Video über „Mafia-Mord“ an Polizisten verletzt Ehrenkodex
Wien (OTS) – Der Senat 1 des Presserats beschäftigte sich mit dem Artikel „Mafia-Rache: Polizist mit 150 Schüssen getötet“, erschienen am 08.11.2019 auf „oe24.at“. Nach Meinung des Senats verstößt der Artikel gegen die Punkte 5 (Persönlichkeitsschutz) und 6 (Intimsphäre) des Ehrenkodex für die österreichische Presse.
Im Artikel wird berichtet, dass jener mexikanische Polizist, der den Sohn von „El Chapo“ festgenommen habe, in einer Racheaktion eines mexikanischen Drogenkartells brutal ermordet worden sei. Dem Artikel ist ein Video beigefügt, in dem zu sehen ist, wie mehrere Personen aus einem roten Auto aussteigen, auf ein weißes Auto schießen und dann flüchten. Darüber hinaus wurde ein Foto veröffentlicht, dass die im Wagen liegende Leiche des Opfers von hinten zeigt, die Schussverletzungen sind dabei verpixelt.
Die Medieninhaberin nahm am Verfahren vor dem Presserat, das der Senat auf eigene Initiative einleitete, nicht teil.
Grundsätzlich erkennt der Senat das Informationsinteresse der Allgemeinheit an Mordfällen an, insbesondere im Bereich der organisierten Kriminalität. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass der Persönlichkeitsschutz eines Opfers missachtet werden darf. Im vorliegenden Fall wurden ein Video sowie ein Bild zu der Ermordung des mexikanischen Polizisten veröffentlicht. Im Sinne der bisherigen Entscheidungspraxis erachtet der Senat die Veröffentlichung dieses drastischen Bildmaterials als grobe Missachtung der Menschenwürde und des Opferschutzes.
Nach Auffassung des Senats spielt es dabei auch keine Rolle, dass die Ermordung des Opfers im Zusammenhang mit der Ausübung seiner Tätigkeit als Polizist stand und im öffentlichen Raum erfolgte. Diese Aspekte treten gegenüber den Persönlichkeitsinteressen des Opfers zurück. Die brutalen Bilder wurden wohl nur deshalb verwendet, damit sich die Beiträge stärker im Internet verbreiten. Insofern wurde das Medium seiner Filterfunktion nicht gerecht, so der Senat. Die Medieninhaberin von „oe24.at“ wird aufgefordert, über den Ethikverstoß freiwillig zu berichten.
SELBSTÄNDIGES VERFAHREN AUS EIGENER WAHRNEHMUNG
Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der Senate des Presserats sind weisungsfrei und unabhängig. Im vorliegenden Fall führte der Senat 1 des Presserats auf eigene Initiative ein Verfahren durch. In diesem Verfahren äußert der Senat seine Meinung, ob eine Veröffentlichung den Grundsätzen der Medienethik entspricht.
Die Medieninhaberin von „oe24.at“ hat von der Möglichkeit, an dem Verfahren teilzunehmen, keinen Gebrauch gemacht.
Die Medieninhaberin von „oe24.at“ hat die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats bisher nicht anerkannt.
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