschließungsantrag von ÖVP und Grünen wurde einstimmig beschlossen.
Monitoring-Bericht zeigt erstmalige Überschreitung der Ausgabenobergrenzen im Bereich der Krankenversicherung im Jahr 2022
Im Jahr 2013 haben sich Bund, Länder und Sozialversicherung erstmals auf eine vertraglich festgelegte Organisation der Gesundheitsversorgung in Österreich verständigt. Wesentlicher Bestandteil der 15a-Vereinbarung "Zielsteuerung Gesundheit", ist ein Kostendämpfungspfad, der eine Reduktion des jährlichen Ausgabenwachstums von 3,6 % (2017) auf jeweils 3,2 % in den Jahren 2021 bis 2023 vorsieht. Außerdem wurden strategische Ziele in den Bereichen "bessere Versorgung, bessere Qualität und gesündere Bevölkerung" definiert. Über die Einhaltung der sektorenübergreifenden Ausgabenobergrenzen informiert unter anderem ein regelmäßiger, halbjährlicher Kurzbericht, der von der Gesundheit Österreich GmbH für das Sozialministerium erstellt und dann dem Parlament zugeleitet wird (III-893 d.B.). Erstmals seit Einführung der Finanzzielsteuerung werden 2022 in allen Bundesländern gesamthaft (Länder und gesetzliche Krankenversicherung) die Ausgabenobergrenzen überschritten. Dem aktuellen Bericht, der den Stand der Zielerreichung bis Dezember 2022 widerspiegelt, sind auch Stellungnahmen der einzelnen Landes-Zielsteuerungskommissionen zu den Ergebnissen des Monitorings beigefügt.
Da sich die öffentlichen Gesundheitsausgaben (ohne Langzeitpflege) im Jahr 2020 auf 30,04 Mrd. € belaufen haben, ist erstmalig von einer Überschreitung der für diesen Zeitraum vereinbarten Ausgabenobergrenze um rund 765 Mio. € (bzw. 2,61 %) auszugehen. Laut einer Schnellschätzung der Statistik Austria kommt es 2021 zu einem weiteren Anstieg auf 35,21 Mrd. € und somit zu einer sehr deutlichen Überschreitung um knapp 5 Mrd. € (16,53 %). Damit verbunden ist auch ein höherer Anteil der öffentlichen Gesundheitsausgaben am BIP, nämlich 7,9 % bzw. 8,7 % in den ersten beiden Pandemiejahren. Es wird diesbezüglich im Bericht darauf hingewiesen, dass seit dem Jahr 2020 die Aufwendungen für die Bekämpfung der COVID‐19‐Pandemie (u. a. für Schutzausrüstung, Testungen, Contact‐Tracing, die telefonische Gesundheitsberatung 1450, Barackenspitäler) in die Berechnung der Gesundheitsausgaben inkludiert werden. Eine ähnliche Tendenz ist bei den Ländern zu verzeichnen. Zum aktuellen Monitoringzeitpunkt wurden Ausgaben in der Höhe von rund 13,97 Mrd. € für das Jahr 2021 ermittelt, also um 221 Mio. € bzw. 1,61 % mehr als vorgegeben. Für das Jahr 2022 wird mit einem noch deutlicherem Anstieg um 4,27 % (605 Mio. €) gerechnet. Generell liegen die Wachstumsraten der Gesundheitsausgaben der Länder seit 2017 mehrheitlich über jenen der vereinbarten Ausgabenobergrenzen; im Jahr 2022 trifft das auf alle Bundesländer mit Ausnahme von Kärnten zu. Zu einer Unterschreitung der Vorgaben kommt es nur mehr im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung, für die im Jahr 2021 ein Betrag in der Höhe von 12,11 Mrd. € ausgewiesen wird. Dies entspricht einem Minus von 38 Mio. € bzw. 0,31 %. Im Jahr 2022 kommt es jedoch erstmalig zu einer Überschreitung um 217 Mio. € (1,73 %).
Bundesminister Johannes Rauch räumte gegenüber Abgeordnetem Gerhard Kaniak (FPÖ) ein, dass aufgrund der Pandemie und der hohen Inflation der Kostendämpfungspfad nicht eingehalten werden könne. Die Ausgabenobergrenzen würden daher ein wichtiges Thema bei den nächsten Verhandlungen über den Finanzausgleich sein. Aufgrund der demographischen Entwicklungen müsse vor allem im Bereich Pflege angesetzt werden. Auch bei der Medikamentenbeschaffung sah Rauch einen Spielraum, da es nicht nachvollziehbar sei, warum jedes einzelne Spital sich die Medikamente am Markt selbst beschaffe. Auf EU-Ebene würde es etwa bereits Bestrebungen geben, bei den hochwertigen Arzneimitteln ein gemeinsames Beschaffungsmanagement zu installieren.
