Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 31. Jänner 2022. Von MANFRED MITTERWACHAUER. "Jetzt ist guter Transit-Rat teuer". | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 31. Jänner 2022. Von MANFRED MITTERWACHAUER. „Jetzt ist guter Transit-Rat teuer“.

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Innsbruck (OTS) – Was führt Bayerns Ministerpräsident Söder im Schilde? Das Einsehen der CSU, dass es doch eine höhere Lkw-Maut am Brennerkorridor gegen den Umwegverkehr benötige, ist kaum einem Akt neu entflammter Nachbarschaftsliebe geschuldet.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) reicht Tirol die Hand. Um gemeinsam eine Lösung für den Lkw-Transit-Umwegverkehr auf der Brennerroute zu finden. Eine höhere Bemautung solle das Mittel der Wahl sein. Klingt, als wäre es 1:1 aus den Regierungsprogrammen von ÖVP und Grünen auf Landes- wie Bundesebene abgeschrieben. Der unvermittelte Vorstoß des obersten Bayern ist angesichts des Klags-Stakkatos der zweiten CSU-Reihe über die vergangenen Monate zu schön, um für bare Münze genommen zu werden.
LH Günther Platter (VP) ist gut beraten, das Verhandlungsangebot von Söder nicht allzu voreilig als Zeichen einer beginnenden transitpolitischen Deeskalierungsphase zwischen Bayern und Tirol zu bewerten. Auch Söder hat Wahlen im Kopf. Seit der Bundestagswahl und der Ampelregierung lässt’s sich halt leichter in Verkehrsfragen nach Berlin (quer)schießen. Und selbst hat Söder 2023 (so wie Platter) eine Wahl zu schlagen.
Ja, auch Bayern ist ab München bzw. Rosenheim Teil des Brenner-Korridors. Und somit vom steigenden Lkw-Transitverkehr belastet. Doch in Bayern sitzen auch zentrale Player der Frächter-Lobby. Mit ein Grund, wieso Bayern bis dato auf seinem Brenner-Abschnitt noch immer nicht jenen 25-Prozent-Mautaufschlag für sensible Gebiete anwendet, welcher bereits mit der geltenden EU-Wegekostenrichtlinie möglich wäre. Mit der Reform der Eurovignette sind sogar bis zu 50 % umsetzbar. Schwer zu glauben, dass Bayern diesen Anstieg zur Gänze ausreizen will. Die weiß-blaue Wirtschaft würde rebellieren. Und wenn doch: Tritt die neue Eurovignette in Kraft, winken emissionsarmen/-freien Lkw bis zu 75 Prozent Mautreduktion. Söder weiß das. Ergo könnte das bayerische Zugeständnis für eine (höhere) „Brenner-Korridormaut“ (welche die Deutschen erst 2019 torpediert haben) für Tirol in einen Pyrrhussieg münden. Darüber hinaus stünden derartige bilaterale Pläne ohne das Einbeziehen von Italien EU-rechtlich nur auf tönernen Füßen – Stichwort: Eurovignetten-Veto.
Fix ist: Gratis wird’s eine höhere Maut von Bayern nicht geben. Das Tiroler Lkw-Fahrverbotspaket steht auf dem Spiel. Söder will die Blockabfertigung auf ein Minimalmaß reduzieren, das Nacht- und sektorale Fahrverbot ist ein Münchner Dauerärgernis. Und nach innen gerichtet: Wer den Umwegverkehr reduzieren will, muss die Maut an-UND das österreichische Dieselprivileg aufheben. Noch sind die roten Linien, die Platter und LHStv. Felipe für diese Verhandlungen verpflichtend ziehen müssen, nicht erkennbar. Guter Rat ist da jetzt teuer.
Söder hat mit seinem Zug eine neue Partie im Transit-Schach eröffnet. Wie wird Tirol antworten: mit Angriff oder Verteidigung?

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