Der Bericht wurde mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS mehrheitlich zur Kenntnis genommen und ist somit auch enderledigt.
Oppositionelle Vorschläge zur Reform des Gesundheitssystems, der Bekämpfung des Ärztemangels, der Stärkung der Komplementärmedizin sowie zur Abschaffung des PRIKRAF
Daran anschließend brachten die Freiheitlichen erneut ihre Forderung nach einem Akut-Finanzierungspaket für die medizinische Grundversorgung in Österreich in der Höhe von zusätzlichen 150 Mio. € ein. Angesichts des immer größeren Personalmangels, der schon zu Schließungen von Abteilungen geführt habe, könnten viele Vorgaben des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKuG) gar nicht mehr umgesetzt und oft nur ein Notbetrieb aufrechterhalten werden (2991/A(E)). Tagtäglich könne man in den Medien nachlesen, dass Spitäler Alarm schlagen und Stationen schließen müssen, merkte auch Gerald Hauser (FPÖ) an, der zudem noch einen Entschließungsantrag einbrachte, der einen Forderungskatalog in Sachen Unfallchirurgie enthielt. Das Gesundheitswesen sei mittlerweile der "größte Patient" im gesamten System. Durch einen Extrazuschuss seien zwar Defizite der vergangenen beiden Jahre ausgeglichen worden, aber bald werde man wieder dieselben Probleme haben, meinte Kaniak (FPÖ). Man müsste endlich proaktiv tätig werden, eine vorausschauende Stellenplanung zu gewährleisten.
Gerald Loacker (NEOS) ortete vor allem ein Systemproblem, das durch einzelne Zuschüsse nicht gelöst werden könne.
In einer anderen Initiative tritt die FPÖ vor allem für die Stärkung des niedergelassenen Bereichs ein (783/A(E)). Neben der Einführung des Facharztes für Allgemeinmedizin, der Verdoppelung der Medizin-Studienplätze für Österreicher:innen und der Gewährung von Lebensunterhaltsstipendien für Ärzt:innen in Ausbildung, brauche es ausreichend Plätze im Rahmen von Lehrpraxen. Für wichtig erachtet Gerhard Kaniak (FPÖ) auch, das Kassensystem attraktiver zu gestalten. Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) stellt neben den Krankenanstalten und dem niedergelassenen Bereich die dritte Säule des heimischen Gesundheitswesens dar, heißt es in einem weiteren Antrag der Freiheitlichen (1353/A(E)). Zu dessen zentralen Aufgaben zählen neben der Aufsicht und Qualitätssicherung im Gesundheitssektor auch das medizinische Krisenmanagement. Gerade die COVID-19-Pandemie habe deutlich aufgezeigt, dass der Reformprozess des ÖGD rasch fortgesetzt und die aus der Corona-Krise gewonnenen Erfahrungen miteinbezogen werden müssen. Überdies brauche es ein zukunftsfähiges und attraktives Berufsbild für Ärzt:innnen sowie eine ausreichende Anzahl an Planstellen für Amtsärzt:innen, fordert Abgeordneter Gerhard Kaniak (FPÖ).
Schließlich setzt sich die FPÖ noch dafür ein, der Komplementärmedizin einen höheren Stellenwert im österreichischen Gesundheitswesen einzuräumen (3301/A(E) ). Es gehe dabei um ein breites Spektrum an Disziplinen und Behandlungsmethoden, die auf anderen Modellen der Entstehung von Krankheiten und deren Behandlung basieren als jene der "Schulmedizin. Komplementäre Methoden würden nicht nur in den klassischen medizinischen Fächern Anwendung finden, sondern beispielsweise auch in der Psychotherapie, der klinischen Psychologie sowie der Musiktherapie. Bedauerlicherweise sei es in den letzten Jahren aber zu einer massiven Ausdünnung der komplementärmedizinischen Ausbildungsmöglichkeiten gekommen, beklagt der freiheitliche Abgeordnete Kaniak, derzeit würden nur mehr an den Universitäten in Graz und Innsbruck Lehrveranstaltungen zu TCM und Akupunktur angeboten.
Ganzheitliche Medizin, die auf einem bio-psycho-sozialem Verständnis beruhe, habe nichts mit Komplementärmedizin zu tun, erklärte Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne). Für ihn stehe die Wissenschaftlichkeit im Vordergrund. Es würde noch immer der Nachweis fehlen, dass Komplementärmedizin eine über den Placeboeffekt hinausgehende Wirkung hätte, betonte Josef Smolle (ÖVP) . Gerald Loacker (NEOS) machte darauf aufmerksam, dass die TCM Produkte verwende, für die etwa Nashörner, Schuppentiere oder Tiger getötet würden.
Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ) verwehrte sich gegen die abwertende Haltung gegenüber der Komplementärmedizin und erinnerte daran, dass der frühere Minister Mückstein eine Ausbildung in TCM absolviert habe.
Die SPÖ wiederum macht in einem Antrag darauf aufmerksam, dass durch das Sozialversicherungs-Organisationsgesetz rund 750 Mio. € aus der öffentlichen Gesundheitsversorgung abgezogen wurden, während die Finanzierung der Privatspitäler um ca. 11,5 % erhöht wurde. Die Umstrukturierung wurde damals nämlich auch dazu genutzt, um den Topf, aus dem 44 Privatkliniken in Österreich Versichertengelder beziehen (PRIKRAF), aufzustocken, zeigt Philipp Kucher (SPÖ) auf (648/A). Seither fließen nicht mehr 130 Mio. €, sondern 145 Mio. € "in die Taschen der privaten Holdings und Inhaber". Diese Mittelerhöhung sei aus Sicht der SPÖ völlig unverhältnismäßig, zumal der PRIKRAF um lediglich eine weitere Krankenanstalt – die Privatklinik Währing in Wien mit 20 Betten – erweitert wurde. Überdies werden die Betten dieser Spitäler nur zu knapp 50 % von Versicherten der ÖGK, die knapp 70 % der PRIKRAF-Leistungen finanziert, in Anspruch genommen. Im Rahmen eines Initiativantrags (PRIKRAF-Abwicklungsgesetz) fordert Rudolf Silvan (SPÖ) die Abschaffung des entsprechenden Gesetzes sowie eine Rückkehr zu dem vor 2002 bestehenden Verrechnungssystem.
Eine Abschaffung des PRIKRAF lehnte Abgeordneter Gerald Loacker (NEOS) ab. Er forderte vielmehr objektive Kriterien sowie einen Rechtsanspruch auf die Mittel des PRIKRAF für jene Spitäler, die versorgungswirksame Leistungen erbringen würden. Derzeit würde diese nämlich vom guten Willen des Fachverbands in der Wirtschaftskammer abhängen, der von der UNIQUA dominiert werde.
Rasche Antworten müssen auch für den massiven Mangel an Ärzt:innen in Österreich gefunden werden, betonten die Sozialdemokrat:innen und legten erneut ein entsprechendes Maßnahmenpaket vor. Nur um den Status quo zu erhalten, würden 1.450 Ärzt:innen pro Jahr gebraucht, es stünden aber nur 840 zur Verfügung, rechnet Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ) vor. Gleichzeitig wurden aber nur 1.850 junge Menschen im heurigen Jahr zum Medizinstudium zugelassen, obwohl es 16.000 Bewerber:innen gegeben habe. Die SPÖ tritt daher mit Nachdruck nicht nur für eine Verdoppelung der Anzahl an Studienplätzen, sondern auch für eine bessere budgetäre Ausstattung der Universitäten ein. Weiters brauche es Anreize für Medizinstudent:innen und Ärzt:innen, damit sie im Land bleiben bzw. den Beruf des/der Allgemeinmediziner:in ergreifen, und zwar in Form von Stipendien, durch Vorreihung bei der Zuteilung von Ausbildungsplätzen oder bei der Unterstützung von Praxisgründungen (2743/A(E)) . Der Gesundheitsminister wird von den Sozialdemokrat:innen weiters aufgefordert, die Kostenübernahme für Impfungen gegen Herpes Zoster für alle über 60-Jährigen sowie für jüngere immunsupprimierte Personen zu gewährleisten (2741/A(E)).
Alle oppositionellen Anträge wurden bei der Abstimmung mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt. (Fortsetzung Gesundheitsausschuss) sue
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